Dieter Lehmann von der Volkswagenstiftung „10 Millionen Euro müssten es sein“

Seit 1999 ist Dieter Lehmann bei der Volkswagenstiftung Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der Vermögensanlage

Seit 1999 ist Dieter Lehmann bei der Volkswagenstiftung Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der Vermögensanlage

private banking magazin: Die Vermögensanlage der Volkswagenstiftung dürfte bei einigen ihrer Stiftungs-Kollegen wegen der Investments in Aktien für Schweißausbrüche sorgen. Welche Überzeugung steht hinter der Strategie?

Dieter Lehmann: Unsere Vermögensanlage leitet sich unter anderem davon ab, dass wir mit dem althergebrachten Risikobegriff nichts anfangen können. Nicht nur das Stiftungswesen, sondern auch ein Großteil der Anleger setzt Risiko Aktieninvestment gleich. Gesprochen wird von Volatilitätsrisiken. Das finden sie auch wieder bei den meisten Anlegern, die ihre Risikobudgets fast ausschließlich über die Risiken von Kursschwankungen definieren. Aus unserer Sicht ist das falsch.

Und was wäre ein zutreffender Risikobegriff?

Mit der Finanzkrise 2008 erlebte der Markt erstmals, was es heißt, Ausfallrisiken im Portfolio zu haben. Vorher war das nur ein theoretisches Konstrukt gewesen. Seltsamerweise findet aber selbst nach diesen Ausfall-Erfahrungen kein Umdenken statt. Bonitätsrisiken werden schlicht nicht oder nur kaum wahrgenommen.

Können Sie sich erklären, warum der Markt das nicht begreift?

Schwer zu sagen. Sicherlich hat einen Anteil, dass offizielle Seite nicht wollen, dass sich der Risikobegriff ändert. Dahinter stehen wirtschaftliche Interessen der Staaten. Denken Sie nur an Staatsanleihen. Auch heute müssen Banken beispielsweise griechische Papiere nach der Solvabilitäts-Richtlinie nicht mit Eigenkapital hinterlegen. Obwohl sie de facto ausgefallen waren. Letztendlich ist das absurd.

Wie sollten demnach Stiftungen ihren Risikobegriff definieren?

Zentral für die Stiftungsverantwortlichen oder den Vermögensverwalter einer Stiftung ist, sich zu fragen, welche Risiken man aushalten kann. Da Stiftungen – von Verbrauchsstiftungen abgesehen – auf Dauer angelegt sind, müssten sie Volatilitätsrisiken relativ gut aushalten können. Vorausgesetzt, sie haben eine gewisse Gelassenheit, um auch mal zwischenzeitliche Kursverluste auszuhalten und nicht zu realisieren. Mit Bonitätsrisiken indes laufen sie Gefahr einen Totalverlust zu erleiden, den man im Gegensatz zu Kursschwankungen bei Aktien nicht aussitzen kann.

Stiftungen, die nur auf Renten setzen, spekulieren demnach?

Genau. Allerdings warne ich davor, ins andere Extrem zu verfallen und nur Aktien zu handeln. Die Antwort muss eine ausgewogene, auf die jeweilige Stiftung zugeschnittene Risikostreuung sein. Dazu gehört die Anlage über verschiedene Regionen und Länder, über Währungen und eine Vielfalt von Emittenten. Nur so können sie ausgleichen, wenn eine Asset-Klasse mal nicht performt.

Es gibt aber auch Kritiker der mit der Risikostreuung verbundenen Korrelationsanalyse.

Die durchaus auf Schwachstellen der Korrelationsanalyse hinweisen. Wir sind aber dennoch Anhänger – ganz einfach weil es keine Alternative gibt, um ein bestmögliches, breit diversifiziertes Portfolio zu erreichen.