Deutschland durchlebt eine Wohnungsbaukrise – über Jahre wurde in den Metropolregionen zu wenig gebaut, was zu einer chronischen Unterversorgung geführt hat. Dieser Mangel ist im Bereich des bezahlbaren Wohnraums am stärksten ausgeprägt.
Eine Lösung des Problems ist möglich, denn es fehlt weder am notwendigen Kapital noch an Flächen. So sind deutsche Städte im Vergleich zu den größten Metropolregionen der Welt klein. Weltweit gibt es 34 Megastädte mit über 10 Millionen Einwohnern, Berlin als größte deutsche Stadt hat 3,5 Millionen Einwohner.
Politischer Wille
Auch im Vergleich zu europäischen Großstädten sind Deutschlands Metropolregionen nicht wirklich eng: Die Bevölkerungsdichte von Paris, Athen und Barcelona liegt nach Angaben des Statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat) bei über 15.000 Einwohner pro Quadratkilometer – in Berlin liegt sie bei 4.200. Von einer fehlenden Verfügbarkeit von Flächen kann also nicht die Rede sein.
Es fehlt jedoch oft am politischen Willen, unbebaute Flächen für Wohnentwicklungen zu erschließen. Ebenso hapert es an einer übergreifenden langfristigen Strategie, die die unterschiedlichen Beteiligten zusammenführt und Maßnahmen aufeinander abstimmt.
Viele staatliche Maßnahmen zielen auf die Kontrolle und Begrenzung von Mietpreisen und Mietsteigerungen ab. Dies hilft zwar kurzfristig denjenigen, die bereits eine Wohnung haben, adressiert aber nicht die langfristige Unterversorgung an Wohnraum. Wo Regulierung keine angemessene Mietentwicklung ermöglicht, wo die Politik keinen verlässlichen Rahmen bietet, können solche Regelungen das zukünftige Angebot einschränken.
Darüber hinaus gibt es ein Bündel an Maßnahmen zur Wohnbauförderung, die allerdings oft fragmentiert und wenig effektiv eingesetzt werden:
Mietzuschüsse
Investoren profitieren indirekt von öffentlichen Subventionen in Form von Wohngeldzahlungen an bedürftige Bewohner. Diese Zahlungen helfen, die Lücke zwischen einer für den Mieter tragbaren Miete und dem vertraglich festgelegten Betrag zu überbrücken. Sie wirken also auch als Subvention des Eigentümers, da ohne sie die Verlässlichkeit der Mietzahlungen sinken würde. Für die Schaffung neuen Wohnraums ist es jedoch langfristig effizienter, öffentliche Mittel direkt in die Schaffung von Wohnraum zu investieren.
KfW-Förderung durch zinsgünstige Kredite
Regierungskredite und ermäßigte Finanzierungszinsen sind sinnvoll, um den Wohnungsbau zu unterstützen, insbesondere in Zeiten restriktiver Kreditvergabe. In Deutschland vergibt die KfW entsprechende Kredite. Diese sind aber oft mit dem Erfüllen bestimmter Nachhaltigkeitskriterien verknüpft. In Hinblick auf die Schaffung von Wohnraum ist die Förderung auf die günstigsten Wohnsegmente beschränkt.
Kapitalzuschüsse und Co-Investitionen durch die Regierung
Kapitalzuschüsse sind dann sinnvoll, wenn die späteren Mieten so niedrig sind, dass private Investoren keine risikoadäquate Verzinsung erwarten können und daher nicht investieren. In Deutschland wird der soziale Wohnungsbau entsprechend gefördert. Der Druck auf die Mieter wächst jedoch zusehends auch im mittleren Preissegment. Auch dieses Segment müsste gefördert werden.
Verkürzung von Genehmigungsprozessen
Der Planungsprozess ist oft langwierig und bürokratisch. Das erzeugt erhebliche Unsicherheiten darüber, welche Anforderungen von den Baubehörden gestellt werden. Für den Projektentwickler bleibt unklar, bis wann er das Projekt letztlich realisieren kann. Lange Verzögerungen setzen Kapital einem Risiko aus, da Mittel für den Bau zwar vorgehalten werden müssen, aber ohne Baugenehmigung nicht investiert werden können. Eine Verkürzung der Genehmigungsprozesse ist deshalb sinnvoll.
