Ralf Zimmermann "Die lockere Geldpolitik ist in der Fed nicht unumstritten"

Ralf Zimmermann, Investmentchef bei Döttinger / Straubinger

Ralf Zimmermann, Investmentchef bei Döttinger / Straubinger

Gestern Abend hat die US-Notenbank die Märkte mit einem recht "hawkishen", also restriktiven, Protokoll zur vergangenen Fed-Sitzung überrascht:  "Einige Teilnehmer stellten fest, dass eine laufende Bewertung der Wirksamkeit, Kosten und Risiken der Assetkäufe dazu führen könnte, dass die Fed ihre Käufe auslaufen lässt bevor eine substantielle Besserung am Arbeitsmarkt eingetreten ist." Ergebnis: Rückgänge bei Aktien und Gold, erstaunlicherweise sind die Zinsen auch gefallen.

Auch in der Fed ist die ultralockere Geldpolitik nicht unumstritten - zum Glück angesichts der Risiken! Insofern sind diese Diskussionen mehr als verständlich. Ein Problem entsteht für die Fed auch dann, wenn es aufgrund einer Besserung der Konjunktur zu einem Zinserhöhungszyklus kommen sollt. Dann wird die Fed aufgrund der Zinszahlungen an die Banken für deren hohen Überschussreserven hohe Verluste machen. (Die Fed wird vor allem gute Public-Relations-Leute einstellen müssen, um das der Politik und der Öffentlichkeit zu erklären. Der US-Finanzminister dürfte sich an die Rekordgewinne der Vergangenheit gewöhnt haben; die Öffentlichkeit wird bei möglichen Milliardenüberweisungen der Notenbank an die Banken manche Fragen stellen.)

Das Protokoll sorgt natürlich für Unsicherheit, aber auf mittlere Sicht bleibt es aus meiner Sicht dabei: Die Fed wird bellen, aber nicht beißen! Es wird Diskussionen geben, aber kommt es zum geldpolitischen Schwur, wird sie einknicken und sich eine restriktive Politik nicht zutrauen. Ein neuer  Volcker, der sich wie der Fed-Chef der 1970er/80er Jahre mit Zinserhöhungen gegen Politik und Öffentlichkeit stellte, ist nicht in Sicht.

Sie sind neugierig aufs Private Banking?

Wir auch. Abonnieren Sie unseren Newsletter „pbm daily“. Wir versorgen Sie vier Tage die Woche mit aktuellen Nachrichten und exklusiven Personalien aus der Welt des Private Bankings.

Die Symbiose zwischen Notenbank, Märkte und Politik ist zu eng. Die Notenbank wird sich wohl nicht - selbst wenn sie es wollte - gegen eine Politik durchsetzen können, die ein nachhaltiges Interesse an niedrigen Zinsen hat. Unabhängige Notenbanken gehören der Vergangenheit an. Es ist bezeichnend, dass vor allem die Chefs der regionalen Notenbankdistrikte fern der Wall Street kritisch gegenüber der aktuellen Geldpolitik sind. Die Mitglieder des Fed Boards in Washington hingegen, die schon geographisch näher an Politik und Kapitalmarkt sitzen und die überproportional stimmberechtigt sind, unterstützen grosso modo weiter eine aggressive Geldpolitik.

Insofern wird "Liquidität" positiv für Aktien bleiben - und niedrigere Kurse sind eher Kaufgelegenheiten. Allerdings scheint es dafür vor der Italienwahl zu früh zu sein. Der Markt hat das Thema weitgehend ignoriert, weil er grosso modo von keinen großen Politikveränderungen ausgeht. Die 10-jährigen Zinsen sind nur knapp 30 Basispunkte über den zyklischen Tiefs. Daran gemessen sind weitere Aktienverluste gut möglich. Allerdings ist angesichts der Stabilisierungshinweise in der Konjunktur kein Einbruch zu erwarten.

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen