Bitcoins, Ethereum & Co. Die Anrufe verzweifelter Anleger häufen sich

Sven Hildebrandt von DLC Distributed Ledger Consulting

Sven Hildebrandt von DLC Distributed Ledger Consulting: Der Geschäftsführer berät Finanzmarktteilnehmer rund um alle Themen der Blockchain Foto: DLC Distributed Ledger Consulting

Heute klingelte wieder mal das Telefon. Ein aufgebrachter Herr, von der Stimmer her Mitte 50, vielleicht auch schon ein wenig älter. „Kann ich bei Ihnen jetzt endlich Bitcoin kaufen? Meine Bank hat keine Ahnung und ich komme mit diesen Handy-Dingern nicht klar. Es ist wirklich unglaublich.“ Seine Stimme überschlägt sich fast, so ist er in Rage. Ein Schmunzeln kann ich mir nicht verkneifen, da das nicht der erste Anruf ist, den wir in den letzten Tagen erhalten. Der starke Kursanstieg und die dazugehörige Medienberichterstattung rücken das Thema eben auch bei vermögenden Privatanlegern immer stärker in den Fokus.

Nachdem ich herausgefunden hatte, dass der Herr mit „(…) diesen Handy-Dingern (…)“ den Identifizierungsanbieter ID-Now meint, der bei vielen der Kryptobörsen zum Einsatz kommt, kann ich mir das Lachen kaum mehr verkneifen. Vor meinen Augen erscheint ein durchaus wohlhabender Herr, der verzweifelt versucht, in Bitcoins zu investieren und mit seinem Handy vor seinem Kopf rumwedelt. Am anderen Ende ein nicht leicht zu verstehender Service-Mitarbeiter mit starkem Akzent, der irgendwann aufgibt. „Wissen Sie, ich will ja nicht irgendein Finanzprodukt, was die Banken einem einfach nur deshalb andrehen wollen, weil es leichter für sie ist. Denn ich will das reale Asset, allein schon aus steuerlichen Gründen.“

Chapeau, jetzt hat der Mann meine Aufmerksamkeit. Gut informiert ist er. Denn wenn man Bitcoin länger als ein Jahr hält, kann man diese steuerfrei wieder veräußern und zahlt keine Abgeltungssteuer. Das ist auch der Grund, warum ich ihn noch ein wenig schimpfen und seinen Unmut an mir auslassen lasse. Er muss sich einfach mal ein bisschen Luft machen.

Nach ungefähr einer halben Stunde beenden wir das Gespräch – mit leider nicht sonderlich zufriedenstellendem Ergebnis für den investitionswilligen Herren. Der nebenbei auch keine dreimarkachtzig, sondern eine stattliche Summe investieren wollte, die dann wiederum von der Bankbilanz als Bargeldbestand verschwunden wäre. Aber… was man nicht kann, kann man eben nicht.

Verschlaft die Digitalen Assets nicht

Ich setze mich wieder an meinen Tisch und arbeite weiter. An einem Vorschlag für eine Bank, die es ihren Kunden ermöglichen möchte, direkt in Bitcoin zu investieren. „Wenigstens die haben es verstanden“, denke ich. Und vielleicht rufe ich den Kunden in einigen Monaten an und gebe einen dezenten Hinweis, ob er nicht mal eine andere Bank probieren will.

Spaß beiseite: Wenn Banken nicht in der Lage sind, die Bedürfnisse der Kunden zu befriedigen, sind diese weg. Die Jungen haben mit Technik kein Problem und sind im Zweifel schon zu den jeweiligen Börsen abgewandert, die in Zukunft natürlich auch weitere klassische Bankdienstleistungen anbieten werden. Jetzt folgen die sogenannten Early Mover im älteren Segment. Wer sich jetzt nicht bewegt, bewegt sich vielleicht irgendwann gar nicht mehr.

 


Über den Autor:

Sven Hildebrandt ist Geschäftsführer der DLC Distributed Ledger Consulting, einer Blockchain-Spezialberatung für semi-professionelle und professionelle Finanzmarktteilnehmer in Deutschland. Er berät zu deren Integration in bestehende Prozesse und Themen wie die Verwahrung von Digital Assets sowie das Assessment unterschiedlicher Token, Fonds und Digital-Asset-Manager.

 

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