Martin Hüfner "Die Geldmenge M3 steht auf der Kippe"

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In den USA war M3 in der politischen Diskussion vorübergehend so wichtig geworden, dass die Federal Reserve rigoros beschloss, die Zahlen dazu nicht mehr zu veröffentlichen. Sie wollte damit unliebsamen Diskussionen in der Öffentlichkeit entgehen. (Offiziell sagte man, die Größe führe zu zu vielen Missverständnissen).

Heute ist es ruhiger um M3 geworden. Der EZB ist die Entwicklung dieser Größe nur noch zwei Seiten in ihrem Monatsbericht wert. Der Präsident der EZB erwähnt sie, wenn überhaupt, nur noch selten in seinen monatlichen Statements. Das zeigt, wie sehr sich die EZB von der Bundesbank entfernt hat und eine eigene Identität entwickelt.

Dabei sind den Zahlen nach wie vor wichtige Informationen zu entnehmen. Grundsätzlich kann eine Beschleunigung der monetären Expansion, wie wir sie derzeit beobachten, auf zwei Gründe zurückgeführt werden. Der eine könnte sein, dass die Wirtschaft expandiert, die Banken mehr Kredit vergeben und die Wirtschaft dadurch mehr Geld hat und braucht. Das ist aber derzeit nicht der Fall. Die Kreditgewährung der Banken an Unternehmen und Privatpersonen geht schon seit einigen Monaten absolut zurück (Dezember -0,7 Prozent).

Die zweite Möglichkeit ist, dass Unternehmen und Privatpersonen ihre Kassenhaltung erhöhen, also mehr Geld auf ihren Konten halten, als unter normalen Umständen benötigt wird. Sie wissen nicht, wie es weitergeht. Sie bereiten sich auf alle Eventualitäten vor. Dabei kommt ihnen zugute, dass die zusätzliche Kassenhaltung wegen der niedrigen Zinsen keine besonders hohen Kosten erfordert.

Das ist das, was man in der ökonomischen Theorie "Liquiditätsfalle" nennt. Es gibt immer mehr Geld. Dieses entfaltet aber keine Wirkung. Weder kann es die Zinsen weiter senken, noch führt es zu einer Besserung der Konjunktur. Allenfalls wirkt es sich als "Liquiditätshausse" positiv auf die Kapitalmärkte aus.

Das ist freilich kein stabiler Zustand. In Abwandlung eines Spruchs des Ökonomen Joseph Schumpeter, ist es ein bisschen wie der Wurstvorrat, den sich ein Hund hält. Er ist nicht von Dauer. Aktienkurse können sich aufgrund der hohen Liquidität nicht auf ewig von den Fundamentaldaten lösen. Irgendwann müssen sie zurückfallen (oder die Fundamentaldaten bessern sich und schließen zu den besseren Kursen auf).

Wir befinden uns in einer Zwickmühle: Entweder bildet sich die Kassenhaltung der Wirtschaft wieder zurück (das wäre dann das Ende der Liquiditätshausse an den Aktienmärkten). Oder die Konjunktur kommt doch auf Trab. Das bringt dann aber die Gefahr stärkerer Geldentwertung.

Noch ist das Ungleichgewicht nicht so groß, dass unmittelbare Gefahren drohen. Eine Zunahme von M3 um 4 Prozent entspricht in etwa dem nominalen Potenzialwachstum in Euroland. Eine solche Größenordnung könnte sich eine Zentralbank als geldpolitisches Ziel setzen. Im Übrigen hatte sich die Wachstumsrate der Geldmenge im Dezember leicht verringert. Aber Vorsicht wenn es mehr wird.

Für den Anleger

Nutzen Sie die Zeit, in der die Märkte noch von der Liquidität getrieben werden. Das kann aus meiner Sicht noch ein bisschen dauern, wobei es natürlich auch da immer wieder Schwankungen geben wird. Wenn die Konjunktur anspringt (oder wenn M3 zurückgeht), wird dieses Spiel vorbei sein. Das Ende ist absehbar.

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