Die Krux der Grunderwerbsteuer Wie Immobilienfonds den Steuerzahler hunderte Millionen Euro kosten

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Die Rechnung ist einfach: Bei nur 3 Milliarden Euro Investitionssumme würden 180 Millionen Euro Grunderwerbsteuer bei einem Satz von 6 Prozent anfallen. In den vergangenen drei Jahren wurden in Deutschland Transaktionen auf dem Immobilien-Investmentmarkt von mehr als 200 Milliarden Euro abgewickelt.

Das Niveau vor der Finanzkrise wurde damit erreicht und teilweise übertroffen. Dabei ist sicher: Es wurden mehr als 1,5 Prozent aller Investitionen der zurückliegenden drei Jahre über Gestaltungen verwirklicht, wie oben beschrieben. Die nicht realisierten Steuern liegen damit entsprechend hoch.

Natürlich erzielen die Investoren damit höhere Einnahmen, die sie versteuern. Da diese Investoren aber nur zu einem Bruchteil in Deutschland ansässig sein dürften, fließen kaum erhöhte Steuereinnahmen an den Fiskus zurück. Der Bürger wird dagegen weiterhin – in Zeiten, in denen private Vorsorge schwieriger denn je geworden ist – mit aller Konsequenz getroffen, wenn es um den Erwerb des Eigenheims für die Familie geht.

Grunderwerbssteuer senken

In Zeiten von Paradise Papers sollte man nicht auf Sensationsfunde aus dem Ausland hoffen und internationale Strukturierung verteufeln. Was man nicht vergessen darf: Wenn die Strukturierung vor allem kostengünstigen organisatorischen Zwecken dient, kommen bei den Investoren höhere steuerpflichtige Einkünfte an, die sie zu versteuern haben. Oder Investitionen werden erst dadurch wirtschaftlich tragfähig.

Wenn wir die Prinzipien von Gewinnbesteuerung, Thesaurierung und Ausschüttung ohne grundsätzliche Substanzbesteuerung beibehalten wollen, müssen wir damit leben. Mit dem Kapital werden nicht zuletzt internationaler Handel und Investitionen ermöglicht.

Ob die Anhäufung ungenutzter Liquiditätsreserven – die in ihrer Größe in Konkurrenz zu Nationalstaaten stehen können – wirtschaftlich oder moralisch Sinn macht, muss gesondert beurteilt werden. Solange der Rechtsrahmen eingehalten wird, darf es eigentlich nicht verurteilt werden.

Die Unternehmenslenker verfolgen in der Regel damit den Zweck, die Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Dafür werden sie auch bezahlt. Was geschieht, wenn dies außer Acht bleibt, kann man an Insolvenzen wie bei Air Berlin und anderen live erleben.

Innerhalb des eigenen Landes kann man bereits viel mehr erreichen, wenn man die Mechanismen versteht und einem internationalen Umfeld entsprechende Regelungen schnell trifft. Leider haben Sachverhalte wie die Cum-Ex-Geschäfte und auch die Grunderwerbsteuer gezeigt, dass die Handelnden hier jeglichen Sachverstand vermissen lassen und frühe Hinweise aus verschiedenen Richtungen in den Wind geschlagen haben.

Langes Zögern kann man sich heute politisch nicht mehr leisten. Deutschland wird auch weiterhin in jeder Form Investitionen anziehen. Hierfür müssen die Rahmenbedingungen eben für alle passen.

Wenn die Grunderwerbsteuer gesenkt wird, aber dafür alle Geschäfte erfasst werden können, werden die Einnahmen mindestens gleich hoch bleiben. Der Anreiz für Umgehungen sinkt damit ebenfalls. Bei der privaten Vorsorge kann dann sogar Platz für Steuererleichterungen sein, wenn der Ersterwerb einer selbstgenutzten Immobilie de lege ferenda steuerbefreit ist.

 

Über den Autor:
Alexander Letzsch ist Jurist mit einem Executive-MBA-Abschluss der Pariser Hochschule École des hautes études commerciales (HEC Paris) und arbeitet seit mehr als 20 Jahren in verschiedenen leitenden Positionen im In- und Ausland im Bereich der Vermögensverwaltung, -planung und -strukturierung.

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