Auretas Family Trust mit veränderter Strategie „Es wäre fahrlässig, diese Wachstumsfelder nicht zu besetzen“

Seite 2 / 4

Was ist da die Herausforderung?

Jurczyk: Die Welt der Indizes ist heutzutage außerordentlich vielfältig geworden. Laut der aktuellsten Studie des Branchenverbands Index Industry Association aus dem Herbst 2019 gibt es weltweit 2,96 Millionen Indizes – also etwa sechzig Mal so viele Indizes wie überhaupt börsengelistete Unternehmen. Natürlich werden diese vor allem auch als Benchmarking-Instrumente und nur zu einem Bruchteil als Underlyings für ETFs genutzt. Aber jeder Index hat seine eigene Besonderheit, die man entsprechend analysieren muss. Ansonsten investiert man in etwas, was man eventuell gar nicht im Portfolio haben möchte. Oder aber es gibt abseits der bekannten Marktbarometer relativ unbekannte Indizes, die sich tatsächlich wesentlich besser in die Portfoliostrategie einfügen.

An die Index-Auswahl schließen sich Themen wie die Management-Gebühren, Handelbarkeit, Handelskosten, Auswirkungen des Fondsvolumens, Tracking Error und Tracking Difference, steuerliche Behandlung der Erträge, die Art der Replizierung und der Umgang mit der Wertpapierleihe an. Allein diese – nicht erschöpfende – Auflistung von Selektionskriterien soll verdeutlichen, mit welchen Aspekten sich unsere Experten bei der ETF-Auswahl auseinandersetzen, um zu der bestmöglichen Auswahl zu gelangen.

Und die Frage nach der Schwierigkeit …

Jurczyk: … lässt sich relativ leicht beantworten: Nein, die Auswahl der geeigneten ETFs ist alles andere als ein Kinderspiel – lässt sich aber nur sehr bedingt mit der Suche nach Alpha-Managern vergleichen.

Wie gehen Sie künftig bei der strategischen Vermögensallokation vor?

Jurczyk: Zunächst bestimmt die jeweilige Risikotragfähigkeit unseres Mandanten die Gewichtung von drei Bausteinen, die wir gemäß ihrer Funktion als Absicherung, Ernte und Chance bezeichnen. Während in den Modulen Absicherung und Ernte lediglich hochliquide Asset-Klassen zum Einsatz kommen, nutzen wir im Modul Chance semi-liquide Investments.

Warum die Trennung nach liquiden und semi-liquiden Investments?

Jurczyk: Weil sich die Herangehensweise bezüglich der strategischen Vermögensallokation innerhalb der liquiden und semi-liquiden Investments unterscheidet. Während sich die Auswahl der semi-liquiden Investments auf eine vergleichsweise langfristige Betrachtung des Rendite-Risiko-Potenzials fokussiert, ist bei hochliquiden Investments eine entsprechend flexiblere Steuerung angemessen. Diesbezüglich richtet sich die Vermögensallokation innerhalb der Module Absicherung und Ernte an unserem Auretas-Weltbild der Kapitalmärkte aus. Die Auswahl der Anlageklassen erfolgt mittels des Quantamental-Ansatzes. Das heißt, die quantitative Analyse wird systematisch mit Aspekten der Fundamentalanalyse kombiniert. Dabei finden diversifizierende Risikoprämien beziehungsweise Risikofaktoren besondere Beachtung. Gleichzeitig werden Erkenntnisse aus der Behavioral Finance umgesetzt, beispielsweise über die Ausnutzung von extremen Marktgegebenheiten oder eindeutigen Regeln, die Emotionen wie Hoffnung und Panik entgegenwirken.

Übrigens spielen Gedanken über eine Optimierung der Gewichtung einzelner Anlageklassen innerhalb der Module keine wesentliche Rolle. Haben wir uns für eine Asset-Klasse entschieden, halten wir tendenziell die auch in der akademischen Forschung bestätigte, sehr robuste 1/n-Gewichtung für die bessere Alternative im Vergleich zu mathematischen Optimierungsmodellen.

Herr Rathgen, Sie sind für die semi-liquiden Investments bei Auretas Family Trust zuständig. Warum geht es bei den Investments des Chance-Moduls?

Matthias Rathgen: Die ersten beiden Module Absicherung und Ernte sind gut über liquide Investments abzudecken. Aufwendiger, aber historisch attraktiver sind Investments, die über den klassischen Aktienmarkt hinausgehen. Hierfür setzen wir auf das Potenzial unternehmerischer Wertschöpfung sowie auf die ineffizienteren Teile des Kapitalmarkts.

Das war bislang aber auch schon möglich.

Rathgen: Das stimmt, und wir haben für den Zugang zu Private Equity, Infrastruktur, Immobilien, Agrar und Forst in der Vergangenheit geschlossene Fonds im Einsatz gehabt. Getreu dem Motto „das Bessere ist des Guten Feind“ nutzen wir künftig die sich in den vergangenen Jahren veränderten steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen, um fortan wesentlich flexibler und kostengünstiger zu investieren.

Inwiefern spielt Ihnen die Investmentsteuerreform von 2018 in die Hände?

Rathgen: Sie hat einiges vereinfacht. In der Vergangenheit konnten man in viele der wirklich spannenden unternehmerisch geprägten Investments, die vorzugsweise aus dem angelsächsischen oder asiatischen Raum stammen, nicht oder nur unter großen administrativen und kostenseitigen Hürden aus Deutschland heraus investieren. So musste jedes Mal die steuerliche Transparenz hergestellt werden, um Strafsteuern zu vermeiden. Hierfür benötigt man eine Vielzahl an Buchungsdaten der Zielinvestments und dementsprechend die Bereitschaft der ausländischen Manager, diese zu liefern. Hinzu kamen die jährlich anfallenden Kosten der steuerlichen Aufbereitung dieser Daten für die deutschen Steuerbehörden. An der Notwendigkeit zur Zahlung einer deutschen Steuer auf die dabei entstehenden Gewinne ändert sich dabei vernünftigerweise nichts, sodass dem Fiskus auch nichts entgeht.