Heike Ahrens und Dirk Brockhaus im Interview „Infrastruktur-Aktien haben einen eingebauten Inflationsschutz“

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Die Federal Reserve plant wohl, 2022 mehrmals die Zinsen erhöhen. Wie sollte die EZB damit umgehen?

Brockhaus: Ich gehe davon aus, dass die EZB vor dem Hintergrund der derzeit sehr hohen Inflationsraten zunehmend restriktiver agieren wird. Aufgrund der Schuldenproblematik in der Eurozone hat sie jedoch gleichzeitig auch ein Interesse daran, die Zinsen möglichst lange niedrig zu halten beziehungsweise Zinserhöhungen nur sehr behutsam durchzuführen. Insgesamt gehe ich von weiter negativen Realzinsen aus. Die Anlage in ein Portfolio globaler börsennotierter Infrastrukturwerte kann in einem solchen, inflationären Umfeld durchaus vorteilhaft sein. Etwa 80 Prozent der Unternehmen in unserem Anlageuniversum können Preissteigerungen explizit oder implizit an Endverbraucher weitergeben, etwa über Mautgebühren oder Tarife. Das kann einen Großteil der Auswirkungen eines zu erwartenden Zinsanstiegs ausgleichen.

In NRW gibt es seit einem knappen Jahr die separate Infrastrukturquote, was halten Sie davon?

Brockhaus: Dies gibt es bislang nur für einzelne Bundesländer, insbesondere in NRW für landesregulierte Versorgungswerke. Eine klare aufsichtsrechtliche Einordnung von Infrastruktur wäre auch für Pensionskassen begrüßenswert. Dabei sollten dann auch Unterschiede von Infrastruktur Eigenkapital und Infrastruktur Fremdkapital berücksichtigt werden.

Wie handhaben Sie das Thema ESG und alles, was damit einhergeht – Stichwort SFDR, Greenwashing?

Brockhaus: Wir haben in den letzten Jahren insbesondere im Infrastrukturbereich zunehmend in erneuerbare Energien investiert. Die Themen reichen von Offshore-Windenergie bis Wasserstoff. Darüber hinaus haben wir ein eigenes ESG-Konzept in Kraft. Bei der Neuaufnahme von Fonds werden Assetklassen-spezifische Faktoren abgefragt und bewertet. Die Fondsmanager sollten Zeichner der Initiative Principles For Responsible Investment sein und im Investmentprozess sollten ESG-Kriterien angemessen berücksichtigt werden. Für Listed-Infrastructure-Fonds streben wir mindestens eine Klassifizierung nach Taxonomie Artikel 8 an. Nordea hat ein starkes ESG-Profil und erfüllt diese Einstufung.

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Welche Aspekte spielen – neben ESG – im Anlageprozess bei Listed Infrastructure noch eine Rolle?

Ahrens: Die Aktienauswahl der Fondsmanager beruht auf einer eingehenden Fundamentalanalyse der Unternehmen und Branchen. Hinzu kommen intensive persönliche Gespräche mit der Leitung der jeweiligen Unternehmen. Der dritte Baustein ist eine Bewertung der Risikofaktoren der Firmen. Und schließlich fließen die ESG-Aspekte mit ein, denn auch sie spielen im Bewertungsmodell der Fondsmanager eine wesentliche Rolle. 

Herr Brockhaus, zum Abschluss eine Einordnung auf lange Sicht: Was sind für Sie die wesentlichen Entwicklungen, seit Sie bei Evonik sind?

Brockhaus: Das Niedrigzinsumfeld und der Ausbau der alternativen Anlagen. Als ich 2010 bei Evonik anfing, machten wir uns für die Pensionskasse Degussa bereits Gedanken über den Infrastruktur-Bereich. Ich war damals auf einer Konferenz zu dem Thema und es hieß nur: alle finden das interessant, aber niemand investiert. Ein Jahr später hielt ich einen Vortrag darüber, wie wir Investments in Infrastrukturfonds umgesetzt haben. Wir haben früh und massiv den Bereich Immobilien und Infrastruktur ausgebaut – zum Glück. Ohne diese Vehikel, dazu Private Equity, Private Debt, ist ein langjähriges Niedrigzinsumfeld schwer zu bewältigen. Jetzt wird es spannend sein, inwieweit sich in welcher Geschwindigkeit das Zinsniveau verändern wird. Steigen die Zinsen weiter, werden festverzinsliche Anlagen im Verhältnis zu Alternatives konkurrenzfähiger.

Über die Interviewten:
Dirk Brockhaus ist seit 2010 stellvertretender Leiter Portfoliomanagement bei der Pensionskasse Degussa. Trägerunternehmen ist Evonik. Zuvor war der Diplom-Kaufmann im Portfoliomanagement der HSH Nordbank tätig.

Heike Ahrens arbeitet als Vertriebsdirektorin für institutionelle Kunden bei Nordea Asset Management. Bevor sie die Stelle antrat, war die Diplom-Kauffrau bei Invesco, Berenberg und der Deutschen Bank tätig.

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