„Grüne“ Blasen vermeiden Die Nachteile von ESG-Scores und wie sie in die Irre führen

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Unsere Hypothese ist daher, dass ESG-Ratings Anleger in die Irre führen können. Um dies zu überprüfen, haben wir ein hypothetisches Portfolio erstellt, das alle Unternehmen enthält, die wir von unserer sozial verantwortlichen Anlagestrategie (SRI) ausschließen. Dies umfasst unter anderem Öl-, Gas-, Tabak- und Alkohol-Unternehmen sowie kontrovers diskutierte Firmen. Das Ergebnis? Dieses hypothetische Portfolio würde von MSCI ein ESG-Rating von AA erhalten und wäre somit eine gute bewertete Anlage mit einem ähnlichen Rating wie unser nachhaltiges Portfolio.

Es scheint klar, dass echte Nachhaltigkeit und gute ESG-Ratings zwei sehr unterschiedliche Dinge sind. Ein Unternehmen kann ein schwarzes Schaf in einer nachhaltigen Branche sein und umgekehrt.

Wege zu einer besseren Nachhaltigkeit

Wir beschreiben unsere SRI-Philosophie als „Nachhaltigkeit zu einem angemessenen Preis“. Das Wort Nachhaltigkeit ist wichtig, da unser primäres Ziel darin besteht, in Unternehmen zu investieren, die sich entweder signifikant mit nachhaltigen Themen (beispielsweise Gesundheit, Energieeffizienz, Kreislaufwirtschaft oder Bildung) befassen oder sich in einer Übergangsphase zu einem nachhaltigeren Geschäftsmodell befinden. Wir mögen zwar auch die heutigen „grünen Marktführer“, aber wir denken, dass Investoren ihren Einfluss nutzen sollten, um Unternehmen nachhaltiger zu machen.

Unternehmen, die sich verbessern, bieten unserer Meinung nach die besten Gelegenheiten – sowohl in Bezug auf ihre Renditen als auch ihren gesellschaftlichen Einfluss. Ein gutes Beispiel dafür ist Stora Enso, ein finnischer Anbieter von erneuerbaren Lösungen für Papier und Verpackung. Noch vor 15 Jahren erwirtschaftete das Unternehmen mehr als 70 Prozent seiner Einnahmen mit der Papierherstellung – ein Geschäft, das alles andere als nachhaltig ist. 


Heute liegt die Hälfte des Unternehmenswerts in den Wäldern, die rund 3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr absorbieren – eine Zahl, die mit den Wäldern wächst. Außerdem stellt Stora Enso Verpackungen auf Faserbasis her, die viel weniger CO2-intensiv und leichter zu recyceln sind als ihre Alternativen aus Plastik und Glas, sowie Holzprodukte, die Beton und Stahl im Bauwesen ersetzen. Wir schätzen, dass die altmodische Papierproduktion ab 2021 nur noch zehn Prozent des Ergebnisses ausmachen wird, da das Unternehmen Fabriken schließt oder sie für andere Zwecke nutzt.

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Diese Philosophie bedeutet nicht, dass die ESG-Analyse in unserem Investmentprozess nicht relevant ist. Im Gegenteil: ESG-Kriterien sind ein integraler Bestandteil der Aktienauswahl in allen Fonds von Zadig. Unternehmen mit kontroversen Praktiken, die keine Anzeichen zeigen, dass sie sich verändern, werden wahrscheinlich in keinem unserer Portfolios landen. Aber da sich aktuell der gesamte Markt auf der Suche nach profitablen Anlageideen den Themen ESG und SRI zuwendet, gibt es eine Tendenz, sich nur auf eine einige wenige Unternehmen, die heutigen Marktführer, zu konzentrieren.

Wir hingegen versuchen, zwei oder drei Jahre vorauszuschauen, um Unternehmen zu finden, die radikale Verbesserungen vornehmen. Durch diesen antizyklischen Blick auf den Markt zielen wir darauf ab, Portfolios zu erstellen, die sich signifikant von denen der Wettbewerber unterscheiden und so die Gefahren einer „grünen Blase“ zu vermeiden.



Über den Autor:
Louis Larere ist SRI-Portfoliomanager von Zadig Asset Management, eine der Partner-Boutiquen von IM Global Partner – ein weltweites Netzwerk, das sich der Vermögensverwaltung widmet.

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