Die große Analyse Wie sich Chinas Wirtschaft nach Corona zurückkämpft

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Industrieproduktion und Anlageinvestitionen erholen sich am schnellsten

Das verarbeitende Gewerbe in China erholt sich schnell. Unternehmen haben für die Fabrikarbeiter Pläne zur schrittweisen Rückkehr an den Arbeitsplatz eingeführt, die von den Behörden vor Ort unterstützt werden. Dies führte dazu, dass der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in China von 35,7 im Februar auf 52,0 im März stieg. Bis Mitte April scheint sich auch die Industrieproduktion normalisiert zu haben (Abbildung 2).

Die Situation im Dienstleistungssektor gestaltet sich ein wenig uneinheitlicher. Aber auch hier gibt es Anzeichen auf eine schrittweise Erholung. Es ist nun die Entscheidung der privaten Haushalte, wie viel sie für Dienstleistungen ausgeben möchten. Es gibt jedoch auch von Provinz zu Provinz Unterschiede im Dienstleistungsangebot. Aufgrund der Abstandsregelungen und der verhalteneren Stimmung ist die Nachfrage im Dienstleistungssektor nur etwa halb so hoch wie normalerweise, wie Gespräche mit Unternehmen ergeben haben.

Abbildung 2: Umsatzzahlen im Einzelhandel bleiben hinter der Industrieproduktion zurück (vergrößern), Quelle: CEIC, Morgan Stanley research, ‘1Q data: Bottleneck shifted from supply to demand,’

Chinas Reform beschleunigt sich durch Investitionen in neue Infrastruktur

Seit der Finanzkrise setzt die chinesische Regierung bei Bedarf antizyklische Maßnahmen ein, um zu verhindern, dass das Land in eine Rezession abrutscht. Die Regierung hat nun ein Konjunkturprogramm ins Leben gerufen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 abzumildern. Dieses umfasst Investitionen in neue Infrastruktur, darunter 5G-Basisstationen, künstliche Intelligenz (KI), Datenzentren, Hochgeschwindigkeitszüge, IoT-Lösungen, Ultra-Hochspannungsnetze und Ladestationen für E-Autos. Laut Morgan Stanley werden sich die chinesischen Investitionen in den nächsten 10 Jahren in diesen Bereichen auf knapp 180 Milliarden US-Dollar belaufen (Abbildung 3). Diese neue Infrastruktur soll nicht nur die kurzfristige Konjunkturabkühlung bremsen, sondern auch langfristig die Produktivität durch den Einsatz von Technologien der nächsten Generation steigern. Dies begünstigt ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum, da damit der Belastung einer alternden Bevölkerung entgegengesteuert wird.

Abbildung 3: China forciert Investitionen in Technologien der nächsten Generation (vergrößern); Quelle: Morgan Stanley research estimates, company data ‘New infrastructure opportunities handbook’

Derartige Entwicklungen zeigen auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Chinas, unter anderem im weltweiten Rennen um den Ausbau von 5G-Netzwerken. Im März gab das Ministerium für Industrie und Informationstechnik eine Richtlinie heraus, die die Kommunalbehörden dazu aufrief, den Ausbau des 5G-Netzwerkes zu beschleunigen. Staatseigene Telekommunikationsunternehmen haben die anvisierte Zahl neuer Basisstationen von 500.000 auf 550.000 bis 600.000 angehoben. Im Jahr 2019 waren es lediglich 130.000. Dies führte zu einem deutlichen Nachfrageanstieg nach Telekommunikationszubehör, wie zum Beispiel Platinen, Antennen und Glasfasern. Auch Hersteller von Internettechnik und Datenservern verzeichnen stark steigende Auftragseingänge und Umsatzzahlen. Anders als 5G-Basisstationen werden die Investitionen in Datenzentren von den privaten Internetgiganten angeführt. Alibaba mit Hauptsitz in Hangzhou hat als erster High-Tech-Gigant angekündigt, die Investitionsausgaben für Cloud-Angebote zu verdoppeln. Wir erwarten, dass die Konkurrenten Baidu und Tencent ähnliche Schritte ankündigen werden.