Wertspeicher statt Zahlungsmittel Die neue Wahrnehmung von Kryptowährungen

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Stattdessen sind Kryptowährungen eher eine Art „neues Gold“, eine eigene Assetklasse zur Wertaufbewahrung. Gerade bei Bitcoin spielt auch die Tatsache, dass die Menge der verfügbaren Einheiten klar begrenzt ist, in diese Analogie hinein. Und wie um Gold hat sich auch rund um Krypto-Assets eine rege Industrie an Händlern, Intermediären und anderen Unternehmern gebildet, die Menschen den Zugang zum Markt gewähren wollen.

Viele von ihnen haben nicht den besten Ruf, darunter einige sogenannte Kryptobörsen. Dort können Anleger zwar Bitcoin kaufen, meist wird das eigene Bitcoin-Guthaben aber zentral bei der Börse gespeichert. Wird diese gehackt kann es passieren, dass das eigene Vermögen schnell weg ist. Gerade während des ersten Booms passierte das noch verhältnismäßig häufig.

Viele Anleger suchen deshalb nach sicheren, seriösen Möglichkeiten, um in Kryptowährungen zu investieren. Christoph Iwaniez will eine solche anbieten. Der gelernte Volkswirt hat früher bei der LBBW sowie an der Entwicklung von Paydirekt mitgearbeitet, einem Online-Bezahlverfahren der deutschen Banken. Doch 2018 wurde ihm die Welt der alten Geldhäuser zu beengt, er wechselte in die Fintech-Szene, zum Start-up Bitwala. Dort ist er heute Finanzchef und Managing Director.

Bitwala soll Bitcoin-Investments direkt vom Girokonto möglich machen. „Wir zielen vor allem auf Mainstreamkunden ab, die sich fragen, warum sie bei ihrer Sparkasse keine Bitcoins kaufen können“, erklärt Iwaniez. Denn gerade in Deutschland seien die Menschen sehr interessiert an Krypto-Investments. „Die Menschen hierzulande sind traditionell sehr inflationsskeptisch, entsprechend waren sie auch schon immer sehr goldbegeistert.“ Nun hofft er, dass sich diese Begeisterung auch auf das „digitale“ Gold überträgt.

Tatsächlich nutzen oder besitzen in Deutschland etwa sechs Prozent der Menschen Kryptowährungen. Das ist nicht viel, unter anderem in Spanien und Griechenland ist der Anteil höher.

Bei Bitwala können Kunden direkt vom Girokonto Bitcoins kaufen, anstatt wie bisher mühsam separate Kryptobörsen. Das Unternehmen kassiert für jeden Kauf oder Verkauf eine Gebühr von 1 Prozent. Neben Bitcoin hat Bitwala auch noch Ethereum im Angebot, nach Marktkapitalisierung die zweitgrößte Kryptowährung. „Bitcoin und Ethereum sind beliebte Investments für Einsteiger“, meint Iwaniez.

Krypto-Analyst Emden weist allerdings darauf hin, dass es gerade die etwas unter dem Radar fliegenden Währungen sind, die für Anleger interessant sein könnten: „Bitcoin performt gar nicht so gut, andere erzielen bessere Ergebnisse.“ Sollten sich Privatanleger nun also auf die neue Anlageform stürzen? Emden ist skeptisch: „Wer in Krypto anlegt, sollte sich darauf vorbereiten, das eingesetzte Geld zu verlieren.“

Das Risiko sei enorm hoch. Wenn, dann sollte man sich auf die großen Währungen konzentrieren, die zumindest schon eine gewisse Marktreife erreicht haben. Die aktuelle Kursentwicklung hält er für überhitzt. „Wenn es schon der Nachbar in der Bild-Zeitung gelesen hat, dann ist es zu spät.“ Die Angst, etwas zu verpassen, sei kein guter Ratgeber: „Auch wenn ich an die grundsätzlich positive Entwicklung glaube.“ Die Entwicklung seit dem Jahresende sei aber nicht mehr gesund.

Auch Bitwala-Finanzchef Iwaniez sieht die Volatilität, ist aber überzeugt, dass die Kunden seiner Firma diese gelassen sehen. „Viele unserer Kunden verfolgen eine Buy-and-Hold-Strategie, da spekulieren die wenigsten“, erklärt er. Für jeden, der ernsthaft in Bitcoin investiere, sei der Kurs sowieso nur eine Momentaufnahme. Sie sind Hodler, so nennt die Krypto-Szene Anleger, die ihre Assets lieber halten, also sie für den schnellen Gewinn zu verkaufen. Hodl steht dabei für „Hold on for dear Life“, festhalten um jeden Preis. Die bisherige Entwicklung gibt ihnen Recht, seit seiner Schaffung im Jahre 2009 ist allein Bitcoin um fast 4.000 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Der Deutsche Aktienindex (Dax) hat in der Zeit „nur“ 222 Prozent zugelegt.

Die Rallye dürfte erstmal weitergehen. Immer mehr Unternehmen kündigen an, in Bitcoin zu investieren, jüngst etwa der Kurznachrichtendienst Twitter, dessen Chef Jack Dorsey auch den Finanzdienstleister Square leitet. Sein Partner dabei ist er Rap-Superstar Jay-Z. Ob und wann das böse Erwachen kommt, weiß keiner.


Über den Autor:

Lars-Thorben Niggehoff ist Gründer des Journalistenbüros „dreimaldrei“, Redakteur beim Finvia Magazin wie auch dem Start-up-Medium Startbase. Als freier Journalist schreibt er unter anderem auch für Brand Eins, den Cicero und die Welt über Wirtschafts-, Immobilien- und Finanzthemen. Niggehoff hat Volkswirtschaftslehre und Sozialwissenschaften studiert und parallel dazu die Kölner Journalistenschule besucht.

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