Wie Sie aus meinen Veröffentlichungen vielleicht gelernt haben, haben Unternehmer vor allem drei Steckenpferde: das Unternehmen, Immobilien und das Sparen von Steuern. Wertpapieranlagen spielen in der Regel eine eher untergeordnete Rolle – die Unternehmer vertrauen nur sehr ungern darauf. So mancher Private-Banking-Experte versucht, dieser Herausforderung mit individuell perfekt ausgearbeiteten Anlagestrategien zu begegnen. Doch gerade vor Kurzem habe ich wieder im Gespräch mit einem Unternehmer festgestellt: Oft hat man da mit sinnvoll eingesetzten Standardprodukten mehr Erfolg.
Wertpapiere? Nein Danke!
Wie so oft war ich neulich in meiner Rolle als Gründer und Geschäftsführer des Instituts Für Unternehmerfamilien (IFUF) im Gespräch mit einem unserer Unternehmer-Mandanten und ging mit ihm die sieben Fokusthemen durch, die Sie als regelmäßige Leserin oder Leser meiner Veröffentlichungen bereits kennengelernt haben.

Wenig überraschend zeigte sich, dass der Unternehmer sein Privatvermögen vor allem in Immobilien anlegte. Doch er erzählte mir, dass seine Kinder gar nicht so begeistert von Immobilienbesitz seien und er deshalb versuchen möchte, generationenübergreifend nun mehr in Wertpapiere anzulegen.
Das Thema war gerade kürzlich im Strukturierungsgespräch mit seinem Private Banker wieder aufgekommen – dieser hatte im Vorfeld einen individuell auf den Unternehmer zugeschnittenen Anlagevorschlag erstellt. Doch als der Private-Banking-Berater damit begann, die Anlagen zu erklären, war dem Unternehmer schon nach wenigen Sekunden klar: Das wollte er so nicht. Viel zu viele Produkte, viel zu kompliziert aufgestellt. Der Private-Banking-Berater blickte daraufhin verständlicherweise erst etwas verdutzt drein, denn er hatte den Vorschlag ja bewusst mit viel Diversifikation als Absicherung konstruiert.
Es stellte sich dann im Gespräch zwischen Unternehmer und Berater schnell heraus, dass der Unternehmer einfach auf etwas ganz anderes Wert legte: Überschaubarkeit. Der Unternehmer erklärte seinem Berater, dass er seine eigene Firma ebenfalls so aufgebaut hatte, dass man sich nicht verzetteln konnte. Denn dort liegt ja der Großteil des eigenen Vermögens und das will man schließlich jederzeit unter Kontrolle behalten. In diesem Gespräch hatte der Berater also zunächst nicht punkten können – versicherte jedoch, dass er sich dahingehend nochmal Gedanken über den Vorschlag machen würde.
Individuell zusammengestellte Standardprodukte können die Lösung sein
Wenn ich mich so unter den Private Bankern und Wealth Managern des Landes umhöre, dann wird mir gegenüber immer wieder betont, wie groß der Bürokratieaufwand mittlerweile geworden ist. Das interne Controlling drängt immer weiter auf vereinheitlichte und standardisierte Abläufe – insbesondere natürlich im Private Banking und damit auch im Wertpapiermanagement.
Wenn man bedenkt, dass Wertpapiermanagement ursprünglich aus Einzelaktien, Aktienanlagen, Anleihen und ähnlichen Anlagen bestand, dann wird deutlich, wie komplex das Thema in den letzten Jahrzehnten geworden ist – schließlich sind Fonds, Indexfonds, ETFs und ähnliche Anlageoptionen deutlich in den Vordergrund gerückt. Da ist es absolut verständlich und lobenswert, dass viele Private Banker den Extra-Schritt gegangen sind, sich die Märkte selbst im Detail anzusehen, um Unternehmerkunden nicht nur die Empfehlungen der übergeordneten (Verbund-)Analyseabteilungen vorschlagen zu können. Schließlich möchte man den besonders wichtigen Unternehmern und Unternehmerfamilien nicht einfach nur Produkte und Dienstleistungen bieten, die aus einem Standardsystem entstehen und scheinbar keinerlei Individualität mehr zulassen.
Aber sind komplexe Anlagevorschläge wirklich das, was die Kunden haben möchten? Individuell auf die jeweilige Unternehmerfamilie zugeschnitten: definitiv ja. Aber komplex? Um diese Frage zu klären, nehmen wir erneut die Innenansicht des Unternehmers ein:
Das Arbeitsleben des Unternehmers
Stellen Sie sich vor, Sie sind ein mittelständischer Unternehmer – also ein Mensch, dem eine Firma (zumindest zu einem großen Teil) gehört. Haben Sie mit Ihrer Firma dann 10, 20 oder sogar mehrere hundert Millionen Euro Umsatz im Jahr und sind außerdem verantwortlich für fünfzig oder hunderte, wenn nicht gar tausende Mitarbeiter, dann sind Sie in Ihr berufliches Leben extrem stark eingespannt. Von einer 40-Stunden-Woche ist da gar nicht mehr zu reden, mit 60 oder 70 Stunden sind wir da schon näher an der Realität.