Malte Dreher feiert 20-jähriges Dienstjubiläum „Ich neige zur unruhigen Gelassenheit“

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Welche Marktphase würdest Du im Nachhinein als am schwierigsten bezeichnen?

Dreher: Ich habe am Neuen Markt echt Lehrgeld gezahlt. Aber das waren schon gute Zocks und ohne Kinder und Verantwortung auch völlig okay. Ich hatte Glück mit ein paar Börsengängen in Hamburg: Popnet oder Ricardo. Da haben meine Brüder und ich immer gehupt vor Freude, wenn wir an deren Büros vorbeigefahren sind. Bis die Kohle wieder weg war. 

Was würdest Du heute jemandem empfehlen, der auch Finanzjournalist werden will?

Dreher: Sei neugierig und ruf mich an.

Wer hat Dich am meisten inspiriert?

Dreher: Als Jungredakteur ganz besonders, aber auch heute noch: die echten Edelfedern, die fast spielerisch mit Sprache und Wörtern arbeiten, dass es nur so eine Freude ist. Das wären Alexander Smoltczyk, Ryszard Kapuscinski und der junge Gabor Steingart mit „Die stumme Prinzessin“.

Wenn Du morgen ganz was anderes machen müsstest, als was würdest Du arbeiten?

Dreher: Ich würde mit ein paar guten Leuten eine alte Hamburger Stadtvilla mit verwunschenem Garten kaufen und restaurieren. Buchhandlung, kleines Bistro und Pension dazu, und wir würden Stipendien für junge Künstler vergeben – alles unter einem Dach. 

 

Was ist Deiner Meinung nach die größte Herausforderung unserer Zeit und unserer Branche?

Dreher: Unwichtige Nachrichten von wichtigen zu unterscheiden. Und entsprechend zu handeln. Das ist schon schwer genug. Nicht immer nur die lauten Töne hören und vor allem zuhören. Ich unterbreche oft. Das ist unhöflich und ich muss da an mir arbeiten. Und ebenfalls noch grundsätzlich: weniger Moll-Töne anschlagen. Was die Branche angeht: Gute und junge Talente finden und fördern, Diversität als einendes Element, nicht als ausschließendes verstehen. Es ist doch ein echter Segen, in einer pluralistischen Gesellschaft zu leben und arbeiten zu dürfen. Das müssen wir uns erhalten.

Der schönste Ort, an dem Du bisher warst?

Dreher: Da gibt es einige, die auch ganz unterschiedlich emotional aufgeladen sind. Ich habe 1993 „Lonesome George“, die letzte noch lebende Schildkröte seiner Art auf den Galapagos Inseln gesehen. Der Kollege ist 2012 mit über 100 Jahren gestorben. Und während der gleichen Reise kamen an der Küste Mexikos Schildkröten an den Strand und haben ihre Eier gelegt und verbuddelt. Nachts um 3 Uhr haben wir aufgepasst, dass keine wilden Hunde oder Katzen kommen und den Zauber stören. Tolle Bilder sind das und die habe ich echt tief im Kopf. 

Für ein verlängertes Wochenende würde ich immer gern nach Barcelona, Marrakesch, Tel Aviv, Istanbul, Kali oder Mexiko City. Gern laut und groß, aber mit ruhigen Ecken, vielen Menschen, jungen Künstlern und Wasser sind auch nice. 

„Ich wünschte, meine Eltern wären nicht so nachsichtig gewesen, als ich keine Lust mehr aufs Klavierspielen hatte“

Irgendein Talent, das Du gern haben möchtest?

Dreher: Ich wünschte, meine Eltern wären nicht so nachsichtig gewesen, als ich keine Lust mehr aufs Klavierspielen hatte und ich würde gern Französisch sprechen.

Wie wird die Finanzbranche in 20 Jahren aussehen?

Dreher: Digitaler und strukturierter, weniger Produkte, mehr Lösungen. Nicht mehr so charmant wie heute. Ich werde das wohlwollend im Buchladen meiner Stadtvilla oder von meinem Aufsitzrasenmäher mit Blick auf die Atlantikküste verfolgen. So oder so: Wir sehen uns auf dem Markt bei den Austern. 

Was kochst Du am besten? 

Dreher: Spaghetti Carbonara – aber mit Sahne. Alle lieben sie – auch die Kinder. 

Was denkst Du, wenn Du Deinen ersten veröffentlichten Artikel liest?

Dreher: Eröffnung eines Brautmodengeschäfts in Speyer. Bisschen viele Adjektive, manchmal schiefe Bilder und gruseliger Partizipialstil. Aber in Ansätzen lässt sich Talent erkennen. Ich habe alle Texte noch in einer Mappe. Jeder hat Spaß gemacht. 

Was würdest Du dem 20-jährigen Malte empfehlen und mit auf den Weg geben? 

Dreher: Feier schön weiter. Schon ganz bald wirst Du jedes Jahr im Januar nach Mannheim fahren müssen und Du verdienst Geld damit, das „Quellensteuer-Forum“ zu moderieren. 

Über den Interviewten:
Malte Dreher ist Herausgeber des private banking magazins und von DAS INVESTMENT sowie Partner des entsprechenden Verlagshauses Edelstoff Media. Dreher hat Germanistik, Mittlere und Neuere Geschichte und politische Wissenschaft in Heidelberg und Köln studiert. Als freier Mitarbeiter und Praktikant gab es ordentlich Erfahrung bei Anzeigenblättern in Speyer und Schwetzingen, den Gründungsjahren von N-TV in Berlin, Bild München und Bild Köln. Ganz solide folgte ein Volontariat in Hamburg und dann die ganze Klaviatur des Redakteurs-Daseins: Junior-Redakteur, Redakteur, leitender Redakteur, Chefredakteur. Malte ist Mitgründer des private banking magazins und des private banking kongresses. Er ist Zimmernachbar des geschätzten Kollegen und Gründer von allem: Peter Ehlers. Dreher lebt mit Frau, sechs Kindern und 3.000 nach Farbe sortierten Büchern im Hamburger Grindelviertel. 

 

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