Deutsche Oppenheim Family Office „Es geht um die Griffigkeit für den Vermögensträger“

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Gehen Sie dabei auch auf aktuellere Entwicklungen ein?

Freytag: Ja, klar. Schon seit Längerem sprechen wir die Mandanten darauf an, dass die Risiken aus der Vergangenheit, die in solchen Stresstests aufgezeigt wurden, geringer sind als das, was wir wahrscheinlich in der Zukunft erleben werden.

Leipholz: Das ist auch klar, denn den berühmten Speck am Anleihemarkt gibt es nicht mehr. In den Börsenjahren 2001 bis 2003 konnten bei einem gemischten Portfolio von 30 Prozent Aktien und 70 Prozent Anleihen Letztere den Verlust der Aktien – der Dax beispielsweise brach damals über 50 Prozent ein – ausgleichen. Das würde so heute nicht mehr funktionieren. Das muss man beim Kunden ansprechen und dann fragen: Kannst du das aushalten? Als aktiver Vermögensverwalter werden wir immer versuchen, solche Verlustphasen abzumildern. Aber im Fall des Falles muss man damit rechnen.

Wie aktiv sind Sie denn als aktiver Vermögensverwalter?

Leipholz: Das wird in der Investmentstrategie mit taktischer Asset Allocation spürbar. Zunächst beginnen wir aber wie geschildert mit der strategischen Vermögensallokation. Dadurch erhält man ein Portfolio, dessen Struktur man langfristig, also fünf Jahre und mehr, durchaus so halten könnte. Je mehr Risikobereitschaft in einer Vermögensallokation steckt, desto länger sollte der betrachtete Zeitraum sein. Durch die Einschätzung aktueller Marktgegebenheiten kann man nun versuchen, durch Verschiebung der Risikobudgets eine höhere Performance zu erzielen. Auf diesen Teil verwenden wir in unserem Investmentprozess einen Großteil unserer Zeit. Kommen wir dann zu einer Meinung, dass ein Abweichen von der Benchmark sinnvoll ist, positionieren wir uns spürbar. Kein Hin- und Herschieben zwischen 28 und 32 Prozent bei einer Aktienquote von 30 Prozent, sondern eine deutlich klarere Positionierung. Das verstehen wir unter aktiver taktischer Asset Allocation.

Freytag: Als nächstes folgt die Wahl der Investmentvehikel. Zur DNA des Single Family Office der Familie von Finck, aus der die Deutsche Oppenheim mit hervorgegangen ist, gehörte immer, Investitionen in Aktien wie eine Beteiligung zu begreifen. Daher beschäftigen wir uns sehr intensiv mit den Unternehmen und deren Geschäftsmodell, in die wir investieren. Auch das macht ein Investment für die Mandanten spannender und erlebbarer.

Leipholz: Das ist ein bisschen die Kunst, top-down ein Portfolio anhand einer mathematischen Modellierung einer strategischen Vermögensallokation mit den Geschichten und Ideen von Einzeltiteln zusammenzubringen.

Freytag: Letztlich muss die Balance stimmen. Man muss quasi ausschließen, dass man sich in der Portfoliokonstruktion Wertpapiere raussucht, die überhaupt nichts mit der eigenen fundamentalen Meinung zu tun haben, und damit die strategische Asset Allocation teilweise unterläuft. Des Weiteren muss man die Klumpenrisiken im Blick behalten. Ein Beispiel ist Öl: Man kann Öl-Exposure auf der Aktienseite haben, Öl in der Rohstoffquote haben und gleichzeitig in stark ans Ölgeschäft gekoppelte Währungen wie die Norwegische Krone investiert sein. Und plötzlich hat man ein riesiges Öl-Exposure in der Gesamtallokation. Das würde dann all unsere Mühen im Investmentprozess konterkarieren, wenn man eigentlich aus der fundamentalen Sicht eher skeptisch für den Ölpreis wäre.

 

Über die Interviewten:
Stefan Freytag ist seit 2013 Vorstandsmitglied des Deutschen Oppenheim Family Office und vor allem für die Vermögensverwaltung zuständig. Seine berufliche Laufbahn umfasst zudem das Family Office Wilhelm von Finck, Swiss Life Deutschland und die Bayerische Rückversicherung.

Oliver Leipholz ist bereits seit achtzehn Jahren für die Deutsche Oppenheim Family Office beziehungsweise die Vorgängerin Wilhelm von Finck tätig. Der 44-Jährige ist leitender Portfoliomanager.

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