Investieren in Schmuck- und Möbelstücke „Die nachgefragtesten Stücke stammen momentan aus dem Art Deco”

Jugendstil-Schreibtisch, Entwurf von Josef Hoffmann um 1901

Jugendstil-Schreibtisch, Entwurf von Josef Hoffmann um 1901

Der oft zitierte Mei Moses Fine Art Index, der die Preisentwicklung an New Yorker und Londoner Kunstmärkten abbildet, hat den US-Aktienindex S&P 500 in sechs der vergangenen zehn Jahre geschlagen: Im Schnitt machte er ein Plus von 7,8 Prozent, der US-Index nur 2,7 Prozent.

Michael Moses, Schöpfer des Kunst-Index, erklärte jüngst in der Financial Times: „Die Preise für Kunst korrelieren nicht mit plötzlichen Schwankungen an den Aktienmärkten, sondern spiegeln vielmehr Veränderungen in der Schaffung und Vernichtung von Vermögen wider.“ Er sei vom aktuellen Wachstum nicht überrascht, „da wir keine Vernichtung von Vermögen wie etwa in den Jahren 2008 und 2009 erleben." Die Experten von ABN Amro Private Bank Wealth Management empfehlen Anlegern der mittleren bis hohen Risikostufe, 4 bis 6 Prozent des Portfolios in Kunst anzulegen.

„Man kauft nicht nur ein Möbel oder ein wertvolles Metall“

Werttreiber einer Antiquität ist ihre Seltenheit. Per Definition kann sie nicht neu hergestellt werden, das Angebot qualitativ hochwertiger Antiquitäten ist also statisch oder fallend. Investoren hoffen auf einen langfristigen Wertzuwachs einer Antiquität und können sich gleichzeitig an ihrer Originalität und Kunstschaffenheit erfreuen. „Man kauft nicht nur ein Möbel oder ein wertvolles Metall, sondern ein Kunstobjekt, das in der Regel einzigartig ist und nicht selten eine eigene Geschichte hat”, erklärt Ingrid Vieregg-Gülsen, Inhaberin des renommierten Berliner Antiquitätenhandels “Bleibtreu-Antik”.

Wichtig beim Investieren in Antiquitäten ist vor allem eine gute Sachkenntnis oder zumindest eine fachkundige Beratung. Denn nicht alles, was alt aussieht ist auch wertvoll, und nicht alle Epochen sind gleichermaßen gefragt. „Klassizismus, Biedermeiner, Jugendstil und Art Deco sind wertbeständige Antik-Epochen und lassen sich darüber hinaus am stilsichersten in moderne Wohneinrichtungen integrieren”, so Vieregg-Gülsen, die seit über 40 Jahren im Antiquitätenhandel tätig ist.

Für antiken Schmuck gilt zudem: Im Vergleich zu Aktien und Anleihen ist der Wert von Edelmetallen wie Gold und Silber in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Investoren profitieren beim Kauf von antikem Gold- und Silberschmuck nicht nur vom steigenden Rohstoffpreis, sondern zusätzlich vom Wertzuwachs aufgrund von Alter und Rarität – ein entscheidender Unterschied im Vergleich zum Erwerb einer Münze oder eines Barrens.

„Die nachgefragtesten Stücke stammen momentan aus den 1920er und 1930er Jahren, dem Art Deco”

Originale Antiquitäten sind in der Regel Einzelstücke, so dass eine zweifache Knappheit – nämlich von Rohstoff und Sammlerstück – ein insgesamt größeres Potenzial einräumt als moderne Schmuck-Massenware aus Edelmetall.

Der Wert von antiken Schmuckstücken des 20. Jahrhunderts beispielsweise aus den berühmten Wiener Werkstätten (Josef Hoffmann, Kolo Moser u.a.) und der Arts and Crafts-Bewegung in Großbritannien (William Morris, John Ruskin u.a.) oder Jugendstil-Schmuck etwa von George Pierre (GIP) und Elizabeth Bonté wird indes weniger durch das verwendete Material bestimmt, als durch das Design und die originelle Verarbeitung.

Gleiches gilt für Schmuck aus neueren Werkstoffen wie Bakelit, ab Anfang der 30er Jahre. „Die nachgefragtesten Stücke stammen momentan aus den 1920er und 1930er Jahren, dem Art Deco”, sagt Francois Curiel, International Head of Jewellery beim Auktionshaus Christie’s. In letzter Zeit seien weniger Stücke auf dem Markt und in der Konsequenz hätten sich die Preise für Schmuck aus dieser Epoche verdoppelt bis verdreifacht.

„Die neuen Reichen wollen ihre wertvollen Werke Freunden zeigen“

Antiquitäten sollten nicht zuletzt vom wachsenden Wohlstand der Schwellenländer profitieren. “In den vergangenen Monaten haben wir immer häufiger Kunden aus China und Russland, die sich für europäischen Antiquitäten interessieren”, sagt Vieregg-Gülsen. Wenn chinesische Investoren bereit sind, in europäische Antiquitäten zu investieren, ist dies ein Anzeichen für Qualität und Wertkonstanz der antiken Stücke.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein gut erhaltener originaler Sekretär aus der Biedermeier-Zeit oder eine kunstvoll gestaltete viktorianische Halskette in kurzer Zeit ihren Wert verlieren sollten. "In China gibt es massiven Reichtum. Und die neuen Reichen wollen ihre wertvollen Werke Freunden zeigen. Es sind nicht viele [Investoren] notwendig, damit es zu einem Anstieg der Preise kommt", sagt Philip Hoffman, CEO der Fine Art Fund Group, die Kunstwerke mit rund 100 Millionen Dollar verwaltet.

Am Beispiel dieses Jugendstil-Schreibtischs (Entwurf Josef Hoffmann, um 1901, siehe Foto) lässt sich die Wertsteigerung von Antiquitäten eindrucksvoll nachvollziehen. Dieses Möbel wurde im Jahr 1975 für zirka 200 D-Mark in Berlin erworben. Der geschätzte Auktionspreis nach seiner Restaurierung liegt heute bei zirka 20.000 Euro. Antiquitäten wie diese lassen sich sehr gut in moderne Inneneinrichtungen integrieren, so dass Lagerkosten, die mitunter beim Investment in antike Kunst angeführt werden, vernachlässigt werden können.



Wer in Antiquitäten investiert, sollte vorab intensiv recherchieren. Der Besuch von Auktionen und Fachmessen ist ein guter Weg, sich ein Bild von der Marktsituation zu machen, und auch das Internet bietet hilfreiche Informationsmöglichkeiten. Erst seit kurzem gibt es auch einige seriöse Geschäfte, die den Handel mit qualitativ hochwertigen Originalen über das Internet ermöglichen. Wichtig ist hier auf ein Rückgaberecht und die Möglichkeit der Vorabbesichtigung zu achten.


Weitere Quellen:

Goodwin, James (2006): Art and antiques, in The Handbook of Personal Wealth Management, London, S. 254-264.)

BADA Annual Survey (26.07.2012): total sales up 22% to £855 million, in: http://www.antique-collecting.co.uk/bada-annual-survey-results/ (29.08.2012)

Campbell, Rachel (2007): Art as a Financial Investment, Working Paper, Maastricht University.

www.jakob-bengel.de (29.08.2012)

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