Disruptive Geschäftsmodelle Warum alte Value-Kriterien nicht mehr greifen

Hält KGV & Co für ungeeignet, um Unternehmen mit disruptiven Geschäftsmodellen zu bewerten: Philip Webster von BMO Asset Management

Hält KGV & Co für ungeeignet, um Unternehmen mit disruptiven Geschäftsmodellen zu bewerten: Philip Webster von BMO Asset Management

Das Schlagwort Industrie 4.0 bestimmt regelmäßig die Schlagzeilen in den Wirtschaftsmedien. Wir alle erleben fast jeden Tag, wie die Digitalisierung weitere Bereiche unseres Lebens erfasst und verändert. Dazu reicht bereits der Griff zum eigenen Smartphone, das längst nicht mehr nur Wettervorhersagen, Nachrichten und Börsenkurse liefert. Wir können damit auch Geldgeschäfte erledigen, Reisen buchen, einkaufen und Essen bestellen.

Vielleicht war Jeff Bezos mit Amazon kein Erfinder im klassischen Sinne, aber ganz sicher ein Pionier, als sein Unternehmen vor rund 20 Jahren anfing, Bücher über das Internet zu verkaufen. Der Rest ist Legende. Amazon hat seitdem nicht nur den stationären Buchhandel, sondern den kompletten Einzelhandel weltweit verändert.

Digital befeuerter Strukturwandel

Der Internetriese aus Seattle steht genauso wie Apple, Google oder auch Netflix für eine Reihe prominenter Firmen, die auf Basis digitaler Technologien innovative Anwendungen entwickelt und darauf ihr – erfolgreiches – Geschäftsmodell gegründet haben. Nicht eben selten haben sie damit einen disruptiven Wandel in ihrer Branche oder auch ganzen Sektoren eingeleitet, der vielen dieser Unternehmen von Jahr zu Jahr immer noch großes Wachstum beschert.

Daran kommen Investoren auf Dauer nicht vorbei. Für sie ist es geradezu ein Muss, sich mit dem digital befeuerten Strukturwandel auseinanderzusetzen. Denn es stellt sich die Frage, wie etablierte Wettbewerber mit tradierten Geschäftsmodellen auf diese fundamentale Umbruchphase reagieren werden. Wer wird weiter zu den Platzhirschen gehören, wer an den Rand gedrängt und gegebenenfalls sogar vom Markt verschwinden?

Viel wichtiger ist aber, diejenigen Start-ups und Newcomer zu identifizieren, die die Macher des disruptiven Wandels sind und im Idealfall das „nächste große Ding“ werden. Die Amazon-Aktie zum Beispiel hat vor 18 Jahren 76 US-Dollar gekostet. Mittlerweile liegt der Kurs bereinigt bei 1.000 Dollar.

Zukunftsträchtige digitale Wachstumstories

In einem von niedrigen Zinsen und zeitweise hoher Volatilität gekennzeichneten Kapitalmarktumfeld sind die Anleger gefordert, nach diesen zukunftsträchtigen, digitalen Wachstumstories Ausschau zu halten und dort zu investieren. Anderenfalls riskieren sie, sehr gute Chancen zu verpassen.

Doch das sagt sich einfacher, als es ist. Investoren müssen auch die dafür geeigneten Kennzahlen und Analysemethoden an der Hand haben, um diese Aktien respektive die entsprechenden Geschäftsmodelle zu finden. Viele der digitalen Pioniere wachsen zwar stark, schreiben aber zum Teil hohe Verluste. Die entscheidenden Fragen aus Sicht eines Anlegers sind daher: Wie groß ist die Chance, dass sich das Unternehmen am Markt durchsetzt und irgendwann Gewinne schreibt?

Voraussetzung dafür ist, dass es über klar definierbare Wettbewerbsvorteile und Burggräben verfügt, die es vor Konkurrenzdruck schützen. Zu fragen ist aber auch: Welche Alleinstellungsmerkmale besitzt das Geschäftsmodell? Und wie gesund ist die Bilanz des Unternehmens? Die Investmentpraxis zeigt, dass Unternehmen, die diese Kriterien erfüllen, häufig ein klares, einfaches Konzept haben: Sie stellen die Wünsche ihrer Kunden in den Vordergrund und ziehen darum herum ihr Geschäft auf.