Welche Kriterien müssen herangezogen werden, um im heutigen Wirtschaftsumfeld Value-Potenzial zu ermitteln?
Robert Novy-Marx („Quality Investing", 2014) analysierte für den Zeitraum von 1963 bis 2013 neben dem klassischen Value- Ansatz mit dem Kurs-Buchwert-Verhältnis KBV eine Vielzahl von Long-only-Kombinationen aus Value- und Quality-Faktoren von Benjamin Graham („The Intelligent Investor“, 1973), Joel Greenblatt („The Little Book That Still Beats the Market“, 2010), Piotroski und So („Identifying Expectation Errors in
Value/Glamour Strategies“, 2012) sowie einem eigenen Ansatz.
Als die besten Ansätze mit den höchsten Überrenditen erwiesen sich Joel Greenblatts...
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Welche Kriterien müssen herangezogen werden, um im heutigen Wirtschaftsumfeld Value-Potenzial zu ermitteln?
Robert Novy-Marx („Quality Investing", 2014) analysierte für den Zeitraum von 1963 bis 2013 neben dem klassischen Value- Ansatz mit dem Kurs-Buchwert-Verhältnis KBV eine Vielzahl von Long-only-Kombinationen aus Value- und Quality-Faktoren von Benjamin Graham („The Intelligent Investor“, 1973), Joel Greenblatt („The Little Book That Still Beats the Market“, 2010), Piotroski und So („Identifying Expectation Errors in
Value/Glamour Strategies“, 2012) sowie einem eigenen Ansatz.
Als die besten Ansätze mit den höchsten Überrenditen erwiesen sich Joel Greenblatts Magic Formula, eine Kombination aus EV/EBIT und Return on Invested Capital (ROIC) sowie der eigene Ansatz von Novy-Marx, eine Kombination aus KBV und Profitabilität.
Bei beiden Ansätzen kommt eine traditionelle Value-Kennzahl (EV/EBIT oder KBV) um eine Profitabilitätskennzahl (ROIC beziehungsweise Bruttorentabilität) hinzu. Damit erschließt sich für Value-Investoren eine zusätzliche Dimension: Neben durchschnittlichen Unternehmen zu Discount-Preisen (Value) können sie durch Hinzunahme der Profitabilitätskennzahl nun auch hochprofitable Unternehmen zu fairen Preisen identifizieren und allokieren. Benjamin Grahams bekanntester Schüler bekennt sich selbst zu dieser Form des Value-Ansatzes:
Tatsächlich zeigen Frazzini und Pedersen („Buffett’s Alpha“, 2012) in ihrer Studie, dass sich ein Großteil des Erfolgs von Buffets Investmentfirma Berkshire Hathaway dadurch erklären lässt.
Der adäquate Ausbau einer Value-Strategie um eine Profitabilitätskennzahl ist insbesondere bei der Beurteilung von niedrig bewerteten Unternehmen sinnvoll. Denn eine Strategie rein nach Bewertung birgt die Gefahr, in Value Traps zu investieren, also in Unternehmen, die zwar niedrig bewertet sind, aber kein zukunftsfähiges Geschäftsmodell haben oder bereits in wirtschaftliche Schieflage geraten sind.
Fundamental betrachtet, dient die zusätzliche Sicht auf die Profitmarge als Indikator für ein funktionierendes Geschäftsmodell und soll so strukturelle Fehlinvestitionen verhindern.
Kombination von Ertragsqualität und Bewertungsniveau überzeugt
Aufbauend auf dieser Erkenntnis setzte unsere Studie an. Ziel war es, diejenigen Kriterien zu ermitteln, die am besten geeignet sind, um Value-Unternehmen mit attraktivem Ertragspotenzial zu identifizieren und den Selektionsansatz mit Zahlen aus der jüngeren Vergangenheit (bis Ende 2020) zu verifizieren.
Um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, konnten wir auf die langjährig aufgebaute Datenbank der hauseigenen Kapitalmarktforschung zurückgreifen. Der umfangreiche Datenpool verfügt über zahlreiche Kennzahlen zurück bis ins Jahr 1986.
Damit konnten diverse Faktor-Strategien miteinander verglichen werden. Einzelfaktor-Strategien basieren auf einem einzigen Faktor, während bei Multi-Faktor-Strategien mehrere Faktoren zu einem Multi-Score kombiniert werden.
Die folgende Grafik zeigt die besten 20 Prozent aller Unternehmen, sortiert nach dem jeweiligen Faktor.
Die Multi-Faktor-Strategie Profitable Value (PV), welche das Profitabilitätskriterium Bruttomarge und die Value-Kennzahl EV/EBITDA vereint, wies im Backtest das beste Risiko-Rendite-Profil auf.
Die Bruttomarge ist eine betriebswirtschaftliche Kennzahl, die den Quotienten aus der Differenz zwischen Umsatzerlösen und Waren- beziehungsweise Materialeinsatz und dem Umsatz darstellt. Sie ist für die Ertragsanalyse besonders gut geeignet, da sie anzeigt, wie profitabel das Unternehmen in seiner Kerntätigkeit arbeitet. Die Unternehmensbewertung (EV) im Verhältnis zum Gewinn vor Zinsen, Steuern, Zu- und Abschreibungen (EBITDA) liefert eine Value-Kennzahl, die unabhängig vom Verschuldungsgrad und der Höhe der Zu- und Abschreibungen ist.
Unternehmen mit einem hohen PV-Faktor-Wert erzielten nicht nur eine Outperformance bei im Vergleich geringeren Rückschlägen, sie erweisen sich zudem auch als stabiler. Das heißt, je höher das Ergebnis, desto größer ist statistisch die Outperformance und desto geringer sind die Rückschläge (Drawdowns).
Profitable Value als Basis einer Anlagestrategie
Um diese Value-Strategie in der Praxis umsetzen zu können, haben wir das Aktien-Universum gezielt auf jene Unternehmen beschränkt, bei denen die Handelbarkeit gewährleistet ist. Daher konzentriert sich unsere Analyse auf Investoren-freundliche Länder, die Investitionen mit angemessenen Transaktionskosten zulassen.
Zudem setzen wir einen Streubesitz von mindestens einer Milliarde Euro voraus, um eine hohe Liquidität zu gewährleisten und Transaktionen effektiv und kostengünstig abzubilden. Daneben werden nur Unternehmen allokiert, die keine strukturellen Probleme aufweisen, welche zu existenzgefährdenden Risiken führen könnten. Deshalb gehört auch ein positives Nettoergebnis zu unseren Selektionskriterien. Des Weiteren verlangen wir zur Sicherheit eine Eigenkapitalquote von mindestens 33 Prozent.
Um eine angemessene Anzahl von Aktien zu erhalten, haben wir aus diesem gefilterten Subuniversum die 30 Prozent besten Unternehmen nach PV-Wert ausgewählt. Untersucht haben wir auch, ob sich die Überlegenheit der Strategie über verschiedene Länder und Sektoren hinweg zeigt. So konnten wir sicherstellen, dass die Outperformance nicht nur durch einzelne Länder oder Sektoren determiniert ist.