Jens Spudy und Randolph Kempcke „Die Zahl der Family Offices wird zurückgehen“

Randolph Kempcke und Jens Spudy (v. li.)

Randolph Kempcke und Jens Spudy (v. li.)

Herr Kempcke, die Rahmenbedingungen für Finanzdienstleister werden immer schwieriger. Wie schätzen Sie die Chancen für Family Offices ein?

Randolph Kempcke: Das Jahr 2011 hat gezeigt, dass in einem schwierigen Marktumfeld und mit zunehmender Ungewissheit und Sorge um die Stabilität der Eurozone der Bedarf an unabhängiger und professioneller Beratung stark zugenommen hat. Die Medien, die immer detaillierter und schneller Informationen zur Verfügung stellen, verhelfen den Vermögensinhabern zu umfangreichem Wissen. Dadurch geben diese sich nicht mit Standardinformationen zufrieden. Wer ein komplexes Vermögen besitzt, benötigt eine kompetente und maßgeschneiderte Beratung. Dieses Beratungsbedürfnis kann nur von optimal ausgerichteten Family Offices befriedigt werden. Die Gewinnung von zahlreichen neuen Mandanten im vergangenen Jahr bestätigt unsere Einschätzungen. Die Spudy & Co. Gruppe konnte im vergangenen Jahr ihren Bekanntheitsgrad deutlich steigern. Für 2012 prognostizieren wir, dass die Bedeutung von Multi Family Offices noch stärker zunehmen wird. Die Zahl potenzieller Mandanten für Family Offices ist nach der Krise von 2008 höher als zuvor. Wir gehen davon aus, dass sich dieser Trend 2012 fortsetzen wird und sehen unverändert gute Wachstumschancen für Spudy & Co. im Bereich der Family-Office-Dienstleistungen.

Wie sehen Sie die Entwicklung des Marktes im Jahr 2012?

Jens Spudy: Trotz der von uns prognostizierten Wachstumschancen für das Jahr 2012 gehen wir davon aus, dass sich die Anzahl der Wettbewerber verringern wird. Hierfür gibt es vor allem zwei Gründe: Zum einen werden die gesetzlichen Vorgaben für Finanzdienstleister sich noch einmal deutlich verschärfen. Das bedeutet einen steigenden Verwaltungsaufwand, der die Kosten für kleinere Wettbewerber zu einer unüberwindbaren Hürde werden lässt. Diese Entwicklung wird sich auch 2013 weiter fortsetzen. Die Eintrittsbarriere in den Family-Office-Markt ist bereits sehr hoch und wird sich in Zukunft noch weiter erhöhen. Zum anderen steigt das Bedürfnis der Vermögensinhaber nach umfangreicher und unabhängiger Beratung sowie Transparenz. Viele Marktteilnehmer haben in den vergangenen Jahren Vertrauen verspielt. Die bankeninternen Family-Office-Bereiche stehen vor der anspruchsvollen Aufgabe, die von ihren Mandanten geforderte und von diesen Abteilungen versprochene Unabhängigkeit unter Beweis zu stellen. Dafür ist ein zunehmender Personalaufwand und damit einhergehend ein weiterer Kostenanstieg unumgänglich. Die mit diesen Veränderungen verbundene Kostensteigerung ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, der für einige Marktteilnehmer zu einer existenziellen Bedrohung werden könnte. Das Resultat dieser Entwicklung wird eine Konsolidierung des Marktes für Family-Office-Dienstleistungen in den folgenden Jahren sein. Auch wir haben auf diese Marktanforderungen reagiert. Mit der Einführung unseres Strategieberichtes 2011 haben wir einen Schritt getan, um unsere Leistungen transparenter und nachvollziehbarer darzustellen. Die positiven und konstruktiven Rückmeldungen zur Erstauflage unterstützen uns, unsere Dienstleistungen weiter auszubauen und zu verbessern.

Das von Ihnen angesprochene gesteigerte Verlangen der Mandanten nach Unabhängigkeit und Transparenz zählt für Sie somit zu den Kernbedürfnissen der Vermögensinhaber. Inwiefern haben sich die Bedürfnisse Ihrer Mandanten durch die Entwicklungen in der Eurozone verändert?

