Die Zukunft im Wealth Management, Teil 2 Welche Chancen für Privatbanken im Digital Wealth Management lauern

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Mehrwert im Private Wealth Management

Auch im Wettbewerb mit Execution-Only-Anbietern stehen Privatbanken, die ihr Privat Wealth Management digital ausrichten, besser da. Direktbanken und Online-Broker liefern sich bereits seit längerem einen intensiven Preiskampf in diesem Segment. In der Vermögensverwaltung ist dieser Trend ebenfalls zu beobachten. Verstärkt wird er durch unabhängige Vermögensverwalter, die Banken und Discountbroker nur mehr als Buchungsplattform nutzen.

Hinzu kommt, dass sich viele Geldhäuser durch die neuen regulatorischen Vorgaben in der Vertriebsvergütung zunehmend unter Preisdruck sehen und Kunden in Zeiten niedriger Zinsen und volatiler Börsen besonders preissensitiv reagieren. Robo Advisor heizen diese Entwicklung mit ihren aggressiven Pricing-Strategien weiter an.

Honorarberatung und alternative All-in-Fee-Preismodelle kommen gegen diese Spar-Mentalität nur schwer an. Insbesondere deshalb, weil für viele Kunden kein Mehrwert ersichtlich ist, wurde doch die Vermögensberatung früher vermeintlich auch ohne Aufpreis erbracht.

Um einen sichtbaren Mehrwert gegenüber dem Execution-Only-Angebot zu schaffen, könnten sich die Banken im Wealth Management digitaler Analysemethoden bedienen. So könnten sie zum Beispiel im Rahmen systematischer Analyseprozesse kundenindividuelle und portfoliospezifische Handlungsempfehlungen generieren.

Als besonders gutes Beispiel dafür kann das Beratungsmodell „UBS Advice“ genannt werden, das bereits über 15 Milliarden Euro verwaltet. Zudem ließe sich durch die Einbindung digitaler Kanäle die Transparenz in der Vermögensverwaltung deutlich steigern, beispielswiese indem Kunden Entscheidungen zeitnaher kommuniziert werden.

Konsistent und schnell muss es sein

Digital Wealth Management kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn die Technik konsistent in bereits vorhandene Systeme eingebunden wird und komplementär dabei hilft, einen echten Kundenbedarf zu bedienen. Denn am Ende sind es die Kunden, die über die Akzeptanz neuer digitaler Angebote – auch im Vergleich zu Wettbewerbern – entscheiden. Idealerweise sollten sie in die Entwicklung neuer digitaler Produkte und Services einbezogen werden.

Ein ganz entscheidendes Kriterium ist darüber hinaus die Geschwindigkeit, mit der neue Anwendungen und IT-Lösungen in der Vermögensberatung adaptiert werden (Time-to Market). Um mit der rasanten Marktentwicklung mitzuhalten, entscheiden sich Banken immer häufiger gegen aufwendige Eigenentwicklungen.

Stattdessen gehen sie Kooperationen mit Fintechs ein oder beteiligen sich an ihnen. Die größten Herausforderungen liegen hier in den kulturellen Unterschieden und Entwicklungsgeschwindigkeiten, die aktiv gemanagt werden müssen, um erfolgreich zu sein. Doch der Aufwand lohnt sich: Die Kreditinstitute erschließen sich in relativ kurzer Zeit neue Vertriebswege. Das jeweilige Fintech profitiert von der breiten Kundenbasis des Geldhauses und seiner Seriosität, die insbesondere im Wealth Management von Bedeutung ist.

Auch aus diesem Grund haben sich Wealthfront und Betterment, die beiden führenden Robo Advisors, inzwischen mit großen Asset Managern zusammengetan (Vanguard und Fidelity). In Deutschland beginnt Easyfolio jetzt mit Hauck & Aufhäuser zu kooperieren.

Nicht abwarten, sondern handeln

Die Zahl der Kooperationen für Bankleistungen steigt kontinuierlich, auch in der Vermögensberatung. Doch Bündnisse zwischen Fintechs und Privatbanken sind bislang eher die Ausnahme, weil gerade kleinere Banken dazu tendieren, größere Initiativen im Bereich Digitalisierung zu meiden und sich auf andere Werttreiber ihres Geschäfts zu konzentrieren. Auch viele Vermögensverwalter verlassen sich noch immer weitestgehend auf die digitalen Angebote der jeweiligen Depotbanken und versäumen es so, die eigene Marke digital aufzuwerten.

Auf Dauer dürfte sich ein weiteres Abwarten jedoch nachteilig auswirken. Das zeigt das Bespiel Paypal sehr deutlich. Je später Banken aktiv auf den Trend „Digital Wealth Management“ reagieren, desto schwieriger dürfte es werden, Anschluss an diejenigen zu halten, die sich dem Thema bereits angenommen haben.

Der erste Artikel des Zweiteilers geht auf den derzeitigen Entwicklungsstand im (Digital) Wealth Management ein.


Über die Autoren:
Holger Boschke ist Aufsichtsratsvorsitzender der Beratungsgesellschaft TME. Als ehemaliger stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Kleinwort Benson in London, Investmentchef der Dresdner Bank und Bereichsvorstand Privat- und Geschäftskunden der Commerzbank verfügt er im Private Banking und Wealth Management über besondere Expertise. Insgesamt blickt auf mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Finanzindustrie zurück.

Volker Errolat ist seit Januar 2016 verantwortlich für den Bereich Privat Wealth und Asset Management bei der TME. Seine langjährigen Erfahrungen basieren auf der Verantwortung von Produktentwicklungs- und Digitalisierungsinitiativen bei UBS, Credit Suisse und in der Beratung bei der Wirtschaftskanzlei Pricewaterhouse Coopers.

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