Digitale Zukunft im Wealth Management „Erfolgsfaktor Nr. 1 wird nicht der Preis oder die Performance sein“

Seite 2 / 4

2017 haben Robo-Advisor hierzulande die Eine-Milliarde-Euro-Grenze an Assets under Management durchstoßen. Das entspricht einem mittelgroßen Vermögensverwalter. Ist das der große Durchbruch?

Moulliet: Wir gehen davon aus, dass in den nächsten zwei bis drei Jahren stärkere Ansätze auf den Markt kommen und dann auch größere Anlagevolumen anziehen werden. Erst dadurch wird sich eine Sogwirkung entwickeln und das Produkt Robo-Advice nachhaltige an Bedeutung gewinnen. Auch hierbei wird abzuwarten bleiben, wie sich die Anlagestrategien der Robo-Advisor in schwierigerem Börsenumfeld behaupten.

>>Vergrößern

 Quelle: Deloitte Consulting GmbH

Eine erfolgsversprechende Digitalstrategie ist…

Moulliet: … eng mit der kompletten Unternehmensstrategie verknüpft. Auch müssen Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen und rechtzeitig in den Veränderungsprozess einbezogen werden. Letztlich ist es wesentlich mehr als einfach nur Prozesse zu automatisieren und zu digitalisieren.

Auch ist das klassische Bild des Verlustes von Arbeitsplätzen überzogen. Digitalisierung bedroht keine Arbeitsplätze, sondern schafft neue Möglichkeiten der Kundeninteraktion und -bindung. Entsprechend spielt sich viel in den Bereichen Customer Journey, CRM, Organisationsdesign, Technologie, Daten und Kundeninteraktion ab.

Entscheidend ist jedoch, dass dieser Veränderungsprozess top-down vom Management angestoßen und vorgelebt wird. Um sich nachhaltig für die Zukunft zu positionieren, bedarf es einer entsprechenden Unternehmenskultur, und die muss als Disziplin vom Top-Management verstanden werden.

Das Wealth Management ist jeher geprägt durch die Beziehung zwischen Kunde und Berater. Ist damit das hybride Modell letztlich die Zukunft?

Moulliet: Wir erwarten für die Zukunft im Wealth Management und auch im Private Banking ganz klar ein hybrides Modell. Die Vorteile und Möglichkeiten der Digitalisierung lassen sich nur in Verbindung mit einer persönlichen Beratung komplett entfalten. Natürlich ist zu hinterfragen, ob wirklich jeder Relationship Manager auch gleichzeitig ein guter Portfoliomanager ist und diese Aufgabe übernehmen sollte. Gleichzeitig ist es für das Verständnis des Kunden und seiner Bedürfnisse unabdinglich Informationen auch im persönlichen Gespräch auszutauschen. Wäre die digitale Vermögensverwaltung komplett automatisiert und würde es an keiner Stelle eine menschliche Interaktion oder ein Eingreifen geben, wäre es schwer eine Benchmark zu schlagen oder in turbulenten Zeiten die Kunden vor Verlusten zu schützen.

Dafür gibt es doch die künstliche Intelligenz.

Moulliet: Natürlich gibt es Algorithmen und das Thema künstliche Intelligenz gewinnt an Bedeutung. Aber auch hier ist die Technologie nur so gut, wie der Mensch, der sie erschafft. Vieles, was heute als AI bezeichnet wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als ein sehr komplexes System vordefinierter Regeln, das im Kern wenig mit künstlicher Intelligenz zu tun hat.

Grundsätzlich kommen im hybriden Modell die Vorteile beider Welten am besten zum Tragen. Es wird darum gehen, wer dies in seinem Geschäftsmodell konsequent umsetzt. Hierzu wird gehören müssen, dass flexibel zwischen dem On- und Offline-Kanal gewechselt wird, der Robo-Advisor sowohl den Endkunden als auch den Wealth Advisor aktiv mit Rebalancing, Anlagevorschlägen, Warnhinweisen, 24/7-Informationsversorgung oder automatisch umgesetzten Investmentstrategien versorgt. Der klassische Berater hat dann mehr Zeit zur Kundenbetreuung, Akquise und Tätigkeiten mit höheren Margen. Es wird nicht das Entweder-Oder, sondern um die optionale Kombination gehen.