Kempcke: Anhand zahlreicher Gespräche mit unseren Mandanten können wir erkennen, dass sich ein deutlich gesteigertes Bedürfnis nach wirklich objektiver Information herausbildet. Dank guter Kontakte und Netzwerkpartner verfügen wir über eine ausreichend breite Informationsbasis, um unsere Mandanten objektiv und losgelöst von eigenen Interessen zu informieren und zu beraten. Darüber hinaus geht es häufig um die Frage, ob das Vermögen ausreichend abgesichert ist. Mit Hilfe unserer 2010 neu eingeführten Software im Bereich des Vermögenscontrollings, die wir insbesondere 2011 gemeinsam mit unserem Dienstleister erheblich weiterentwickelt haben, können Risiken schneller identifiziert und diesen besser entgegengetreten werden. Wir setzen auf eine breit diversifizierte Strategie, die auf vielen potenziellen Ertragslieferanten basiert. So können Verluste aus einzelnen Bereichen das Vermögen nicht nachhaltig gefährden. Allerdings ist trotz der nicht abnehmenden negativen Berichterstattung in den Medien bemerkenswert, dass unsere Mandanten deutlich ruhiger und überlegter reagieren als noch im Krisenjahr 2008. Hier zeigt sich, dass eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Mandant und Family Office eine prägende Basis für Erfolg ist.

In Zeiten, in denen die großen Banken Umsatzeinbußen hinnehmen müssen und mit den neuen Eigenkapitalanforderungen zu kämpfen haben, expandieren Sie weiter und eröffnen eine neue Niederlassung in München.

Spudy: Das ist richtig. Aktuell beschäftigen wir vier Mitarbeiter in der neuen Niederlassung in München, die sich in direkter Nachbarschaft zu unserer Unternehmenstochter, der Döttinger/Straubinger AG, in den Gebäuden der ehemaligen Lodenfrey-Fabrik befindet. Der Ausbau unserer Präsenz im süddeutschen Raum ist ein weiterer Schritt, um zum zentralen Ansprechpartner für Family-Office- Dienstleistungen in Deutschland zu werden. Wir freuen uns, dass wir Stephan Hauska als neuen Niederlassungsleiter gewinnen konnten. Er wird mit seiner Kompetenz, Erfahrung und seinem internationalen Netzwerk das Team mit Sicherheit bereichern und einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg von Spudy & Co. liefern. Wie bereits im vergangenen Jahr, werde ich auch im Jahr 2012 oft in München sein und Herr Hauska beim Ausbau der Niederlassung unterstützen. Darüber hinaus haben wir 2011 weitere sieben Mitarbeiter in unserem Hamburger Büro eingestellt, dies ist vor allem durch unseren stark gewachsenen Mandantenkreis begründet.

Zum Januar 2011 haben Sie auch vier Ihrer Mitarbeiter zu Mitgliedern der Geschäftsleitung ernannt. Welche Motivation steckt dahinter?

Spudy: Wir haben im vergangenen Frühjahr aus dem Kreise der Prokuristen René Hänschke, Philipp Lennertz, Alexander Stern sowie René Tödter zu Mitgliedern der Geschäftsleitung ernannt. Mit diesem Schritt möchten wir dem Wachstum des Unternehmens gerecht werden und die internen Strukturen auf die weitere Entwicklung vorbereiten. Bei unseren ambitionierten Zukunftsplänen ist es unerlässlich, die Unternehmensführung auf mehrere Köpfe zu verteilen und so die Mitarbeiter an die neuen Aufgaben und wachsende Verantwortung heranzuführen.

Kempcke: Im Vordergrund stand bei dieser Entscheidung, die Mitarbeiter stärker bei den internen Entscheidungsprozessen mit einzubinden. Es ist ein zentrales Anliegen für uns, die Mitarbeiter langfristig an Spudy & Co. zu binden. Hoch qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sind der Schlüssel zu unserem Erfolg.

Was war aus Ihrer Sicht das bedeutendste Ereignis für Spudy & Co. im vergangenen Jahr?

Kempcke: Neben der bereits angesprochenen Eröffnung der Niederlassung in München und der Verpflichtung von Stephan Hauska, war für mich die Premiere des Family-Office-Forums im September in unseren Räumen am Alsterufer ein Höhepunkt. Diese Veranstaltung hat uns gezeigt, dass unsere Mandanten über alle Altersklassen hinweg ein großes Interesse haben, generationsübergreifend das Familienvermögen zu erhalten und die jüngeren Generationen optimal auf die zukünftigen Aufgaben vorzubereiten. Wir haben erkannt, dass diese Plattform für den Kontakt zu den Mandanten und für den Austausch der Mandanten untereinander – insbesondere das Teilen von gemeinschaftlichem Wissen und Erfahrungen – unerlässlich ist. Wir freuen uns jetzt schon auf das Family Office Forum 2012.

