Eyb & Wallwitz "Die EZB kann Süd-Europas Probleme nicht lösen"

Ernst Konrad, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Eyb & Wallwitz

Ernst Konrad, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Eyb & Wallwitz

Die Notenbanken haben es wieder einmal geschafft, die Finanzmärkte in Jubelstimmung zu versetzen. Bereits im Juli hatte Mario Draghi mit der Aussage, die EZB werde alles in ihrer Macht Stehende unternehmen, um den Zusammenhalt der Eurozone zu gewährleisten, den Grundstein gelegt. Im September wurde er dann konkreter: Wenn sich ein Land an den europäischen Rettungsschirm ESM wendet und entsprechende Auflagen akzeptiert, kann die EZB Anleihen dieses Landes in unbegrenzter Höhe kaufen.

Den Paukenschlag setzte aber Ben Bernanke am 13. September: Er verkündete ein Kaufprogramm für hypothekenbesicherte Anleihen von bis zu 40 Milliarden Dollar pro Monat, das so lange fortgeführt werden soll, bis sich der Arbeitsmarkt nachhaltig erholt hat. Mancher Marktteilnehmer reibt sich ungläubig die Augen. Dass die EZB so deutlich aus dem Schatten der Bundesbank treten würde, war nicht zu erwarten. Es ist ihr tatsächlich gelungen, das Risiko eines baldigen unkontrollierten Auseinanderbrechens der Eurozone deutlich zu vermindern.

Denn der Anstieg der Renditen südeuropäischer Anleihen war weniger auf die weitere Verschlechterung der Fundamentaldaten zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Furcht vieler Inhaber dieser Anleihen, ihre Investition nicht mehr in Euro, sondern in Peseten oder Lire zurückzuerhalten. Nach Schätzungen der italienischen Notenbank sollte der durch das wirtschaftliche Umfeld erklärbare Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatspapiere gegenüber deutschen Bundesanleihen eigentlich etwa 2 Prozentpunkte betragen, der tatsächliche Aufschlag lag in der Spitze aber bei 5,3 Prozentpunkten und ist aktuell immer noch bei 3,5 Punkten.

Damit wären also immer noch 1,5 Punkte auf Wechselkursrisiken zurückzuführen. Hierzu hat nicht zuletzt das ständige politische Gezerre um Größe, Ausstattung und Einsatzfähigkeit des Rettungsschirms ESM beigetragen. Unabhängig von juristischen Erwägungen ist die EZB aber die einzige Institution, die den zumindest vorübergehenden Zusammenhalt der Eurozone garantieren kann. Ohne Hilfen von außen wird Spanien vermutlich keine Kredite mehr zu akzeptablen Bedingungen erhalten und müsste die Eurozone verlassen – mit gravierenden Folgen auch für Deutschland.

Es ist aber auch klar, dass die EZB die Probleme der südeuropäischen Länder nicht lösen kann. Wenigstens der Abfluss privaten Kapitals wird durch die EZB zum Teil ausgeglichen. Spanien und Italien gewinnen allerdings nicht auf einmal an Wettbewerbsfähigkeit, nur weil die EZB deren Anleihen kauft. Aber die Länder erhalten zumindest etwas mehr Zeit, um ihre Reformen umzusetzen.

In Deutschland geht jedenfalls die Angst um, dass die EZB zu einer zweiten Banca d’Italia wird. Solange das deutsche Misstrauen bestehen bleibt, wird auch das Konvertibilitätsrisiko nicht komplett verschwinden. Um die Renditen in Südeuropa dauerhaft zu drücken, müsste die EZB Anleihen in immer größerem Volumen kaufen. Die deutsche Haltung könnte also genau zu dem EZB-Aktionismus führen, den man eigentlich verhindern will.

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