Digitalisierung der Finanzbranche, Teil 4 Der digitale Wandel als frohe Botschaft für Berater

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Und zwar in der Kernkompetenz der Banken und Vermögensverwalter und nicht mit Golfturnieren, Konzertkarten oder Reisen. Die Digitalisierung ist dabei ein hervorragender Wegbereiter. Sie ist kein Allheilmittel, aber sie kann in allen Bereichen äußerst wertvolle Dienste leisten und bisher unbekannte Kundenerlebnisse ermöglichen. Mit bloßem Aufpolieren der Bedienungsoberflächen der Programme oder einer schicken Multibanking App ist es jedoch nicht getan.

Vielmehr müssen die Finanzinstitute die Daten, statt einfach nur aufzulisten, nach einer für den Kunden Mehrwert bietenden Logik aufbereitet werden. Zudem muss alles tagesaktuell sein und zum Beispiel durch eine Übersicht auf Gesamtvermögensebene ein echtes Gefühl von Kontrolle und damit von Sicherheit vermitteln. Finanzen sind komplex. Daher ist es besonders schwer, aber auch so besonders wichtig, die Zusammenhänge für jedermann verständlich darzustellen. Software kann dort, wenn sie intuitiv bedienbar und ansprechend vom Design her ist, einen enormen Mehrwert leisten.

Informationen über Vermögenswerte können heute erstmals in der Breite schnell und einfach über Schnittstellen gewonnen werden. Wenn man sie dann in einer Anwendung zusammenführt und täglich auf dem neuesten Stand hält, wird der sonst so gestresste Kunde verblüfft sein, wie simpel und sicher er seine Finanzen auf Knopfdruck tagesaktuell überblicken kann. Dann wird für ihn aus Datenaggregation und Vermögensübersicht ein Erlebnis.

Gerade weil Banken eine so abstrakte Dienstleistung erbringen, müssen sie die Chancen nutzen, die die Digitalisierung für sie bereithält. Richtig gemacht, kann aus dem wenig greifbaren Begriff Sparen das ganz konkrete Ziel Ferienhaus auf Mallorca werden, aus der Aneinanderreihung von Kontoständen ein intuitives Bild von der Vermögenssituation, aus Depotauszüge abheften ein unterhaltsames Scrollen durch die Finanz App auf dem Smartphone. Sich mit seinen Finanzen zu befassen muss zu einem angenehmen Erlebnis werden, und die Digitalisierung gibt uns die Werkzeuge an die Hand, dies wahr werden zu lassen.

Der Gesetzgeber wirkt in diesem umwälzenden Umfeld wie ein Katalysator. Aus verschiedenen Richtungen erhöht er den Druck auf die Finanzbranche. Durch die PSD-2-Richtlinie verlieren die Banken ihre Hoheit über die Kontodaten an die Kunden. Aufgabe der Finanzbranche ist es, als Gewinner des durch PSD 2 getriebenen Open-Banking-Trends vom Platz zu gehen. Und zwar durch ein wie oben skizziertes digitales Angebot. Dieses ist für den Kunden nämlich so ansprechend, dass er Stefan Bauer als Primärberater die Informationen über seine anderen Vermögenswerte und Bankverbindungen anvertrauen wird – und keinem anderen.

Durch dieses Mehr an Wissen über die finanzielle Situation des Kunden ist es nur ein kleiner, aber wirtschaftlich sehr entscheidender Schritt, die Assets under Management zu steigern. Die Datenschutz-Grundverordnung trägt ihrerseits dazu bei, dass der Kunde einer solchen digitalen Lösung noch schneller das Vertrauen schenkt. Und nicht zuletzt verhilft ein so geartetes Tool, die Anforderungen der Mifid II zu er füllen, da es eine Qualitätsverbesserung im Sinne der Richtlinie darstellt.

So gesprochen ist die Digitalisierung eine frohe Botschaft für die Finanzbranche. Denn sie gibt den Beratern den Spaß an ihrer täglichen Arbeit zurück, bereitet den Kunden Freude am Vermögen und ermöglicht eine effiziente und ökonomisch interessante Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben. Es ist jedoch Eile geboten. Die Finanzindustrie muss die Vorteile der Digitalisierung so schnell wie möglich und beherzt für sich umsetzen. Wer hofft, dass die Digitalisierung wie ein Gewitter vorüberzieht und danach alles so weitergehen kann wie vorher, wird erst den Anschluss verlieren und am Ende mit seinen Kunden auch die Geschäftsgrundlage.

Weitere Artikel der Serie:

Teil 1 – Was der digitale Wandel dem Private Banker zurückgibt

Teil 2 – Wie die Digitalisierung ganz neue Kundenerlebnisse schafft

Teil 3 – Wie die Digitalisierung die Zwänge der Regulierung lockert


Über den Autor:
Marco Richter ist Geschäftsführer und Gründer des Fintechs Wealthpilot. Zuvor war er bei der Deutschen Bank, der Bethmann Bank und zuletzt bei der Commerzbank im Wealth Management beschäftigt. 2017 zeichnete ihn das Financial Planning Standards Board mit dem Wissenschaftspreis aus.

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