Die zukünftige Welt des Investierens Die Digitalisierung markiert einen Wendepunkt in der Geldanlage

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Individualisierung statt Standardisierung

Wir sind uns sicher, dass sich dieses Muster auch bei Investoren zeigen wird: Es erscheint unumkehrbar, dass auch in den kommenden Jahren die Geldanlage einen individuelleren Charakter erhalten wird. Investoren werden in der Lage sein, mit Hilfe von EDV-gestützten Tools selbst Portfolios zu konstruieren, die ihren Wert- und Risikoüberlegungen entsprechen.

Wer dies lieber delegiert, wird diese Aufgabe an digitale Vermögensverwaltungen übertragen, die dann auf Basis einer umfangreichen Erhebung persönlicher Präferenzen und Risikoeinstellungen ein kontinuierliches und professionelles Portfoliomanagement sicherstellen. In einem ersten Schritt werden sich diese komplexeren Angebote vermutlich zunächst an institutionelle und semi-institutionelle Kunden richten. Es braucht aber nicht viel Phantasie um abzusehen, dass diese Fähigkeiten und Funktionalitäten letztlich auch in der Breite von Privatkunden abgerufen und eingefordert werden.

Um welche Fähigkeiten und Funktionalitäten es hier geht, lässt sich nicht mit abschließender Sicherheit sagen – auch beim iPhone hat es einige Jahre gedauert, bis sich ein Ökosystem aus Hardware, interner und externer Software sowie internem und externen Content etabliert und perfektioniert hat.

Daher kommt es zu einem gewissen Grad einer Anmaßung an Wissen gleich, die Zukunft des Investierens zu prognostizieren. Allerdings bahnen sich schon jetzt Anwendungen an, die einen Mehrwert für den Investor versprechen und vor allem auch technisch und gleichzeitig finanzwissenschaftlich seriös und hochwertig umsetzbar sind. Dazu gehört beispielsweise die kundenspezifische Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien.

Wer heute mit Stiftungen, staatlichen und kirchlichen Institutionen sowie zunehmend auch privaten Investoren spricht, wird schnell feststellen, dass eine One-fits-all-Lösung für Nachhaltigkeitskriterien zunehmend als suboptimal wahrgenommen wird. Der eine Investor möchte Hersteller von geächteten Waffensystemen ausschließen, der nächste zusätzlich Unternehmen mit einem hohen CO2-Ausstoß relativ zur Wertschöpfung und der dritte Investor hat auch noch einen strengen Blick auf die Corporate Governance eines Unternehmens. Und während der eine Investor Unternehmen ausschließen will, die schon in einem der Bereiche keine Mindeststandards erfüllen, ist der nächste Investor zufrieden, wenn das Portfolio in einer Durchschnittbetrachtung in Bezug auf diese Kriterien besser abschneidet.

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Nicht selten ist es aber noch viel komplizierter: Es lassen sich leicht 30 und mehr Einzelkriterien definieren, die für eine nachhaltige Auswahl von Aktien relevant sein können. Und je nach Gewichtung und Sichtweise kann die Berücksichtigung dieser Kriterien zu einer ganz anderen Portfoliokonstruktion führen. Spätestens hier ist eine exakte Berücksichtigung dieser Kriterien in einem klassischen Portfoliomanagement nicht immer wirtschaftlich darstellbar, während digitale Angebote weitgehend unabhängig vom investierten Volumen eine wirtschaftlich tragfähige Lösung darstellen können, die trotzdem portfoliotheoretisch hochwertig ist.

Ein anderes Beispiel betrifft die Auswahlkriterien für Aktien und Anleihen. Während sich ein konservativer Investor eher mit Unternehmen wohlfühlt, die eine geringe Verschuldung, eine geringe Kursvolatilität, eine hohe Profitabilität oder eine hohe Bilanzqualität aufweisen, ist anderen eine hohe Ausschüttung wichtig. Auch beim Thema Sektor-, Länder- und Währungsrisiken sollten bei Investoren teilweise sehr spezifische Vorgaben, Präferenzen und Restriktionen im Idealfall berücksichtigt werden. Zusammen mit Vorgaben zur taktischen Allokation und zu möglichen Risikobudgets und zur Risikobereitschaft sowie zu möglichen Benchmarks und zur strategischen Allokation ergeben sich in der Summe Anforderungen, die nicht durch standardisierte Angebote darstellbar sind.