Fondsanalysten im ESG-Modus, Teil 3 Die neuen ESG-Analysefelder für Produkteinkäufer

Maik Schneider von der HVB

Maik Schneider von der HVB: Er will nicht nur passende Fonds selektieren, sondern sich am zukünftigen Design der nachhaltigen Geldanlage beteiligen. Foto: Hypovereinsbank-Unicredit

In den vergangenen Jahren wuchs die Zahl der ESG-kompatiblen Fonds rasant. Die Branche reagiert damit darauf, dass Anleger wie auch Gesetzgeber nachhaltige Ansätze verstärkt im Blick haben.

Damit wird die Auswahl des geeigneten Anlagevehikels komplexer. Die bisher schon fest verankerten Research-Ebenen gehören auch in Zukunft zum Rüstzeug eines jeden Fonds-Selektors: grundsätzliches Verständnis der Märkte, die Analyse des Zielmarktes und das Betrachten der Performance gegenüber vergleichbaren Konkurrenz-Produkten beziehungsweise der passenden Benchmark. Zu ihnen stoßen jedoch weitere Analysefelder.

Schon früh haben sich einige Anbieter ganz oder teilweise auf Anlageprodukte mit nachhaltigem Ansatz konzentriert – etwa Candriam, Robeco, Jafra Sarasin und andere. Auch für uns sind diese Häuser interessante Produktlieferanten. Sie sehen sich aber einer wachsenden Konkurrenz großer Anbieter gegenüber, die das Anlagefeld ESG-Investments für sich (spät) entdeckt haben.

Das betrifft nicht nur die Produktseite, sondern auch den Wettbewerb um Köpfe. Nahezu flächendeckend werden die Ressourcen im ESG-Segment aufgestockt – mit der Folge eines harten Ringens um Personal, um eine eigene glaubwürdige Expertise aufzubauen. Die Personal-Fluktuation im ESG-Bereich nimmt daher deutlich zu. Dies stellt Produkteinkäufer vor zusätzliche Hürden.

Nach wie vor setzen wir für unsere ESG-Auswahl auf die schon genannten etablierten, spezialisierten Häuser, greifen aber auch auf Produkte von großen Anbietern zurück, von denen wir glauben, dass sie konkurrenzfähige Investmentprozesse aufgesetzt und mit passendem erfahrenem Personal auffüllen konnten. Hier gibt es für uns keine dogmatischen Grenzen. Der Wandel hat Einzug gehalten und der Wettbewerb insgesamt an Intensität zugenommen. Marktanteile werden neu verteilt.

Wir selbst haben bereits seit Anfang der 2000er-Jahre nachhaltige Produkte im Angebot und konnten den Prozess auf diese Weise frühzeitig verfolgen, um gemeinsam mit unseren internen ESG-Experten sinnvoll über Produkte zu entscheiden. Wichtig ist uns dabei der Kontakt zu den handelnden Portfoliomanagern. Ohne direktes Gespräch mit mindestens zwei unserer Fondsanalysten kann kein Produkt den Prüfprozess erfolgreich abschließen. Nur so ist letztlich ein umfassender Eindruck von den Kompetenzen und den Ansätzen des jeweiligen Fondsmanagements möglich.

So konnten wir gerade im ESG-Segment eine eigene Lernkurve erzeugen. Für unser Team gehört und gehörte immer auch ein eigens entwickelter Fragebogen dazu, der, neben allen sonstigen verfügbaren Informationen und Dokumenten, alle für uns wichtigen Bereiche abdeckt. Dazu zählt beispielsweise die systematische Abfrage des Track Records auch außerhalb des zu bewertenden Anlagevehikels, etwa bei einem anderen Produzenten oder als institutionelles Mandat.

Mit dem Aufbau einer ersten dezidierten, nur auf ESG-Ansätze fokussierten, Produktliste im Jahr 2011 entwickelten wir auch diesen Fragebogen zu einem spezialisierten ESG-Fragebogen weiter, der so schon erste Hinweise für den erweiterten Prüfschwerpunkt gab. So fragten wir schon damals erste gängige ESG-Kriterien ab. Obwohl sich der Datenaustausch und die Informationslage über externe Dienstleister stetig verbessert haben, hat der Fragebogen als wichtige interne Analyse-Grundlage nichts von seinem Gewicht eingebüßt. Wir passen ihn den wachsenden Bedürfnissen immer wieder an. So etwa fragen wir die SFDR-Kategorien und Sektoren-Ausschlüsse mit ihren konkreten Definitionen sehr detailliert ab, denn trotz aller gemeinsamen Prozesse bleiben Spielräume beim Test der Ausschlusskriterien. Das ist auch deshalb wichtig, da wir innerhalb der Unicredit-Gruppe einheitliche Mindeststandards definiert und in allen Geschäftsbereichen umgesetzt haben.

