Die Erbschaftsteuerreform kommt „Eine komplette Nullsteuer wird es nicht mehr geben“

Steuerexperten von PWC: Dr. Maren Gräfe und Dr. Steffen Huber

Steuerexperten von PWC: Dr. Maren Gräfe und Dr. Steffen Huber

Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Ende 2014 den Startschuss für eine notwendige Überarbeitung der erbschaftsteuerlichen Regeln für die Nachfolge in Unternehmensvermögen gegeben hat, folgte ein langes politisches Tauziehen um Entwürfe zur verfassungskonformen Ausgestaltung. Der Vermittlungsausschuss hatte am 23. September einen Kompromiss beschlossen, der nunmehr vom Bundestag und heute auch vom Bundesrat gebilligt wurde. Das bedeutet ein Ende des Ringens um neue Erbschaftsteuerregelungen.  

Kritiker unken mit der erneuten Verfassungswidrigkeit und bemängeln wiederum zu weitreichende Privilegien für Unternehmen.

Der nachfolgende Beitrag zeigt, dass sich Firmenerben entgegen dieser Kritik auf deutlich komplexere und strengere Regeln einstellen werden müssen und die Nachfolge in der Regel teurer wird. Wie immer gibt es aber Handlungsspielraum, den es zu nutzen gilt.

Was bisher galt

Zur Erinnerung: bisher war es für Unternehmenserben oder -nachfolger möglich, das Unternehmen beziehungsweise Anteile daran sogar komplett erbschaft- und schenkungsteuerfrei zu erhalten. Voraussetzung sind, dass sie das Unternehmen lange genug fortführen – je nach Regelung fünf oder sieben Jahre –, Arbeitsplätze erhalten (sogenannte Lohnsummenerfordernis) und das Unternehmen nur in gewissen Grenzen nicht produktives Vermögen umfasst (sogenannte Verwaltungsvermögen).

Gestalterische Auswüchse dieser Regelung, die es erlaubten, reines Privatvermögen im Mantel eines Unternehmens komplett steuerfrei zu verschenken, die sog. Cash GmbH, wurden bereits vor wenigen Jahren beseitigt. Durch geschicktes Ansiedeln von Verwaltungsvermögen auf unteren Unternehmensebenen konnten aber in mehrstufigen Unternehmen bis heute immer noch immense Werte solcher Vermögensbestandteile im Unternehmen steuerfrei mitübertragen werden.

Volle Steuerpflicht von Teilen des Unternehmensvermögens

Und jetzt? Firmenerben sollen grundsätzlich auch künftig verschont werden, wenn sie das Unternehmen lange genug fortführen und Arbeitsplätze erhalten. Teilweise ist zu hören, dass für kleine und mittlere Unternehmen beziehungsweise kleine und mittlere Erwerbe alles beim Alten bleibt und deshalb die Verschonung wiederum zu weit ginge.

Dem ist aber nicht so!

Zwar ist es diesen Unternehmen weiterhin möglich, wie bisher eine 85- oder gar 100-prozentige Verschonung, die sogenannte Regel- oder Optionsverschonung, zu erhalten. Die Voraussetzungen der Haltedauer hierzu bleiben erhalten. Die Lohnunsummen-Regelungen greifen – wenngleich in stufenweisen Schritten – jetzt aber schon für kleinere Unternehmen ab mehr als fünf Arbeitnehmern. Bisher lag die Schwelle bei 20 Arbeitnehmer.

Entscheidend ist aber, dass es nicht mehr möglich sein wird – in gewissen Quotengrenzen –, die Verschonung auf alle Vermögensbestandteile des Unternehmens anzuwenden. Eine komplette Nullsteuer wird es in aller Regel nicht mehr geben. Die Verschonung wird vielmehr nur auf das sogenannte begünstigte Vermögen gewährt.

Vereinfacht gesagt, wird jedwedes nicht begünstigte Vermögen (Verwaltungsvermögen) nach Abzug eines 10-prozentigen „Schmutzzuschlags“ im Ergebnis besteuert. Dementsprechend sollte versucht werden, die Bilanz vor einer Nachfolge von solchen Vermögenswerten zu bereinigen. Dies kann dazu führen, liquide Vermögenswerte aus dem Unternehmen in das Privatvermögen zu überführen. Etwas, das auch aus anderen Aspekten sinnvoll sein mag.

Bei der Frage, was begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen im Unternehmen ist, wird zur Abgrenzung auf den Begriff des bisherigen Verwaltungsvermögens zurückgegriffen. Das bedeutet, dass Wertpapiere, Kunst, fremdvermietete Immobilien, Minderheitsbeteiligungen und – über eine bestimmte Quote hinaus – bestehende Finanzmittel (Cash, Festgelder, Forderungen et cetera) nicht begünstigt sind. Sind solche Vermögensgegenstände im Unternehmen vorhanden, so sind diese zu bewerten und es fällt beim Erwerb dieser Wirtschaftsgüter in jedem Falle Erbschaft- und Schenkungsteuer an.

Das bedeutet eine klare Verschlechterung der Bedingungen und erfordert, dass Unternehmen zukünftig mehr Liquidität für die Nachfolge einplanen müssen.

Modifikationen beim Verwaltungsvermögen

Erschwerend kommt hinzu, dass das neue Gesetz den Begriff des Verwaltungsvermögens weiter ausweiten und mithin die Gefahr einer Steuerlast steigt. So sind zukünftig auch sonstige Wirtschaftsgüter der privaten Lebensführung wie etwa Oldtimer, Briefmarkensammlungen, Segelflugzeuge, Yachten et cetera erfasst. Bisher mögliche Gestaltungen für vermögende Klientel entfallen dementsprechend. Eine gewisse Erleichterung gibt es für sogenannte Deckungsvermögen für Altersvorsorgeverpflichtungen.

Dies zeigt, dass die genaue Identifizierung und Bewertung dieser Vermögensgegenstände künftig noch wichtiger wird. Hier können programmatische Tool-Lösungen dem Steuerpflichtigen in Zukunft helfen.

Die Regelverschonung ist dafür künftig nicht mehr abhängig von der Einhaltung einer Verwaltungsvermögensquote. Es kann also immer das begünstigte Vermögen in einem Unternehmen verschont werden, aber eben nur dieses. Die Vollverschonung (Optionsverschonung) setzt aber voraus, dass das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 20 Prozent des gemeinen Wertes des Unternehmens ausmacht. Bisher lag die Grenze bei 10 Prozent Verwaltungsvermögen.