Dividenden als Anleihe-Alternative Bessere Zinsen oder gefährliche Versuchung?

Seite 3 / 6


Denn hohe Dividenden werden derzeit vor allem in bestimmten Sektoren wie Energie, Versorger, Finanzdienstleister und Telekommunikation in Aussicht gestellt, sofern man die aktuellen Aktienkurse in Relation zu den im Vorjahr ausgeschütteten Dividenden setzt. Aber darf man davon ausgehen, dass die Ausschüttungsquote auch in Zukunft gehalten wird?

Schauen wir uns beispielsweise Aktien aus dem Rohstoff- und Energiesektor an. Diese Branchen stehen quasi paradigmatisch für die strukturellen Probleme in einer Reihe von Sektoren. Hohe Güterpreise und steigende Absatzmengen haben viele Firmen vor 2008 dazu verleitet, ihre Kapazität zu erhöhen und in neue Produktionsanlagen zu investieren. In der gleichen Zeit haben es viele Unternehmen jedoch versäumt, vorzusorgen und ihr Kapital zu freigiebig ausgegeben.

Nun fallen die Preise, was nicht zuletzt auf die aufgebauten Überkapazitäten zurückzuführen ist. Darunter leiden die Zahlungsströme, aus denen die Dividenden gezahlt werden müssen. Ein schlagendes Beispiel für diese Entwicklung ist der globale Minenkonzern Anglo American, der bekanntgegeben hat, die Dividendenzahlungen für 2015 und 2016 auszusetzen.

Bis zum Crash 2008 hatte sich die Aktie stark entwickelt und konnte sich auch danach zunächst wieder erholen. Der Investment Case beruhte auf der Annahme, dass die Rohstoffnachfrage aus China für eine sehr lange Zeit sehr hoch bleiben wird, was sich jedoch bekanntermaßen als Trugschluss herausgestellt hat. Seit dem Finanzjahr 2012 erwirtschaftet Anglo American nach Investitionen einen negativen operationalen Ertrag.

Insofern kommt die Aussetzung der Dividendenzahlungen nicht überraschend – schon in den letzten Jahren sind die Ausschüttungen aus der Substanz gezahlt worden. Seit 2011 hat die Aktie zudem stark an Wert verloren.

Kursschwankungen verzerren Dividendenrenditen

Anglo American ist nicht der einzige Titel aus dem Rohstoffsektor, mit dem Investoren aufgrund von Kursstürzen heftige Verluste erlitten haben. Sinkende Kurse werfen einen trügerischen Schleier über die Dividendenentwicklung, denn die Dividendenrendite wird an den Kursen gemessen. Halten die Firmen die Ausschüttungen pro Aktie aufrecht, wachsen die Renditen in die Höhe.

Natürlich steckt nicht der gesamte Rohstoffsektor in der Krise, aber vor allem im Bereich der kleineren Produzenten kommt es derzeit zu Liquiditäts- und Kreditproblemen. Das Beispiel Anglo American zeigt jedoch auch, dass sich auch bei großen Unternehmen hinter stabilen Dividenden oft negative fundamentale Entwicklungen verbergen können.

Eine ähnliche Situation lässt sich im Finanzsektor beobachten: Auch hier haben sich die Kurse schwach entwickelt und zu steigenden Dividendenentwicklungen geführt. Allerdings drückt die extrem lockere Geldpolitik der letzten Jahre auf die Zinsmargen der Banken und reduziert auch die Anlagerenditen der Lebensversicherungen. Beide Branchen ächzen zudem unter höheren Kapitalanforderungen aufgrund verschärfter regulatorischer Vorgaben.

Doch der Blick auf die Dividendenrendite kann das Bild auch in die andere Richtung verzerren: So weisen die defensiven Sektoren, denen es im derzeitigen Umfeld gut geht und die sich an den Börsen überdurchschnittlich entwickelt haben, seit 2008 sinkende Dividendenrenditen auf.