D&O- und E&O-Versicherungen, Teil 1 So sichert man sich gegen Haftungsrisiken ab

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Dabei wird dem Fondsmanager  bei den Entscheidungen ein erheblicher Beurteilungsspielraum eingeräumt (Business Judgement Rule), soweit sich nicht im Hinblick auf die konkrete Entscheidungslage  zum  Beispiel bei Insolvenzgefahr  eine Konkretisierung der Verpflichtung zu sorgfältiger Handlungsweise ergibt.

Fat Finger, Bear Stearns, Tippfehler, Verluste, skurrile Fälle

Risiken sind unvermeidbar. Nicht nur  deren Übernahme, sondern auch ihre Vermeidung kann unter Umständen angelastet werden. Entscheidend ist also nicht die unterdurchschnittliche Wertentwicklung der Fonds als solche. Entscheidend ist dagegen die Nichtberücksichtigung der erforderlichen Sorgfalt bei Vorbereitung und Kontrolle der Entscheidungen beziehungsweise bei der Überwachung des Investments. Hinzu kommen weitere gesetzlich normierte Pflichten wie die Pflicht zur Treue  und Interessenwahrung im ausschließlichen Interesse der Anteilseigner.

Dabei sind Interessenkonflikte zu vermeiden. Dem Schutz der Anlegerinteressen dienen insbesondere Verbote des Leerverkaufs (Paragraf  276  Kapitalanlagegesetzbuch, Altfälle Paragraf 59 Investmentgesetz) sowie die Anlageregeln zur Vermeidung übergroßer Risiken und Risikostreuung,  den  Regelungen zu den erlaubten Investmentgegenständen und den Pflichten zur Risikostreuung. In der Regel dürfen nicht mehr als 5 Prozent der Gesamtmittel des Fonds in Wertpapiere eines Emittenten gehen.

Gefordert werden Risikosteuerungsmaßnahmen, die sich auch aus der Organisationspflicht herleiten lassen. Zu den  Informationspflichten gehört, die Anleger mit entsprechenden Verkaufsprospekten  zu versorgen, aus welchen die jeweiligen Konditionen ersichtlich  sind. Auch die Jahres- und Halbjahresberichterstattung gehört zu seinem Aufgabenbereich. Folge  von Pflichtverletzungen sind Schadensersatzansprüche gegen den Vermögensverwalter.

Hoher Schadensersatz

In der Praxis hingegen werden dem  Vermögensverwalter meist zahlreiche einzelne Fehler vorgeworfen mit dem Ziel, sich mit einem möglichst hohen Schadenersatz zu vergleichen. Analog zur Benachrichtigungspflicht entsteht ein Schadenersatzanspruch grundsätzlich schon mit  dem Eintritt von Buchverlusten, denn die  aktuellen Kurse stellen den Wert der entsprechenden Wertpapiere dar.

Zum äußeren Tatbestand einer Pflichtverletzung muss deshalb ein Verschulden des Vermögensverwalters oder Fondsmanagers, das heißt, eine Verletzung der  sogenannten  „inneren  Sorgfalt“  hinzukommen. Für das Verschulden des Fondsmanagers  gilt  keine  Haftungserleichterung, das heißt, er hat für Vorsatz und jede Fahrlässigkeit einzustehen. Dabei bestimmt der Standard eines „ordentlichen und gewissenhaften Fondsmanagers“ das Maß der Fähigkeiten und Anstrengungen, die der Betroffene aufbieten muss.

Verstöße gegen diese Pflichten lösen regelmäßig eine Haftung aus. Eine Berufung auf fehlendes Verschulden, etwa durch Unkenntnis der einzelnen Pflicht, entlastet regelmäßig nicht.

Selbstbehalt, D&O-Versicherung, Großunternehmen, 2009
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Jeder Anleger kann vom Fondsmanager gesetzmäßige Verwaltung erwarten. Die  Verwahrstelle (Depotbank) ist verpflichtet, mögliche Schadenersatzansprüche in seinem Namen geltend zu machen. Im Falle der Untätigkeit ist ein direkter Anspruch des Anteilseigners gegen Fondsmanager  oder Depotbank denkbar (vergleiche Paragraf 76, 77, 83 Kapitalanlagesetzbuch, Altfälle 27, 28 Investmentgesetz).

Zur Vorsorge gegen solche Haftungsrisiken sind spezielle Formen der Haftpflichtversicherung  entwickelt  worden, die Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherungen (im Englischen Directors&Officers-Versicherung, kurz  D&O) mit solchen gegen Vermögensschäden  durch Fehler und Unterlassungen (Errors&Omissions-Versicherung, kurz E&O) kombinieren.

Die Vorteile des Konzepts liegen auf  der Hand: Durch die Kombination beider  Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungen (D&O und E&O) in einem Bedingungswerk werden Lücken im Versicherungsschutz, Abgrenzungsprobleme und  etwaige Auseinandersetzungen unterschiedlicher Versicherer zum Deckungsinhalt vermieden und die Gesellschaft sowie die Mitarbeiter und Organe umfassend geschützt. Erfreulich  für die Versicherungsnehmer: Durch zunehmenden Wettbewerb haben sich Prämien und Bedingungswerke zuletzt signifikant verbessert.


Über den Autor:
Matthias Hübner ist geschäftsführender Gesellschafter der Minerva Assekuranzvermittlung, deren Geschäftszweck fast ausschließlich  Vermögensschadensversicherungen für Finanzdienstleister umfasst. Er verfügt über mehr als zwanzigjährige Erfahrung in der  Firmen-Haftpflicht- und Rechtschutzversicherung. Nach zehnjähriger Tätigkeit als Underwriter bei Gerling wechselte er 1999 als Kundenbetreuer zu einer Maklergesellschaft, bevor er 2004 die Minerva gründete.

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