Digitalisierung im Portfoliomanagement Was neuronale Netzwerke in der Finanzanalyse leisten können

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Training statt Programmierung

Das Lernen erfolgt über die Gewichtung jeder einzelnen Information, die bei einer künstlichen Nervenzelle ankommen – in der Grafik an den Pfeilenden – welche man, übertragen auf das menschliche Gehirn, als Synapsen bezeichnen kann. Im Trainingsprozess wird ein KNN mit Vergangenheitsdaten solange geschult, bis die Gewichte an den künstlichen Neuronen – beispielsweise über einen Backpropagation-Lernalgorithmus – so eingestellt sind, dass die Fehlerabweichung zwischen Input und Output minimiert wird.

Zum Erlernen nichtlinearer Systemzusammenhänge bei schwach ausgeprägter Kausalität sind für den Trainingsprozess eines KNN Zeitreihen mit einer möglichst langen Historie erforderlich. Hier gibt es bei der Modellierung von künstlichen neuronalen Netzwerken in der Finanzanalyse einen ersten Engpass: So sind viele fundamentale Finanzindikatoren nur auf Monatsbasis manchmal sogar nur quartalsweise verfügbar.

In der Finanzanalyse werden jedoch Zeitreihen mit einer möglichst langen Historie benötigt, um entsprechende Trends, Muster und nichtlineare Systemzusammenhänge zu erlenen. So braucht ein KNN, das mit fundamentalen Inputdaten modelliert wird, mehrere Zinszyklen beziehungsweise konjunkturelle Boom- oder Rezessionsphasen, um aus den Inputdaten im permanenten Abgleich mit den Outputdaten entsprechende Systemzusammenhänge zu erkennen.  

Rechenpower aus der Cloud

Je umfassender die Zeitreihen und komplexer die Netzwerkkonstruktion ist, desto aufwändiger sind die Trainingsprozesse und damit auch die benötigte Rechnerleistung. Mittlerweile können auch kleinere Unternehmen, die mit Deep-Learning-Anwendungen arbeiten möchten, die dafür benötigte Rechnerleistung in der Cloud anmieten. Früher waren dafür hohe Investitionen erforderlich, um die erforderliche Rechnerpower vorzuhalten, die für das Training eines neuronalen Netzes notwendig ist. Cloud-Lösungen erleichtern heute den Zugang zu KNN erheblich.

Trotz der verbesserten Rechnerleistung: Verglichen mit dem menschlichen Gehirn werden künstliche neuronale Netzwerke bereits an dieser Stelle relativiert und entmystifiziert: So verfügt das menschliche Gehirn etwa über 80 bis 100 Milliarden Nervenzellen, wobei eine Nervenzelle durchschnittlich mit etwa 7.000 weiteren Neuronen verbunden ist. Was die Evolution geleistet hat, können auch Hochleistungsrechner bis heute nicht annähernd nachbilden. Auch aus dem Grund erheben KNN auch nicht den Anspruch, die biologischen Lernprozesse des menschlichen Gehirns 1:1 nachzubilden. Sie stellen vielmehr sehr vereinfachte Modelle dar.