Marktgespräch ... mit Domenico Gehling „Das Digitale kann Wealth Manager unterstützen, aber nicht ersetzen“

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Das Homeoffice hat als Folge der Corona-Krise massiv an Bedeutung gewonnen. Wenn Kollegen sagen, dass sie die Arbeitsweise aus wöchentlich wechselnder Büro-Präsenz und Homeoffice auch künftig beibehalten wollen ...

Gehling: ..., dann sehe ich das sehr differenziert. Wealth Management ist ein Geschäftsmodell, welches von Kreativität, im Team entstehenden Lösungen und zwischenmenschlichem Vertrauen lebt. Je weiter man voneinander entfernt ist, umso größer das Risiko schablonenhaft oder vereinfachend zu werden. Das ist eben nicht der Anspruch von Wealth Management. Wir haben auch schon vor Corona die Option des Homeoffice bei uns gehabt und deshalb ist für mich eines ganz klar: Flexibles Arbeiten hilft vielen, Berufliches und Privates besser unter einen Hut bekommen. Davon haben wir alle etwas, weil Flexibilität, Zufriedenheit und Identifikation steigen.

Die Beziehung zwischen Bank, Berater und Kunde kann zu Interessenkonflikten führen. Wenn der Kunde sagt, dass er von seinem Wealth Manager eine klare Haltung im Sinne seiner Interessen wünscht …

Gehling: …, würde ich sagen: Nur wenn deutlich wird, dass die Kundeninteressen im Fokus meines Handels sind, habe ich eine Chance, das Vertrauen meiner Kunden zu gewinnen beziehungsweise zu rechtfertigen. Wir müssen, um wirklich gute Wealth Manager zu sein, uns sehr stark involvieren und dabei aber immer die Situation unserer Kunden mit gebotenem Abstand reflektieren und Verantwortung für sein Vermögen übernehmen. Meine Erfahrung ist, dass eine solche Haltung gesucht und honoriert wird, auch wenn ich dem Kunden einen Wunsch bewusst nicht erfülle.


Dienstleistung ist die Person hinter den Diensten. Soziale Veränderung und zunehmende Toleranz haben das Bild und Eigenbild der Private-Banking-Berater in Bezug auf Werte und Haltungen in den vergangenen Jahren verändert. Wenn Kollegen oder Mitarbeiter sagen, dass „Diversity“ in Bezug auf Denken, Handeln und im Auftreten heutzutage das neue Normal ist ...

Gehling: ..., würde ich antworten, dass Verständnis und Akzeptanz für Unterschiedlichkeit aller Art schon immer notwendige Voraussetzung für erfolgreiche Dienstleistung war. Neu ist vielleicht das „Normal“, aber nicht die Diversität. Das Wealth Management sollte immer genauso divers sein wie seine Kunden. Diese suchen sich das Dienstleistungspaket aus Berater, Beraterin und Institut aus, welches am besten passt. Allein in Baden Württemberg, auch wenn es für Außenstehende vielleicht nicht auf den ersten Blick sichtbar sein mag, gibt es in Bezug auf Wertevorstellungen, Lebensstil und Zukunftsziele regional erhebliche Unterschiede. Diese Unterschiede, zusammen mit der individuellen Persönlichkeit, gilt es zu verstehen und in der Kundenbetreuung entsprechend umzusetzen.

 


Über den Interviewten:

Domenico Gehling leitet seit Sommer 2019 das Wealth Management der BNP Paribas im Südwesten Deutschlands. Zuvor war er in leitenden Private-Banking-Funktionen bei der Hypovereinsbank, LBBW und Commerzbank tätig.

Über den Interviewenden:
Dr. Dražen Mario Odak ist Co-Mehrheitsgesellschafter und Vorstand der Stephan Unternehmens- und Personalberatung. Der Fokus des Unternehmens aus Bad Homburg liegt auf dem Private Banking/Wealth Management, Familienunternehmen, Family Office, Asset Management, Industrie und Immobilienwirtschaft. Alle zwei Jahre veröffentlicht er zusammen mit Peter Hannemann die Wealth-Management-Marktstudie.

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