Direktbeteiligungsserie, Teil 3 Bewertungsherausforderungen bei Direktinvestitionen von Family Offices

Die Gastautoren: Cyril Prengel (links), Matthias Meitner (oben Mitte), Armin Hagel (oben rechts) und Clara Fiedler (unten).

Die Gastautoren: Cyril Prengel (links), Matthias Meitner (oben Mitte), Armin Hagel (oben rechts) und Clara Fiedler (unten). Foto: Rödl & Partner

Private-Market-Investitionen stellen für Family Offices eine beliebte Anlageklasse dar. So zeigt der „2024 Global Family Office Report“ von J.P. Morgan, dass 86 Prozent aller befragten Family Offices in Private Equity und 52 Prozent in Venture Capital investieren. Mangels existierender Marktpreise gepaart mit der häufig zu beobachtenden Dynamik der Unternehmensentwicklungen kommt der regelmäßigen Unternehmens- beziehungsweise Anteilsbewertung im Investmentprozess von Family Offices eine bedeutende Rolle zu.


Alle Teile der Direktbeteiligungsserie im Überblick:

Teil 1: Wie Single Family Offices eine Einheit für Direktbeteilungen aufbauen können

Teil 2: Rechtliche Gestaltung von Direktbeteiligungen im Family Office

Teil 3: Bewertungsherausforderungen bei Direktinvestitionen von Family Offices


Die Bewertung von Private-Equity- oder Venture-Caputal-Investitionen ist allerdings komplex. Klassische Bewertungsmodelle können Family Offices in der Regel nicht unangepasst übernehmen, da sich diese Anlageklasse durch atypische Risikoprofile und spezielle Zahlungsstromdynamiken auszeichnet. Gleichzeitig besteht im Private-Market-Segment häufig hohe Intransparenz, was die Analyse und Prognose insgesamt erschwert. In diesem Beitrag werden die wesentlichen Herausforderungen aufgegriffen. Im Rahmen dessen wird ein praxisnaher Kurzüberblick zur Bewertung von Direktinvestitionen in Private Equity und Venture Capital durch Family Offices gegeben.

1. Bewertungsrelevante Besonderheiten von Private-Market-Investitionen

Verglichen mit Investitionen an der Börse unterscheiden sich Private-Market-Investitionen im Wesentlichen in folgenden Punkten:

Management-Skills & Investmentprozess: Direktinvestitionen fordern vom Investor – neben finanzwirtschaftlichen Kenntnissen – Erfahrung mit operativen, rechtlichen und technischen Fragestellungen. Nicht selten sind die Geschäftsmodelle der Zielunternehmen komplex und Corporate-Governance-Strukturen wenig ausgebildet. Das Wissen liegt in den Händen von wenigen Schlüsselmitarbeitern und das Geschäft spielt sich eher in Nischen- oder Spezialmärkten ab.

Family Offices müssen daher eigene Kompetenzen zur Analyse und Steuerung solcher Investitionen aufbauen. Dabei sind die Anforderungen für ein erfolgreiches Beteiligungsmanagement hoch. So legen empirische Beobachtungen (vgl. Phalippou/Gottschalg (2009): The Performance of Private Equity Funds, in: The Review of Financial Studies, S. 1747ff) nahe, dass sogar Private-Equity-Fonds als spezialisierte Investoren im Durchschnitt schlechter performen als der S&P 500.

Preisfindungsmechanismus: Während Investoren bei Aktien einen Marktpreis – nämlich den Börsenkurs – nahezu täglich beobachten können, ist der Preis einer Private-Equity- oder Venture-Capital-Investition unmittelbares Verhandlungsergebnis. Die Preisfindung ist deutlich ineffizienter, sodass eine fundierte Bewertung einen hohen Mehrwert im Investmentprozess darstellt. 

 

Performance-Messung & Risiko: Die Beurteilung der Rentabilität einer Investition erfolgt in der Regel auf Basis der annualisierten Internal Rate of Return, kurz: IRR. Die IRR als Performance-Kennzahl ist jedoch umstritten. Dadurch, dass Family Offices für Private-Equity- und Venture-Capital-Investitionen Marktpreise nur in unregelmäßigen Abständen beobachten können, kann ein alleiniges Abstellen auf die IRR und insbesondere den gemessenen Volatilitäten und Korrelationen von Private-Market-Investitionen zu anderen Anlageklassen dazu führen, dass sie einen zu hohen Anteil des Portfolios in Private Equity und Venture Capital allokieren. Denn: Oft überschätzen Family Offices deshalb den Diversifikationsvorteils. Hier sollten Family Offices in jedem Fall die Wertentwicklung tiefergehender analysieren.

Liquidität: Direktinvestitionen in Private Equity und Venture Caputal sind illiquide. Die Illiquidität führt zu einem – im Vergleich zu einer börsennotierten Investition – erhöhten Risiko. Für langfristig orientierte Investoren besteht hier aber auch die Möglichkeit, eine zusätzliche Risikoprämie aufgrund von Illiquidität zu verdienen. Family Offices sollten hier eine klare Risiko- und Rendite-Analyse im Kontext eingeschränkter Handlungsfreiheiten vornehmen.

Einfluss von Sonderrechten, insbesondere Liquidationspräferenzen: Aufgrund von Liquidationspräferenzen, also Vorrechten bestimmter Anteilsklassen auf einen möglichen Liquidationserlös, verläuft die Verteilung von Exit-Erlösen nicht immer entsprechend der Beteiligungsquote. Dadurch ist es regelmäßig notwendig, den Unternehmenswert auf den konkreten Beteiligungswert zu überleiten (Vgl. ausführlich zur Start-up Bewertung (auch unter Berücksichtigung von Sonderrechten) z.B. Meitner/Prengel/Kunitz in: Peemöller (Hrsg.), Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 8. Aufl. 2023, S. 1321ff.).

 

Ansonsten besteht das Risiko, Investments systematisch überzubewerten. So zeigt die Empirie, dass Investoren Unicorns – also Start-ups mit einer Bewertung von über einer Milliarde Dollar – aufgrund der Nicht-Berücksichtigung von Sonderrechten durchschnittlich um 48 Prozent überbewerten (Vgl. Gornall/Strebulaev (2020): Squaring venture capital valuations with reality, in: Journal of Financial Economics, S. 120ff.). Wasserfallmechanismen sind eines der wesentlichen Bewertungsmissverständnisse bei Private-Market-Transaktionen. Family Offices müssen diese Missverständnisse unbedingt professionell adressieren.