Minenfeld für Anleihen-Investoren Die besten Rentenfonds in stürmischen Zeiten

Oliver Postler Investment-Chef im Private Banking der HVB

Oliver Postler Investment-Chef im Private Banking der HVB

Es ist ein schräger Kreislauf, der innerhalb von zwei Jahren entstanden ist. Zunächst verzocken sich europäische Banken mit Geldanlagen, die sie zuvor nicht verstehen. Sie geraten in Schieflage und bitten den Staat um Hilfe. Der paukt sie mit Steuergeld raus, übernimmt sie oder gibt eine Bürgschaft auf die Einlagen ab. Und nebenbei muss er noch die ebenfalls abgerutschte Wirtschaft mit Geld fitspritzen, das er nicht hat.

Jetzt haben die Staaten enorme Schuldenberge aufgetürmt. Ihre Gläubiger sind Pensionsfonds, Kleinanleger, Versicherungen – und Banken. Die sitzen nun auf Staatsanleihen, die ihnen hohe Verluste bescheren könnten, sollten die Staaten zahlungsunfähig werden. Deshalb soll die Europäische Zentralbank einspringen und mehr und mehr faule Anleihen aufkaufen. Doch die spielt nicht komplett mit.

Die einstmals so sichere Eurozone hat sich in ein Minenfeld für Renteninvestoren verwandelt. Zwar liegen die Schuldenquoten der Staaten gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch immer unter denen der Schuldenkönige USA und Japan. Doch das System hat Risse bekommen.

Die Auslöser sind verschieden. So hatte es Griechenland nur mit fantasievoller Buchhaltung überhaupt erst in die Eurogemeinschaft geschafft. Seitdem blieben die Staatsfinanzen marode, die Korruption hoch, die Steuereinnahmen zu niedrig. Irland brachte dagegen eine simple Garantie ins Schlingern. Der damalige Premierminister Brian Cowen hatte kurz nach der Pleite der Investment-Bank Lehman Brothers Ende September 2008 bekannt gegeben, das Land werde für alle nationalen Banken bürgen. Nun haben Bankverluste Irlands Staatsdefizit 2010 vermutlich auf 32 Prozent des BIP katapultiert. Erlaubt sind laut Maastricht-Vertrag 3 Prozent.

Etwas Sicherheit sollte der Rettungsfonds bringen, durch den die Europäische Union (EU), der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Eurostaaten mit bis zu 750 Milliarden Euro für kippende Länder geradestehen. Bis Mitte 2013 gilt er.

Alle Anleihen der Euroländer, die innerhalb dieser Laufzeit fällig werden, sollten nun gleichwertig sein – ist doch die Rückzahlung durch den Schirm garantiert. Sind sie aber nicht. Denn auch diese kurzlaufenden Papiere der PIIGS-Länder Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien bringen deutlich höhere Renditen als die aus Frankreich und Deutschland. Ein Zeichen dafür, dass der Markt sie trotz Rettungsschirms für weniger sicher hält.

Mittlerweile gelten ihm sogar Unternehmensanleihen als weitaus sicherer als die Staatspapiere aus demselben Land. Beispiel aus Griechenland: Eine Staatsanleihe mit Fälligkeit 2014 bringt fast 20 Prozent. Eine von der griechischen Coca-Cola-Tochter Coca Cola Hellenic Bottling schafft nur 3,4 Prozent – ein Effekt, den es in dem Ausmaß noch nie in der Eurozone gab und der konservative Anleger vor eine große Aufgabe stellt.

Sollen sie, in Zeiten magerer Zinsen in Deutschland, auf die höheren Renditechancen setzen, die am Rande der Eurozone locken? Sollen sie auf Unternehmensanleihen ausweichen? Auf andere Anlageklassen?

Insbesondere bei den konservativsten Anlegern des Landes, den Stiftungen, fällt die Antwort klar aus. Sie dürfen keine großen Risiken eingehen und sollten auch kaum kleinere auf sich nehmen, wenn es nach ihren Beratern geht.

„Wir empfehlen unseren Kunden generell, nicht in Staatsanleihen aus diesen Ländern zu investieren“, sagt Katja Bär, die bei UBS den Bereich für Stiftungsvermögen leitet. Gerade die politischen Risiken seien derzeit schwer einzuschätzen. Auch andere Manager konservativer Vermögen halten sich bei Anleihen der Peripheriestaaten zurück. Fremdwährungen gibt es gerade in Stiftungsportfolios selten bis gar nicht. Häufig müssen die jährlichen Gewinne hoch genug sein, dass die Stiftung damit arbeiten kann. Allein deshalb sind sie zum größten Teil auf den Euro-Rentenmarkt angewiesen. Doch auch Betreuer großer Privatvermögen halten sich zurück. „In den PIIGS sind wir deutlich untergewichtet“, sagt etwa Achim Walde. Der Leiter für globale Renten und Währungen bei Sal. Oppenheim gibt als Anlageschwerpunkt die Staaten Deutschland, Österreich, Niederlande und Finnland an. Selbst von diesen sicheren Schuldnern lässt Oliver Postler noch immer drei weg. „Wir konzentrieren uns im Kerninvestment bei Staatsanleihen auf Deutschland“, sagt der Investment-Chef des Private Banking bei der Hypovereinsbank (HVB).