Für alle eingesetzten Investmentprodukte überprüfen wir mit den Anbietern im direkten Austausch, ob diese Kriterien auch eingehalten werden. Trotz dieser zusätzlichen Filterkriterien ist der Anteil an ESG-kompatiblen Ergebnissen zuletzt deutlich gestiegen und wird aller Voraussicht nach in wenigen Jahren sogar das Übergewicht darstellen.

Dazu trägt auch bei, dass viele Anbieter dazu übergegangen sind, ursprünglich klassisch konzipierte Produkte auch mit einem ESG-Overlay zu versehen und das Produkt neu zu positionieren. Hier muss man dann genau hinsehen: Wir haben für uns entschieden, dass ein Produkt nach jedem solchen Eingriff erneut überprüft werden muss.

Zahl der Anlage-Instrumente wächst

Hier sind insbesondere grüne und soziale Anleihen zu nennen. Mit beiden beschäftigen sich seit einigen Jahren zahlreiche neue Fonds. Wir haben eine Reihe der Produkte am Markt analysiert und haben uns letztlich als erstes Produkt in diesem Bereich für den Amundi Responsible Investing Impact Green Bond (ISIN: FR0013188729) entschieden. Hier hat uns nicht nur die Performance überzeugt. Auch die Intensität, mit der sich Amundi diesem Segment gewidmet hat, ist beeindruckend. Amundi hat schon sehr früh entsprechende Ressourcen aufgebaut und sich an der Dokumentation von Leitlinien der Anlageklasse beteiligt.

Auch das Arrangement als Impact-Produkt, ermöglicht es dem Anleger, klar quantifizierbar den Einfluss seines Investments zu messen. Der verfügbare Report für das Produkt legt offen, wie viel CO2 ein Investment pro eine Million Euro vermeiden kann (im Moment 607,5 Tonnen CO2). Auch diese Transparenz hilft dem Greenwashing-Vorwurf entgegenzutreten, dem sich viele ESG-Anlagevehikel gegenübersehen.

Grundsätzlich haben wir uns angesichts des sich derzeit noch stark entwickelnden Marktangebots entschieden, dass wir auch Produkte in die Referenzlisten aufnehmen, die zurzeit noch nicht alle dezidierten Anlagekriterien garantieren können, sich selbst aber ambitionierte Ziele gesetzt haben. Ein Beispiel für diese Produktkategorie aus unserer Liste wäre der DWS SDG Global Equities (DE0005152466).

Im Moment kann dieser Fonds sicher nicht garantieren, dass alle Unternehmen zu 100 Prozent die verschiedenen SDGs unterstützen. Das gibt auch das grundsätzlich breite globale Anlageuniversum noch nicht her. Jedoch hat man sich vorgenommen, dass sich nur Unternehmen im Portfolio befinden, die zu mindestens 25 Prozent auf eines der 17 globalen Ziele einzahlen. Zudem sollen auf Portfolio-Ebene mindestens 50 Prozent der Investments die SDGs unterstützen.

Diese Quoten sollen in den nächsten Jahren stetig steigen und so mehr Reinheit gewährleisten. Das ist für uns ein gangbarer Weg, solange die Ansprüche in den nächsten Jahren auch nach oben angepasst werden. Das gibt dem Anleger die Möglichkeit, Druck auf die Konzernvorstände auszuüben, um weiter im Anlageuniversum zu bleiben.

Diese Beispiele zeigen, dass es nicht damit getan ist, jetzt statische Kriterien für Produkte zu definieren. Es geht vielmehr darum, den Weg zur nachhaltigen Geldanlage mitzugestalten. Unser Team wird in Zusammenarbeit mit unserem internen ESG-Experten auch in Zukunft versuchen, unsere Regeln so anzupassen, dass wir die Balance zwischen Reinheit des Investments und Flexibilität der Portfoliomanager sicherstellen können.




Über den Autor:
Maik Schneider arbeitet als Fondsanalyst im Wealth Management & Private Banking der Hypovereinsbank. Für das Institut ist er seit Mai 2000 tätig. Zuvor erwarb er sein Diplom in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Kassel.

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