ETF-Serie Die Abweichler

Smart Beta-ETFs sind oft anders aufgebaut als klasische Indizes

Smart Beta-ETFs sind oft anders aufgebaut als klasische Indizes: In der regel zielen sie nicht klassisch auf marktkapitalisierte Gewichtungen ab. Foto: Fotos: unsplash, pixabay

Ob Anleger mit Geld in Faktor-ETFs im Frühjahr 2020 ruhiger schlafen konnten? Schließlich sollen die doch besonders risikoarm sein. Immerhin: Der entsprechende MSCI-World-Strategie-Index brach im Corona-März weniger stark ein als sein Standard-Pendant. „Mission erfüllt“, heißt es von den Anbietern. Sogenannte Faktor-, Alternative-Beta-, Strategic-Beta- oder Smart-Beta-ETFs setzen auf unterschiedliche Strategien, um entweder Standard-Indizes zu schlagen oder geringer zu schwanken.

Welche Produkte Fondsgesellschaften unter diesem Etikett zusammenfassen, ist dabei durchaus unterschiedlich. „Für uns ist Smart Beta all das, was nicht klassisch auf marktkapitalisierte Gewichtungen abzielt“, sagt Stefan Kuhn, Deutschlandchef der ETF-Sparte SPDR von State Street Global Advisors. Diese Definition habe sich auch bei vielen anderen Anbietern im Markt durchgesetzt. In die Kategorie fallen bei SPDR Produkte, die sich unter Substanz, niedriges Marktrisiko und Dividenden fassen lassen. 

„Auch wenn es sich bei Dividendenstrategien nicht um klassische Faktor-ETFs handelt, sehen wir sie als Smart-Beta-Produkte, da wir sie eben nicht allein nach Marktkapitalisierung gewichten“, erklärt Kuhn.

Auch für Morningstar gehören Dividenden-ETFs in die Rubrik. Aus der Datenbank des Analysehauses geht allerdings zunächst hervor, dass der Smart-Beta-Markt mit etwa 72 Milliarden Euro verwaltetem Vermögen in Europa noch recht überschaubar wirkt (Stand Juni 2021). Immerhin fast ein Drittel (32,1 Prozent) davon, gemessen am Volumen, machen Dividenden-ETFs aus. Auf Rang 2 folgen Value-Strategien mit 27,8 Prozent. ETFs mit speziellem Risikoverhalten belegen mit 11,1 Prozent Platz 3. Lediglich als Spurenelement sind ausgesprochene Wachstums-ETFs enthalten, sie stellen 1,4 Prozent des Smart-Beta-Marktes, zumindest wie Morningstar ihn sieht.

Die Nettomittelflüsse in Strategie-ETFs lagen in Europa in den vergangenen zwölf Monaten bei 11,4 Milliarden Euro. Wobei Value-ETFs satte 12,4 Milliarden Euro zuflossen, Risikostrategien hingegen 3,3 Milliarden Euro auszahlen mussten. Mit dem klassischen ETF-Geschäft kann der Absatz somit nicht einmal im Ansatz mithalten, denn den beziffert Morningstar mit weit mehr als 150 Milliarden Euro.

Zudem gibt eine Studie aus dem vergangenen Jahr Aufschluss über die Kräfteverhältnisse: Mit 45 Prozent Marktanteil meldet sie die Blackrock-Tochter iShares als größten Anbieter von Smart-Beta-ETFs. Amundi kommt nach der Übernahme von Lyxor auf 12 Prozent, gefolgt von State Street (10 Prozent) und UBS (7 Prozent). Das ETF-Geschäft der DWS liegt mit 5 Prozent auf Rang 5.

Außerdem legt die Studie nahe, dass der Anteil der Smart-Beta-Produkte am gesamten europäischen ETF-Markt seit 2009 kontinuierlich gestiegen ist. Von Ende 2018 bis Ende 2019 allerdings nur noch von 7,5 auf 7,7 Prozent. Für einen Wachstumsmarkt mute das bescheiden an, analysiert der ehemalige Morningstar-Chefanalyst Ali Masarwah, der mittlerweile nicht mehr für das Haus tätig ist. Ein Grund könnten die höheren Gebühren sein. Eines der Argumente der ETF-Befürworter sind schließlich die niedrigeren Kosten im Vergleich zu aktiven Fonds. Und während Anbieter klassischer Indexfonds zuletzt häufig damit warben, die Gebühren wieder mal zu senken, stiegen die Kosten von Strategic-Beta-ETFs sogar. Im Durchschnitt ging es im Vorjahresvergleich um fünf Basispunkte auf 0,43 Prozent nach oben.

Die entscheidende Frage für den Anleger, ob die höheren Gebühren gut investiert sind, lässt sich dabei nicht pauschal beantworten. Ein Blick in die Historie zeigt: Faktor-Strategien spielen ihre Stärken in unterschiedlichen Marktphasen aus. So sind die eingangs genannten risikosenkenden ETFs – wenig überraschend – in Bärenmärkten stark. Zuletzt brachten entsprechende Produkte, gemessen am MSCI-Index, Anlegern 2014 und 2015 deutlich bessere Ergebnisse als der breite Markt. Im vergangenen Jahr konnten sie zwar im Corona-Tief Verluste auffangen, nahmen aber die anschließende Erholung nicht voll mit.