Die Erbschaftsteuerreform kommt „Eine komplette Nullsteuer wird es nicht mehr geben“

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Eingeschränkte Verschonung für große Vermögen

Neben den Verschlechterungen in der Bemessungsgrundlage für den Verschonungsabschlag kommt es für große Unternehmensvermögen dicke: Bei Erwerben mit einem Wert ab 26 Millionen Euro entfällt der Verschonungsabschlag grundsätzlich völlig. Die 26-Millionen-Grenze gilt aber pro Erwerb. Hier kann natürlich durch Einschaltung mehrerer Erwerber (Erwerbergesellschaften, Stiftungen, Kettenschenkungen und so weiter) ein gewisser Gestaltungsspielraum genutzt werden. Allerdings werden alle Erwerbe der vergangenen zehn Jahre addiert – und zwar wohl auch solche vor dem 30. Juni 2016.

Betroffene Steuerpflichtige haben aber zwei Antragsmöglichkeiten. Sie können eine sogenannte abschmelzende Verschonung oder den Erlass der Steuer beantragen.

Letzteres klingt gut, setzt aber eine sogenannte Bedarfsprüfung voraus. Hierbei kommt es darauf an, inwieweit das Vermögen des Erwerbers zur Begleichung der Erbschaftsteuerschuld reicht. Bei der Bedarfsprüfung werden 50 Prozent des bereits vorhandenen Privatvermögens und Verwaltungsvermögens, beispielsweise in bereits vorhandenen Unternehmen oder Beteiligungen, sowie des mit übertragenen Privat- und Verwaltungsvermögen und des innerhalb der nächsten zehn Jahre erworbenen Privat- und Verwaltungsvermögen einbezogen.

Nicht nur, dass diese Regelung einer Vermögensbesteuerung nahekommt. Es lohnt sich, sein Unternehmen an einen „armen Erwerber“ zu übertragen. Dies macht eine noch sorgfältigere Planung der vorweggenommenen Erbfolge unter mehreren Personen erforderlich, die zukünftig mehr und mehr von steuerlichen Beweggründen und weniger strategischen Überlegungen geleitet wird. Auch hier kann natürlich über den Einsatz von neu zu schaffenden Rechtseinheiten als Erwerber (Gesellschaften/Stiftungen) nachgedacht werden.

Die stufenweise Abschmelzung des Verschonungsabschlags vollzieht sich um ein Prozent je 750.000 Euro, um die die Grenze von 26 Millionen Euro überschritten wird. Beispiel: Ein Unternehmersohn erwirbt GmbH-Anteile im Wert von 30,5 Millionen Euro. Die 26-Millionen-Grenze ist um 4,5 Millionen Euro überschritten.

Hierdurch ergibt sich ein abgeschmolzener Verschonungsabschlag um 6 Prozent (4,5 Millionen geteilt durch 750.000), das heißt 79 Prozent (Regelverschonung) oder 94 Prozent (Optionsverschonung). Ab einem Wert von rund 90 Millionen Euro gibt es weder bei der Regel- noch bei der Optionsverschonung einen Verschonungsabschlag bei Anwendung des Abschmelzmodells.

Privilegierung für bestimmte Familienunternehmen – ein zahnloser Tiger?

Familienunternehmen, die in ihren Satzungen bestimmte Beschränkungen der Verfügungsmöglichkeit über die Anteile, Einschränkungen des Abfindungs-, Ausschüttungs- und Entnahmeanspruchs haben, soll ein Vorab-Abschlag von maximal 30 Prozent vor Anwendung des Verschonungsabschlags gewährt werden.

Die besonders strengen Voraussetzungen für die Satzungsregelungen müssen aber bereits zwei Jahre vor der Übertragung und dann 20 Jahre danach noch bestehen. Daher ist die praktische Relevanz dieser Privilegierung mehr als fraglich.

Bewertung des Unternehmens

Vorteilhaft ist grundsätzlich, dass der Faktor im Rahmen der Bewertung durch das vereinfachte Ertragswertverfahren auf 13,75 gedeckelt wird. Hierdurch wird der gemeine Wert des Unternehmens als Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer deutlich geringer.

Ab wann gilt das alles?

Es scheint nun klar zu sein, dass seit dem 1. Juli 2016 die schöne alte Welt der Erbschaftsteuer vorbei ist. Wer es bis dahin geschafft hatte, hat grundsätzlich alles richtiggemacht, sofern er beim Verwaltungsvermögen nicht zu sehr Spitz auf Knopf kalkulierte: die Deckelung des Vervielfältigers bei der Bewertung gilt nämlich bereits für Erwerbe ab dem 1.Januar 2016.

Diese führt zu einem niedrigeren Referenzwert für die Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote. Möglicherweise ist danach eine im sicheren steuerfreien Hafen geglaubte Nachfolge doch nicht begünstigt und könnte in der Betriebsprüfung gekippt werden. Hier gibt es hoffentlich Rückfallklauseln im Schenkungsvertrag, die einen Ausweg liefern können.

Fazit

Das nunmehr beschlossene Reformgesetz gestaltet die Nachfolge in Unternehmensvermögen zukünftig komplexer und nachteiliger. Infolgedessen wird es noch wichtiger werden, die Übergabe auch aus steuerlichen Gründen langfristig zu planen.

Die neuen Regelungen geben Handlungsspielräume, die genutzt werden sollten. Wichtig wird es zudem alte Übertragungen bei den Überlegungen mit zu berücksichtigen, um Steuerrisiken zu vermeiden. Letztlich bleibt die Frage, wie bestandsfest diese neuen Regelungen vor dem Bundesverfassungsgericht sein werden und ob in dieses Themenfeld endlich etwas Ruhe einkehrt.


Über die Autoren:
Dr. Maren Gräfe ist Rechtsanwältin, Steuerberaterin und Direktorin bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC) in München. Sie leitet dort den Bereich Private Clients/Familienunternehmen. Schwerpunktmäßig berät sie bei der rechtlichen und steuerlichen Nachfolgeplanung, zu Inhaberstrategien und der Vermögensstrukturierung.

Dr. Steffen Huber ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei PWC in Stuttgart. Dort leitet er den Bereich Private Clients/Familienunternehmen. Sein Schwerpunkt liegt in der nationalen und internationalen Nachfolgeplanung, inhaberstrategischen Fragestellungen sowie der Stiftungsberatung.

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