Bereitstellung von Grundstücken mit Bebauungsplänen
Die Bereitstellung von Grundstücken mit einem bestehenden Bebauungsplan kann die Planungsrisiken für Projektentwickler erheblich reduzieren und die Bauzeit erheblich verkürzen. Die Stadt Madrid hat diese Maßnahme sehr effektiv eingesetzt und ist eine der wenigen Metropolen, in denen in den letzten Jahren genug neue Wohnungen geschaffen wurden.
Serielles Bauen, mit Masterplan und Masterdesign
Seriell gefertigte Wohnungen können heute ein attraktives Wohnumfeld bieten, das höchste ESG-Anforderungen erfüllt. Mittels serieller Fertigung könnten laut Branchenexperten wie beispielsweise Conpur die Baukosten von 3.000 Euro auf geschätzt 2.000 Euro pro Quadratmeter gedrückt werden. Für den Aufbau einer seriellen Fertigung sollte man die Bauprojekte einheitlich auf Bundesebene genehmigen, so dass bundesweit einheitliche Baustandards für serielles Bauen geschaffen werden.
Nur dann lassen sich optimale Skaleneffekte erzielen. Masterpläne und Masterdesign von neuen Entwicklungsgebieten würden der industriellen Fertigung von Bauelementen einen deutlichen Schub geben. Damit würde sowohl das Planungs- als auch das Baukostenrisiko reduziert. Serielle Produktion verkürzt auch die Bauzeit, für Investoren wäre es einfacher, früher in die Projektentwicklung einzusteigen.
Wohnungsgesellschaften der öffentlichen Hand
Auch öffentliche Wohnungsgesellschaften könnten einen Beitrag zum Angebot an bezahlbarem Wohnraum leisten. Allerdings beträgt nach der Privatisierungswelle früherer Jahrzehnte ihr Anteil am Gesamtwohnungsbestand laut Zensus im Jahre 2022 nur noch rund 7 Prozent. Dies entspricht rund drei Millionen Wohnungen von insgesamt 43,1 Millionen Wohnungen im Jahr 2022.
Die Kapitalisierung von Wohnungsgesellschaften erfordert allerdings einen wesentlich höheren Kapitaleinsatz des Staates als Zuschüsse an private Investoren, weil die gesamten Baukosten von öffentlichen Trägern aufgebracht werden müssen. Die Gewährung von Zuschüssen an private Investoren erscheint daher effektiver.
Ein natürlicher ‚Match‘: Institutionelle Anleger und Wohnbauinvestitionen
Aufgrund des stabilen Cashflows sind Investments in Wohnimmobilien für eine Anlegergruppe besonders interessant: institutionelle Investoren mit langfristigem Anlagehorizont wie Pensionsfonds oder Versicherungen. Wohnimmobilien bieten ihnen insbesondere im mittleren und niedrigpreisigen Segment Diversifikationsvorteile, da sie weniger zyklisch sind und eine geringere Korrelation mit anderen Immobiliensektoren aufweisen.
Solche Core-Investoren mit geringer Risikoneigung eignen sich auch deshalb als Kapitalgeber, weil sie verglichen mit Value-Add- und opportunistischen Investoren niedrigere Renditeanforderungen haben. Pensionsfonds können allerdings oft kein Bau- und Genehmigungsrisiko eingehen. Dieses wird in der Regel von Projektentwicklern übernommen, die dafür in der Regel aber auch eine höhere Rendite verlangen.
Die Herausforderung: Das Geschäftsmodell von Projektentwicklern tendiert dazu, kurzfristig zu sein. Die Kapazität zur Skalierung fehlt, da das Eigenkapital oft begrenzt ist. Wohnentwicklungen sind für sie gegenwärtig nicht profitabel oder erbringen keine risikoadäquate Verzinsung. Also werden weniger Projekte begonnen. Für realisierte Projekte sind die angesetzten Mieten oft hoch und für viele Wohnungssuchende nicht mehr leistbar.
