Digitale Präsenz Private-Banking-Anbieter rüsten online auf

Seite 2 / 3

Obwohl selbst Branchenkenner die Begriffe „Robo-Advisor“ und „Online-Vermögensverwaltung“ nicht immer trennscharf verwenden, markieren diese gerade für das Geschäft mit Vermögenden einen wichtigen Unterschied: Während beim meist günstigeren Robo-Advisor üblicherweise ausschließlich Algorithmen das Vermögen managen und gegebenenfalls nur eine Finanzanlagen-Vermittlung darstellen, kombinieren Online-Vermögensverwaltungen maschinelles Portfoliomanagement mit menschlicher Expertise – und entsprechen so dem Wunsch der Kundenmehrheit nach sowohl digitaler als auch menschlicher Kompetenz.

Allen Anbietern gemein ist der Trend, die Vermögensbestände des Kunden mit denen seiner Konten und Depots bei anderen Banken auf der eigenen Plattform zu bündeln. Orientiert am Beispiel von Family Offices erfasst diese digitale Konsolidierung bei komplexen Vermögen inzwischen oftmals auch illiquide Vermögenswerte wie Immobilien, unternehmerische Direktbeteiligungen, Kunstgegenstände, Versicherungen oder Oldtimer.

Doch auch ohne die besonderen Vorzüge des UHNWI-Segments können sich die Ergebnisse der Digitalisierungsbemühungen sehen lassen: Brauchte es etwa bei der Hypovereinsbank früher rund 80 Minuten, 90 Seiten Papier und sieben physische Unterschriften, um Kunde zu werden, ist das sogenannte Onboarding heute über die neue App oder Website in 15 Minuten, komplett papierlos – Kenner sprechen von medienbruchfrei oder friktionslos – und mit nur einer digitalen Unterschrift erledigt.

Von anderen Instituten hört man: Ist der Betreuer heute bei einem Kunden, dem der Anlagevorschlag nicht passt, muss er nicht erst wie früher zurück in die Bank, um alles aufwendig zu überarbeiten und erneut auszudrucken, sondern kann mit einem Wisch seines Fingers auf dem Tablet vor Ort in Echtzeit verschiedene Alternativen visuell ansprechend aufzeigen. Reicht dies nicht, muss der Berater nicht mehr wie zuvor zunächst Rücksprache mit der Investmentsparte halten und den Kunden später über die Antwort informieren, sondern kann den Portfoliomanager einfach ohne Umwege per Videoschalte direkt zum Kundengespräch hinzuholen. Auch wenn diese Beispiele bei Weitem nicht Branchenstandard sind, entwickeln zahlreiche Häuser hier gleiche oder ähnliche Ansätze.

Ob und wie häufig ein Kunde die digitalen Services tatsächlich in Anspruch nimmt, bleibt im Private Banking ihm überlassen – im Unterschied zum ertragsschwachen Retail-Geschäft, in dem Online-Angebote die persönliche Betreuung weitestgehend ersetzen sollen: „Wir verfolgen einen hybriden Ansatz aus physischer Beratung und digitalen Lösungen, in dem der Kunde dynamisch wählen kann, was er digital und was er über den Berater machen möchte“, sagt Urs Fehr von Vontobel. Das Ziel dieses „Alles kann, nichts muss“ ist klar: „Damit können wir das Kundengespräch von Routinethemen entlasten“, sagt Matthias Butzlaff vom Bankhaus Metzler. Statt den Private Banker abzuschaffen, sollen ihm online genutzte Dienstleistungen also helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – den Kunden.