In der medialen Berichterstattung dominieren meist die großen Konzerne. Ein Blick auf die nackten Zahlen zeigt jedoch, wer das eigentliche Rückgrat der Weltwirtschaft ist: Allein in Europa gibt es 25 Millionen kleine und mittlere Unternehmen (KMU), das entspricht mehr als 99 Prozent aller Firmen in der EU. Sie beschäftigen zwei Drittel aller Erwerbstätigen und schaffen 85 Prozent aller neuen Arbeitsplätze. Ihr Wachstum hängt entscheidend vom Zugang zu Finanzmitteln ab.
Doch trotz ihrer gesamtwirtschaftlichen Bedeutung wird es für kleine und mittlere Unternehmen zunehmend schwierig, Zugang zu Darlehen zu erhalten. Grund ist die restriktive Kreditvergabe der Banken. Die Covid-19-Pandemie und die damit verbundene makroökonomische Unsicherheit verschärfen die Situation weiter. Speziell in Deutschland steigt der Bedarf von kleinen und mittleren Unternehmen an Finanzierungen und Krediten, so eine Umfrage der Europäischen Kommission. Gleichzeitig rechnen demnach viele Unternehmen damit, dass sich die Verfügbarkeit von Bankdarlehen verschlechtern wird – beide Kategorien zeigen eine Umkehr der Trends vergangener Jahre.
Auf rund 400 Milliarden Euro belief sich im Jahr 2019 einem Euler-Hermes-Bericht zufolge die daraus entstehende Finanzierungslücke für kleine und mittlere Unternehmen in Europa. Dies entspricht 3 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Eurozone. Die eingeschränkte Bilanz und die begrenzten digitalen Underwriting-Möglichkeiten der Banken haben besonders auf dem Markt für kurzfristige Kredite unter 10 Millionen Euro eine Lücke geschaffen.
Im Trend: Investieren über Crowdfunding-Plattformen
Eine Branche hat diese Situation als einen wichtigen Wachstumstreiber erkannt: der Sektor der alternativen Finanzierung. Hier gewinnt vor allem das Crowdlending-Segment an Bedeutung. Laut eines globalen Reports des Centre for Alternative Finance der Universität Cambridge wurden bereits im Jahr 2018 weltweit 304 Milliarden US-Dollar über Plattformen für alternative Finanzierungen vermittelt, darunter Crowdfunding, Crowdinvesting und Peer-to-Peer-Lending. Allein in Deutschland betrug das Volumen 1,2 Milliarden US-Dollar und landet damit auf Platz sechs der größten Märkte weltweit. Das Marktwachstum betrug im Vergleich zum Vorjahr 89 Prozent. Interessant ist auch die Aufteilung auf die verschiedenen Formen des Crowdlending in Deutschland: 51 Prozent entfallen auf Konsumentenkredite und 24,6 Prozent auf Crowdinvesting in Immobilien.
Die meisten alternativen Finanzierungsplattformen sind noch stark auf Kleinanleger angewiesen. Aufgrund der wachsenden Bedeutung des Modells sind viele Plattformen jedoch auf der Suche nach größeren Investoren, die von den oft zweistelligen Renditen profitieren wollen. Und die Nachfrage der Investoren steigt rasant. Besonders das Interesse von Family Offices, vermögenden Privatpersonen und kleineren Finanzinstituten oder Investmenthäusern wächst.
Ihre Wunschvorstellung: Kurzfristige, immobilienbesicherte Kredite sollen das Portfolio mit sicheren, renditestarken Investitionen diversifizieren, die kurzfristig Einnahmen erzielen. Institutionelle Kunden werden deshalb in den nächsten Jahren ein maßgeblicher Treiber für Crowdlending-Wachstum sein.