Da die oben beschriebenen institutionellen Investoren keine Entwicklungsrisiken eingehen können, muss ein Mechanismus gefunden werden, der die Überbrückung von Projektentwicklern zu ihnen hin ermöglicht und gleichzeitig den ausreichenden Bau von bezahlbaren Wohnungen sicherstellt. Eines ist klar: Eine langfristige Strategie zur Ankurbelung des Wohnungsbaus muss eine klare Vorstellung davon haben, welche Rolle private Kapitalquellen spielen sollen. Wenn sie als Partner angesehen werden, werden sich auch mehr von ihnen bereitfinden zu investieren.
Akzeptanz einer angemessenen Verzinsung für Kapitalgeber
Zu einer nüchternen Debatte gehört es, institutionellen Investoren eine angemessenen Verzinsung zuzugestehen, beispielsweise eine Ausschüttungsrendite von 3 bis 4 Prozent, und die Mieten an die Inflation anzupassen. Letztlich wird von den Eigentümern ja auch erwartet, dass sie die Immobilien instand halten, energetisch sanieren und professionell verwalten. Diese Kosten sind ebenfalls Preissteigerungen unterworfen.
Auch Projektentwickler dürfen einen angemessenen Gewinn erwarten. Projekte haben eine Realisierungshorizont von 2 bis 3 Jahren. Ein Gewinn von 15-20 Prozent über den Entwicklungszeitraum hinweg erscheint vor dem Hintergrund der Risiken und Unsicherheiten angebracht. Dabei sollte die Projektkalkulation auch eine angemessene Verzinsung für das eingebrachte Eigenkapital während der Bauphase enthalten. Eine laufende Verzinsung (Coupon) macht einen frühen Projekteinstieg und eine Zahlung nach Baufortschritt für Investoren attraktiver.
Ein Verständnis über die für Investoren angebrachte Rendite ist notwendig, um den Wohnbau im angemessenen Umfang zu fördern, aber auch, um die gesellschaftliche Akzeptanz einer solchen Förderung über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten.
Ein übergreifende Strategie für Metropolregionen muss ausreichend Bauland ausweisen und Genehmigungsprozesse verkürzen. Für den Bau von preisgebundenen Wohnungen bedarf es einer klaren Vorstellung über die die Höhe der Förderung in Form von zinsgünstigen Darlehen und direkten Bauzuschüssen, die eine angemessene Verzinsung für Projektentwickler und Investoren berücksichtigt und auch die Kosten für das Bauland mit einbezieht.
Ein breiter politischer Konsens über eine Strategie zur Förderung des Wohnbau wäre wünschenswert, um einen langfristig stabilen politischen Rahmen zu schaffen, wie es ihn beispielsweise in Finnland gibt – eines der wenigen Länder in Europa, in dem es auch in den Metropolregionen keine Knappheit an Wohnraum gibt.
Fazit
Investmentmanager und die dahinterstehenden institutionellen Anleger können einen wichtigen Beitrag zur Lösung der Wohnungsknappheit leisten. Unter den richtigen Rahmenbedingungen wird es möglich sein, ein Vielfaches des gegenwärtig von institutionellen Investoren im Wohnungssektor angelegten Kapitals zu mobilisieren. Die Schaffung von bezahlbaren Wohnraum und die angemessene Verzinsung des dafür eingesetzten Kapitals für die institutionellen Anleger müssen kein Widerspruch sein.
Über den Autor:
Marius Schöner ist seit 30 Jahren in der Immobilienbranche tätig und bekleidet heute die Position als Leiter Wohnungsbau in EMEA-Raum (Head of EMEA Residential) bei CBRE Investment Management. Insgesamt arbeitet er bereits seit über 10 Jahren in Führungspositionen bei dem Wohungsinvestor. Frühere berufliche Stationen waren Deka Immobilien, Morgan Stanley, Macquarie Global Property Advisors und Blackrock.