Die Schlafwandler Banken müssen den digitalen Wandel völlig neu denken

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  1. Beyond Banking

Noch einen Schritt weiter gehen viertens Überlegungen, die Beziehung zwischen Bank und Kunde in einer digitalisierten Welt komplett neu zu denken, was wir mit dem Begriff Beyond Banking umschreiben wollen. Was damit gemeint ist, sollen zwei Beispiele aus anderen Branchen veranschaulichen.

In der Automobilindustrie ist aktuell häufig davon die Rede, dass sich diese vom reinen Fahrzeughersteller zu Mobilitätsdienstleistern transformieren wollen. Zugrunde liegt dem der Gedanke, dass das eigentliche Kundenanliegen der Transport von A nach B ist. Den Wandel, wie diese Mobilität zukünftig ermöglicht wird, gilt es mitzugestalten und die neuen Formen zu besetzen.

Ein weniger prominentes Beispiel ist der Landmaschinenhersteller John Deere. Dieser hat 2012 die Plattform MyJohnDeere.com gestartet. Auf dieser können Kunden ihre Daten hochladen und mit anderen Daten zum Wetter, zur Saatgut oder Bodenbeschaffenheit kombinieren, um mittels Big Data und Künstlicher Intelligenz ihre Produktivität zu steigern. Die Plattform ist offen konzipiert und erlaubt Partnern, eigene Dienste und Mehrwerte einzubinden.

Der Grundgedanke ist also ähnlich: Landwirten geht es darum, ihren Betrieb möglichst effizient zu bestellen und nicht darum, den besten Traktor zu haben. In dem Maße, wo andere Aspekte für einen effizienten Betrieb wichtiger werden, gilt es, diese ebenfalls anzubieten. Und genau diese Aspekte greift die Plattform auf. John Deere sichert hierdurch zum einen den Absatz ihrer Landmaschinen gegen Wettbewerber ab, da diese nicht in die Plattform integriert sind. Zum anderen schützt das Unternehmen sich aber auch vor dem Eindringen von Technologieanbietern mit ähnlichen Lösungen in die Kundenschnittstelle.

Für Banken stellt sich also die Frage, worin eigentlich der Kern ihrer Dienstleistung am Kunden liegt. Und wie sich dieser Bedarf und dessen Befriedigung in einer digitalen Welt darstellen wird. Hierauf wird es nicht die eine Antwort geben. Für die diversen Geschäftsbereiche und Kundensegmente werden wir ganz unterschiedliche Wege sehen. Jedes Institut muss für sich prüfen, worin ihr originäres Kundenversprechen liegt und mit welchen Stärken sie dieses zukünftig abdecken will.

In diesem Wandel liegen aber auch große Chancen für Banken. Das Online-Marketing entkoppelt Reichweite von physischer Präsenz. Die Digitalisierung von Produkten und Geschäftsmodellen öffnet Märkte und Kundensegmente, die bisher nicht profitabel adressiert werden konnten. Im Beyond Banking gilt es neue Formen zu finden, wie Banken zukünftig Kundennutzen stiften, um ihre Kundenbeziehung auf eine neue Ebene heben.

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Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen ist sinnvoll und notwendig. Aber allein hiermit wird man den digitalen Wandel nicht bestehen. Und nicht die Chancen nutzen können, die sich auch Banken in einer digitalisierten Welt bieten.



Über den Autor:
Jan Kühne verantwortet für M.M. Warburg & Co als Digitalchef die digitale Produkte der Hamburger Privatbank. Ferner ist er Mitglied der Geschäftsführung des Tochterunternehmens W&Z Fintech. Zu den digitalen Innovationen zählen etwa die digitale Vermögensverwaltung Warburg Na-vigator und die Family Office App Ownly.

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