Nach einem Jahr mit Corona Die fünf großen Investment-Fragen für Family Offices

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Die großen Fünf der Investmentwelt

Zum Jahreswechsel müssen sich Family Offices deshalb fünf Fragen stellen, um ihre Asset Allocation für das kommende Jahr entsprechen auszurichten:  

  1. Sind die Portfolios zu stark in US-Werte und den US-Dollar gewichtet? Was ist hier in den kommenden vier Jahren zu erwarten?
  2. Die vermutlich schwierigste Frage: Wie geht man mit Spreads und Zinssätzen nahe Null um?
  3. Werden wir eine Wende im Kreditzyklus sehen und kommt eine Welle von Zahlungsausfällen auf uns zu?
  4. Wenn der beste Einstiegszeitpunkt für Public-Equity-Investitionen verpasst wurde und Real Estate und Private Markets wegen ihrer Illiquidität keine Option sind – welche Strategien kommen in Frage?
  5. Wie bekomme ich auf wachstumsschwachen Märkten Growth und Innovation in mein Portfolio?

Diejenigen, die zu dem Entschluss kommen, ein zu großes Exposure gegenüber der US-Wirtschaft zu haben, sehen jetzt vermehrt Chancen in Europa, Japan und in Schwellenländern. Diejenigen, die davon ausgehen, dass der US-Dollar einbricht, diversifizieren jetzt in andere Währungen, Gold und zum Teil auch in Bitcoin.

Diese Frage betrifft sowohl den Fixed-Income- als auch den Absolute-Return-Teil des Portfolios. Aus diesem Grund schaffen einige Investmentchefs Platz für mehr unkorrelierte Erträge in ihrem Portfolio und suchen nach absoluten Erträgen in weniger liquiden Märkten wie Lebensversicherungen, Insurance Linked Securities und Lizenzeinnahmen.  

Family Offices, die 2021 eine Wende im Kreditzyklus erwarten, sind geduldig und investieren in Strategien, die von Marktverwerfungen profitieren können, zum Beispiel Distressed Credit, Special Situations und Private Equity Secondaries. Diejenigen, die glauben, dass die Stimulierungsmaßnahmen der Zentralbanken und Regierungen eine Welle von Zahlungsausfällen abgewendet haben, suchen stattdessen nach Public Equity, wachstumsorientiertem Private Equity und privaten Schuldtiteln.

Für Investoren ist es psychologisch gesehen schwer jetz am Aktienmarkt zu kaufen, nachdem sie im März, April und Mai die Chance, günstig einzusteigen, verpasst haben. Gleichzeitig bestehen aber große Bedenken gegenüber Immobilien und Private Equity aufgrund des derzeitigen wirtschaftlichen Wandels und dem Wunsch, die Liquidität zu erhalten.  Dadurch steigt der Bedarf nach direkten Private-Equity-Finanzierungen und spezifischen Möglichkeiten statt konventionellen Fonds.

Die letzte Frage ist sehr komplex: Viele gehen jetzt davon aus, dass ein jedes Unternehmen zu einem Technologieunternehmen wird. Andere sehen im Sektor hingegen eine Blase, die platzen wird, sobald die Zinsen steigen. Auch Family Offices beschäftigen sich zunehmend mit der Frage, wo und wie sie ihre Anlageinteresse in Innovationen und Technologietrends umsichtig erhöhen können. Potenzial sehen viele in großen thematischen Strategien, mit denen sich Geld verdienen lässt wie Digitalisierung, 5G-Konnektivität und andere zukünftige Megatrends wie autonomes Fahren und E- Fahrzeuge.

Bei Neuberger Berman ist allen klar, dass das Anlageumfeld typisch frühzyklische Dynamiken bereit hält, die an erster Stelle von Populismus und der beschleunigten digitalen Transformation beeinflusst werden. Deswegen handeln wir bei festverzinslichen Wertpapieren eher opportunistisch, während wir bei Aktien auf langfristiges Kapitalwachstum gegenüber Wertsteigerung bevorzugen und uns auf wenige Themen konzentrieren, die generell auf Wachstum ausgerichtet sind.

Im Bereich Private Markets bevorzugen wir dagegen ein stabiles Wachstum und glauben, dass auch individuell angepasste Strategien wie Secondaries, Insurance Linked Securities und strukturiert Kredite 2021 die Renditen antreiben können. 

Was das Jahr 2021 bringen könnte, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Entsprechend gibt es auch eine Vielzahl von Ansätzen für Investitionen und den Aufbau von Portfolios. Es scheint, dass jedes Family Office auch nächstes Jahr auf seine eigene Weise, glücklich oder unglücklich wird.

 


Über den Autor:
Ahmed Husain verantwortet das EMEA-Geschäft des Asset Managers Neuberger Berman mit Family Offices und Endowments-Einrichtungen. Zur US-Gesellschaft kam er 2018 von Lombard Odier Investment Management, bei der er eine ähnliche Verantwortung trug. 

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