Spudy: Da kann ich mich Herrn Kempcke nur anschließen. Darüber hinaus möchte ich aber auch auf die schnell voranschreitende Integration der Döttinger/Straubinger AG in die Spudy & Co. Gruppe eingehen. Im zweiten Halbjahr 2011 haben wir einen gemeinsamen Investmentprozess für den Bereich der liquiden Anlageklassen ausgearbeitet und erfolgreich eingeführt. Für 2012 ist vorgesehen, den gemeinsamen Investmentprozess auf den Bereich der illiquiden Anlageklassen zu erweitern. Die Arbeit im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass sich unsere gemeinsame Anlagephilosophie in stürmischen Märkten insbesondere im direkten Vergleich zu unseren Wettbewerbern bewährt hat. Das Bilden von Schwerpunkten in wachstumsstarken Regionen und Segmenten sowie daran anknüpfend die Auswahl von erfahrenen Managern, die über Expertise in der Region beziehungsweise dem jeweiligen Segment verfügen, ist der prägende Teil unserer Philosophie. Diese Entwicklungen des vergangenen Jahres haben unsere Attraktivität für anspruchsvolle Mitarbeiter gesteigert. Das zeigt sich insbesondere auch durch die Verpflichtung von Ralf Zimmermann Mitte 2011, der die Leitung des Investment-Teams von Döttinger/ Straubinger als Investment-Chef übernommen hat und schwerpunktmäßig für die strategische und taktische Asset Allokation im Bereich der liquiden Anlageklassen zuständig ist.
 
Sie sprechen die Integration von Döttinger/Straubinger an. In welchen Bereichen sehen Sie hier weiteres Potenzial?

Kempcke: Döttinger/Straubinger verfügt insbesondere im Bereich der illiquiden Anlageklassen über eine langjährige Erfahrung und ein hohes Maß an Professionalität. Dank des breiten Netzwerkes werden wir den Zugang zu erstklassigen Investments im illiquiden Bereich weiter ausbauen können. Die Verantwortung für den gesamten Investmentprozess wird dann bei Döttinger/Straubinger liegen, jedoch werden auch wir unsere Expertise einfließen lassen. Darüber hinaus ist geplant, dass Döttinger/Straubinger das von uns seit 2010 eingesetzte Reporting-System ebenfalls für seine Mandanten nutzt. Durch die Nutzung der gemeinsamen Plattform zur Erstellung der Vermögensberichte wird der einheitliche Außenauftritt der Spudy & Co. Gruppe vorangetrieben.

Wo werden Sie in diesem Jahr Schwerpunkte setzen, und welche Herausforderungen werden Sie zu meistern haben?

Kempcke: Mit Sicherheit wird die Staatsschuldenkrise auch in diesem Jahr die Märkte weiter in Atem halten. Sie wird immer wieder starke Reaktionen an den Finanzmärkten auslösen. Aber ich denke, wir sind gut vorbereitet, um die sich ergebenden Möglichkeiten bestmöglich zu nutzen und den Mandantenkreis weiter auszubauen.

Spudy: Ein Schwerpunkt wird die Etablierung unserer Niederlassung in München sein. Durch die räumliche Nähe zu Döttinger/Straubinger versprechen wir uns dabei einen noch engeren Austausch mit unserer Tochtergesellschaft und eine weitere Verbesserung sämtlicher Prozesse. Ein weiterer Schwerpunkt wird im Immobilienbereich liegen. Die Mandanten suchen Sicherheit. Diese werden wir insbesondere im Bereich der Immobilien bieten. Zur Jahresmitte wird unsere Tochter, die Jens W. Ehlers Gruppe, durch Herrn Klaus Schröder als weiteren Geschäftsführer verstärkt. Herr Schröder ist bereits seit vielen Jahren deutschlandweit im Immobilienbereich tätig und wird unsere Geschäftstätigkeit bereichern und interessante Immobilieninvestments für unsere Mandanten erschließen.

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