Private-Equity-Manager statt Corporate Raider Die Zähmung der Barbaren

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Der Boom startete ausgerechnet mit Grußkarten. Die Wesray Capital Corporation stieg 1982 beim Kartenproduzenten Gibson Greetings ein. 80 Millionen US-Dollar kostete die Übernahme, angeblich kam nur eine Million davon von Wesray und seinen Investoren selbst, der Rest waren Kredite. Nicht einmal anderthalb Jahre später brachte Wesray die Firma Gibson an die Börse und erlöste dort 290 Millionen US-Dollar. In den folgenden Jahren gab es mehrere solche Erfolgsgeschichten, etwa Wometco Enterprises und Sterling Jewelers.

In diesen Jahren entstand aber auch der schlechte Ruf der Private-Equity-Firmen. Einigen von ihnen wurde vorgeworfen, sogenanntes “Asset Stripping” zu betreiben, also alle wertvollen Teile der Firma zu verkaufen, um die für die Übernahme nötigen Schulden abzubezahlen und selbst einen Profit einzustreichen. Der Beste unter diesen „Corporate Raiders“ war Carl Icahn, eine der Inspirationen für die Figur des Gordon Gekko im Film “Wall Street”. Bekannt wurde er durch die feindliche Übernahme von Trans World Airlines im Jahr 1985. Die Folge: In den nächsten 16 Jahren musste TWA dreimal Insolvenz anmelden, ehe die Firma 2001 von American Airlines übernommen wurde.

Ausgerechnet Jerome Kohlberg Jr., einer der Väter des Booms, war mit diesen aggressiven Taktiken gar nicht einverstanden. Aus Wut über die schuldenfinanzierten Buy-outs und die feindlichen Übernahmen, die auch KKR zunehmend nutzte, verließ er das Unternehmen 1987. Entsprechend verpasste er es, als seine Ex-Partner den damals größten Leveraged Buy-out der Geschichte durchzogen. KKR investierte insgesamt 31,1 Milliarde US-Dollar an Fremd- und Eigenkapital, um den Tabak- und Lebensmittelproduzenten RJR Nabisco zu übernehmen.


Es war eine legendäre Übernahmeschlacht, in der sich KKR mit der Bank Shearson Lehman Hutton (SLH) und dem damaligen RJR-CEO F. Ross Johnson anlegte. Finanziert wurde der Bieterkrieg zwischen KKR und SLH von so ziemlich allen Großbanken der Wall Street. Die Schlacht war so fesselnd und voltenreich, dass die Investigativ-Journalisten Bryan Burrough und John Helyar sie zu einem Bestseller mit dem Namen „Barbarians at the Gate“ machten.

Die Party ist vorbei und geht deshalb erst richtig los

So gigantisch der RJR-Deal war, so signalisierte er doch auch das Ende des ersten Private-Equity-Booms. Ende der Achtziger begann der Geldfluss auszutrocknen, mit der die Firmen ihre immer größeren Übernahmen finanziert hatten. Zunächst verbot der Kongress 1989 Banken, die überwiegend auf Sparkonten und Hypotheken setzten, in niedrig geratete Anleihen zu investieren. Das betraf viele der Anleihen, mit denen Private-Equity-Firmen ihre Übernahmen finanzierten. Denn diese waren zwar mit hohen möglichen Renditen, aber auch mit sehr hohen Risiken versehen.

1990 musste dann die Investmentbank Drexel Burnham Lambert (DBL) Insolvenz anmelden, nachdem mehrere Führungskräfte in Insidertrading und Kursmanipulationen verwickelt waren. DBL war eine der Hauptbanken der Private-Equity-Unternehmer gewesen.

Zwar verschwanden die Investoren in den Neunzigern nicht, doch es dauerte knapp 14 Jahre, bis Private-Equity-Firmen und ihre Übernahmen wieder das Wirtschaftsgeschehen so bestimmten wie in den Achtzigern. Ab dem Jahr 2004 reihten sich Rekord-Buy-outs aneinander. Der Autovermieter Hertz, das Filmstudio Metro-Goldwyn-Mayer, der Autobauer Chrysler: Alle wurden von Private-Equity-Firmen übernommen und später wieder verkauft.

Heute hat sich das Wording geändert und auch das Vorgehen. Oft betreiben die “aktivistischen Investoren” kein Asset Stripping mehr, sondern fordern eine strategische Neuausrichtung der Firmen, in die sie investieren. Manchmal arbeiten sie damit sogar – zumindest indirekt – mit dem Staat zusammen. Im vergangenen Sommer war es etwa der Private-Equity-Investor Cerberus Capital, der bei der Commerzbank für den Abgang des Vorstandsvorsitzenden Martin Zielke und Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann sorgte; angeblich lag Cerberus dabei auf Linie mit der deutschen Regierung, die ebenfalls Anteilseigner an der Commerzbank ist.

Längst bemühen sich führende Vertreter der Branche, transparenter und verantwortungsbewusster zu erscheinen. Viele der großen Private-Equity-Firmen sind mittlerweile börsennotiert. Stephen A. Schwarzman, CEO von Blackstone, fordert öffentlich einen Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft.

Und in der Vorstellung der Menschen? Im Kino haben mittlerweile die Investmentbanker die Private-Equity-Investoren als Bösewichte abgelöst. Und gegen Charaktere wie Jordan Belfort, der Millionen mit Pennystocks machte und die Hauptfigur in „The Wolf of Wall Street“ ist, wirkt Michael Douglas’ eiskalter Gordon Gekko heute fast zahm.


Über den Autor:

Lars-Thorben Niggehoff ist Gründer des Journalistenbüros „dreimaldrei“, Redakteur beim Finvia Magazin wie auch dem Start-up-Medium Startbase. Als freier Journalist schreibt er unter anderem auch für Brand Eins, den Cicero und die Welt über Wirtschafts-, Immobilien- und Finanzthemen. Niggehoff hat Volkswirtschaftslehre und Sozialwissenschaften studiert und parallel dazu die Kölner Journalistenschule besucht..

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