Nachhaltigkeit ist zu einem der wichtigsten Faktoren bei der Beurteilung von Unternehmen geworden. Die alten Leistungsmerkmale von einseitig profitorientiertem Unternehmertum sind ein Auslaufmodell. Zukunftsfähig ist, wer beim Klimaschutz sowie bei sozialen Standards und Governance gut bewertet wird.
Diese branchenübergreifende Entwicklung bringt große Veränderungen mit sich, die ähnlich grundle...
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Nachhaltigkeit ist zu einem der wichtigsten Faktoren bei der Beurteilung von Unternehmen geworden. Die alten Leistungsmerkmale von einseitig profitorientiertem Unternehmertum sind ein Auslaufmodell. Zukunftsfähig ist, wer beim Klimaschutz sowie bei sozialen Standards und Governance gut bewertet wird.
Diese branchenübergreifende Entwicklung bringt große Veränderungen mit sich, die ähnlich grundlegend sind wie die E-Mobilität in der Automobilindustrie oder das Prinzip des Fair Trade in der Konsumgüterindustrie. Unternehmerische Haltung ist heute gefragt – als Grundlage für nachhaltigen Erfolg. Das erfordert ein neues Denken und eine neue Führungskultur.
Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Auch die Branche der Finanzdienstleistung spürt diesen Wandel deutlich. In der Kapitalanlage und Vermögensverwaltung ist Nachhaltigkeit längst zur Standardanforderung geworden. Es gilt, Investitionsentscheidungen zu treffen, die auf den Klimaschutz und den sozialen Fortschritt einzahlen und die gleichzeitig die Governance-Standards fördern. Während aktuell vor allem die sozialen Aspekte der sogenannten ESG-Kriterien in den Fokus rücken, fehlt es allerdings noch an einem einheitlichen Bewertungssystem. Die EU-Regelung zur Taxonomie und Offenlegung von Nachhaltigkeit im Finanzwesen soll hier Klarheit schaffen und die willkürliche Auslegung von Nachhaltigkeit unterbinden.
Dieser Umbruch schafft einen starken Veränderungsdruck für die gesamte Branche, auch für Family Offices und Vermögensverwaltungen. Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit und der Reputation, die Standards, die man als investmentrelevant sieht, selbst als Unternehmen und Arbeitgeber ernst zu nehmen. Wenn Family Offices also dem Wunsch ihrer Klienten nach verantwortungsvollen Investments im sozialen Sinne nachkommen, ohne selbst eine nachhaltige Personalstrategie zu verfolgen, entsteht dadurch ein Konflikt zwischen dem eigenen Investment- und Arbeitgeberprofil. Diese Diskrepanz hat gravierende Folgen für die Reputation bei Anlegern wie Kandidaten.
Folgen für Führung und Management
Wer sich glaubhaft und authentisch pro Nachhaltigkeit positionieren will, für den muss es um beides gehen: das Renditepotenzial von nachhaltigen Investments auszuschöpfen und in eine nachhaltige Mitarbeiterführung zu investieren. Heutzutage werden Unternehmen und ihre Führungen nicht nur danach beurteilt, welche Benefits sie Mitarbeitern bieten. Es zählt nicht mehr allein das Geld als Anreiz. „Bei wem möchte ich arbeiten?“ Diese Frage stellen sich Top-Kandidaten künftig vor allem im Hinblick darauf, welche Firmen sich intensiv und glaubhaft mit Nachhaltigkeit auseinandersetzen, als Vorbild agieren und eine klare Haltung vertreten.
Was eine nachhaltige Personalstrategie auszeichnet:
- Eine Unternehmenskultur, die auf Vertrauen, Respekt und Wertschätzung basiert
- Kontinuität in der Strategie, dem Management und den Mitarbeitern
- Eine umfassende Förderung von Diversität in allen Bereichen
- Mehr Achtsamkeit für individuelle Talente und Perspektiven der Mitarbeiter
- Mehr Eigenverantwortung für Mitarbeiter
- Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatem mit entsprechender Flexibilität der Arbeitszeiten
- Eine pragmatische Meeting-Kultur
- Informelle Austauschformate
Was das von Führungskräften fordert:
- Persönlichkeit: Loslassen können und Vertrauen schenken, klare und authentische Haltung zu Nachhaltigkeit
- Motivation: Mitarbeiter für Unternehmenswerte und gemeinsame Vision begeistern
- Vorbildfunktion: auf dem Weg in neue Arbeitswelt mit gutem Beispiel vorangehen
- Kommunikation: mehr persönlicher Dialog auf Augenhöhe
- Führung: Mitarbeiter bewusst fördern
- Bewusstsein: empathischer und partnerschaftlicher Führungsstil
Hier gibt es einige Vorreiter. Dennoch haben viele Family Offices diese Entwicklung noch nicht aufgegriffen und lassen dadurch möglicherweise Chancen ungenutzt. Vielen fällt es anscheinend schwer, sich vom traditionell konservativen Selbstverständnis zu lösen. Häufig wird vermutet, dass die neue nachhaltige Kultur leistungsfeindlich sei und damit im Gegensatz zum Leistungsprinzip steht, das gerade in der Finanzwelt einen hohen Stellenwert hat.
Gleichzeitig sorgt der Trend hin zum hybriden Arbeiten für Skepsis. Diese Bedenken gilt es abzulegen, um die Mitarbeiter zu mehr Eigenverantwortung zu inspirieren, die es zum mobilen Arbeiten braucht. Dabei ist eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Führung und Mitarbeitern extrem wichtig. Die Zusammenarbeit im Team sollte so geregelt sein, dass Funktionen ausgefüllt werden, auch wenn Teammitglieder abwesend oder ausgeschieden sind. Das betrifft insbesondere auch die Nachfolgeregelung auf Führungsebene. Dort gilt es, die nachfolgende Führungsgeneration zu fördern und frühzeitig auf ihre künftige Funktion vorzubereiten.