Eine Strategie, die mittelfristig ebenso problematisch wie unattraktiv werden könnte. Denn so populär die Bundesanleihe auch ist – sie hat ein Problem. Sie gilt zwar in Sachen Sicherheit gemeinhin als Maß aller Dinge. Sie bringt aber noch immer äußerst dünne Zinsen. 3,3 Prozent sind es für zehn Jahre Laufzeit. Steigen irgendwann Inflation und anschließend auch das Zinsniveau, entstehen Verluste. Die Inflation frisst die Zinsen auf. Durch den Zinsanstieg kommen Kursverluste hinzu, wenn auch nur vorübergehend. Die Profis sind sich der Zwickmühle sehr wohl bewusst. Weil sie auch jetzt Gewinne erwirtschaften müssen, gehen sie daher doch das ein
oder andere Risiko ein.

So nutzen die UBS-Verantwortlichen viele weitere Möglichkeiten. Sollte die Infl ation die Nominalzinsen eines Tages übersteigen, würden Gewinne auf Aktienpositionen den Verlust aus Rentenpositionen ausgleichen. „Sie müssen das immer im Gesamtvermögen betrachten“, sagt Portfoliomanager Markus Bayer. Und das seien eben nicht nur Euro-Anleihen.

Bei Sal. Oppenheim mischt Achim Walde derzeit „hochwertige Emerging-Markets-Anleihen und AAA-Fremdwährungsanleihen aus Volkswirtschaften bester Qualität sowie Unternehmensanleihen bei“. Bei HVB-Mann Postler sind es je nach Risikoprofil bevorzugt Pfandbriefe, Unternehmens- und Schwellenländeranleihen oder Papiere aus besonders rohstoffreichen Ländern.

Das aber soll es an Risiko gewesen sein. Um den Kern ihres Portfolios krisenfest zu machen, halten die Manager die Duration entsprechend kurz. Diese Kennzahl gibt an, nach welcher Zeitspanne das Kursrisiko durch höhere Zinsen gleich null ist. Spätestens dann könnte der Investor wieder verlustfrei handeln. „Unsere Duration liegt bei zwei Jahren. Wir warten auf Kaufgelegenheiten“, sagt Harald Preißler, Chefvolkswirt beim Anleihespezialisten Bantleon. Die Angst vor erhöhter Inflation, die viele Marktteilnehmer umtreibt, teilt er nicht. „Inzwischen hat sich für die Wirtschaft eine recht hohe Enttäuschungsgefahr aufgebaut“, meint der Volkswirt. Heißt: Der aktuelle Optimismus ist übertrieben, und wenn die Wirtschaftskurve wieder etwas flacher verläuft, werden auch die Preise nicht mehr allzu stark anziehen. Sollte er richtig liegen, würde das die Anleiherenditen wieder nach unten drücken.

Auch die Bantleon-Verantwortlichen sind bei Peripherie-Anleihen vorsichtig. „Wir betrachten alles außer Bundesanleihen generell als Risiko“, sagt Preißler. 2010 habe man Positionen von 2 bis 5 Prozent in Griechenland und Irland gehalten. Im Nachhinein betrachtet hätte man auch darauf verzichten können. Schließlich fielen die Kurse im Lauf des Jahres noch weiter zurück. Andererseits laufen die Papiere nur bis 2012 – damit greift der Rettungsschirm.

Ähnlich im Private Banking der Hamburger Sparkasse (Haspa). „Wir sehen sehr wohl die Gefahren, die die historisch hohen Kurse bergen“, sagt Portfoliomanager Achim Lange. „Deshalb fühlen wir uns mit einer durchschnittlichen Restlaufzeit von vier Jahren recht wohl.“

Nervös wirkt keiner der Profis. Den absoluten Extremfall, einen Bruch der Eurozone, erklären sie für unwahrscheinlich. Bundesanleihen könnten zwar den einen oder anderen Stress erleben, falls Deutschland für andere Länder einspringen muss. Ausfallen aber kaum.

Es gibt aber auch ganz andere Stimmen. Besonders radikal ist Philipp Vorndran unterwegs. „Der Euro wird auseinanderbrechen“, sagte der Volkswirt vom Kölner Family Office Flossbach & von Storch dem „Luxemburger Wort“. Die Gemeinschaftswährung werde nur als „Eurozonenabrechnungsverkehrsmittel“ weiter bestehen – parallel zu den wieder eingeführten alten Währungen. Auf Staatsanleihen sei er deshalb nicht allzu gut zu sprechen. Lieber mag er Sachwerte wie beispielsweise seinen Favoriten Gold.

Es ist derselbe Unterton, den Währungsskeptiker wie Jim Rogers und Marc Faber schon seit Jahren benutzen. Und vielleicht haben sie tatsächlich mal Recht.

Denn wie es weitergeht, weiß niemand. Was jedoch nötig ist, damit die Eurozone weiterleben kann, darin sind sich die Beteiligten einig: die Fiskalunion. Das bedeutet, dass die Euroländer nicht nur eine einheitliche Währung haben, sondern auch eine einheitliche Wirtschafts- und Finanzpolitik betreiben müssen. Das hatten sie zwar vor mehr als zehn Jahren zugesichert, seitdem aber einfach verschlafen.

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