Der richtige Wille Welche Punkte in einem guten Testament enthalten sein sollten

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Aufgrund der Komplexität sollte sich jedoch grundsätzlich jeder bei der Gestaltung und Formulierung beraten lassen. Das muss nicht zwingend durch einen Notar erfolgen. In komplexeren Fällen ist ein spezialisierter Rechtsanwalt häufig die bessere Wahl. Außerdem sollten sich Unternehmer und andere vermögende Mandanten unbedingt auch noch vom Steuerberater/Wirtschaftsprüfer und von einem erfahrenen Estate Planner beraten lassen. Besonders wichtig ist bei Unternehmern, dass das Testament mit allen anderen Regelungen, insbesondere den Gesellschaftsverträgen, abgestimmt wird. Aber nun zur spannendsten Frage:

Was sollte alles in einem guten Testament/Erbvertrag enthalten sein?

  • Widerruf: Zur Klarstellung, dass nur das aktuelle Testament Gültigkeit haben soll, empfiehlt sich am Beginn einer letztwilligen Verfügung ein Widerruf aller bisher getroffenen Verfügungen.
  • Erbeinsetzung: Banal, aber entscheidend ist es, einen oder mehrere Erben einzusetzen. Der oder die Erben treten im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge in die Fußstapfen des Erblassers und übernehmen damit seine Rechte und Pflichten. Sie sind auch für die Abwicklung des Nachlasses verantwortlich. Erben können natürliche und juristische Personen werden.
  • Ersatzerbe-Einsetzung: Für den Fall, dass der oder die benannten Erben vorversterben sollten, sollte unbedingt geregelt werden, wer dann Ersatzerbe wird.
  • Vor- und Nacherbschaft: Für den Fall, dass man die Erbfolge über mehrere Generationen regeln möchte, kann man das Instrument der Vor- und Nacherbschaft nutzen. Dabei muss man jedoch berücksichtigen, dass der Vorerbe je nach Ausgestaltung mehr oder weniger in der Verfügung über den Nachlass beschränkt ist.
  • Erbengemeinschaften vermeiden: Wenn es mehr als einen Erben gibt, kommt es zur sogenannten Erbengemeinschaft. Die sieht für viele Entscheidungen Einstimmigkeit vor und ist besonders streitanfällig. Das kann man vermeiden, indem man beispielsweise nur einen Erben einsetzt und die anderen Begünstigten zu Vermächtnisnehmern macht oder einen Testamentsvollstrecker mit der Abwicklung des Nachlasses beauftragt. Bei Unternehmern empfiehlt es sich in der Regel, den gewünschten Unternehmensnachfolger zum Alleinerben zu machen.
  • Regelung für gleichzeitiges Versterben: In gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen sollte auch eine Regelung für das gleichzeitige Versterben der Testierenden mit aufgenommen werden. Diese als Katastrophenklausel bezeichnete Regelung beschreibt, was passieren soll, wenn die beiden Erblasser gleichzeitig oder aber aus gleichem Anlass versterben.
  • Vermächtnisse: Mit Vermächtnissen haben Sie die Möglichkeit, bestimmte Teile des Nachlasses (Immobilien, Gegenstände, Geld oder auch Bruchteile des Gesamtnachlasses) sogenannten Vermächtnisnehmern zukommen zu lassen. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass Vermächtnisnehmer nur einen schuldrechtlichen Herausgabeanspruch an die Erben haben.
  • Digitaler Nachlass: Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte explizit geregelt werden, an wen der digitale Nachlass fällt.
  • Testamentsvollstreckung: In einer letztwilligen Verfügung kann man Testamentsvollstreckung anordnen und einen Testamentsvollstrecker bestimmen, der den Nachlass abwickelt (Abwicklungsvollstreckung) oder Teile des Nachlasses treuhänderisch für längere Zeit verwaltet (Verwaltungs- oder Dauertestamentsvollstreckung). Der Testamentsvollstrecker muss die letztwilligen Verfügungen erfüllen. Testamentsvollstreckung ist vor allem bei minderjährigen, wirtschaftlich unerfahrenen Nachfahren oder bei Erben mit Behinderung geboten. Bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung sollten unbedingt folgende Punkte geregelt werden: Art der Testamentsvollstreckung (Abwicklung/Dauer); Beschreibung der Aufgaben, die übernommen werden sollen; eindeutige Benennung eines Testamentsvollstreckers und eines Ersatzvollstreckers; gegebenenfalls Benennungsrecht, das regelt, wer den Testamentsvollstrecker bestimmen darf; Vergütungsregelung sowie Befreiung von einigen gesetzlichen Vorgaben.
  • Sorgerechtsverfügung: Mit einer Sorgerechtsverfügung sollte geregelt werden, wer bei minderjährigen Kindern im Falle des Todes der Eltern Vormund wird.
  • Pflichtteilsstrafklausel: Die Pflichtteilsstrafklausel ist eine Drohklausel in  gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen, die pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge davon abhalten soll, im ersten Erbgang ihren Pflichtteil zu fordern. Im Idealfall wird diese so formuliert, dass ein Kind, das im ersten Erbgang seinen Pflichtteil gegen den Willen des länger Lebenden einfordert, im zweiten Erbgang enterbt ist. Damit kann man das Einfordern nicht vollständig ausschließen, es aber wirtschaftlich deutlich unattraktiver machen.
  • Öffnungsklausel: Bei gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen kann man Öffnungsklauseln vorsehen, die zum Beispiel dem überlebenden Ehegatten das Recht geben, die Regelungen einseitig zu ändern.
  • Wiederverheiratungsklausel: Viele haben Angst, dass der Ehepartner nach dem eigenen Tod wieder heiratet und dann das an ihn vererbte Vermögen Familienfremden zugute kommt. Für diesen Fall könnte man regeln, dass das Vermögen dann direkt an die eigenen Kinder übergeht. Neben der Heirat sollte auch eine eheähnliche Gemeinschaft und Begründung eines gemeinsamen Wohnsitzes mit aufgenommen werden.
  • Rechtswahl: Es sollte immer die Möglichkeit einer Rechtswahl zugunsten des Staatsangehörigkeitsrechts geprüft werden. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass allein die Rechtswahl bei einer notariellen Beurkundung erhebliche Zusatzkosten verursacht.
  • Anfechtungsausschluss: In jede letztwillige Verfügung sollte ein Ausschluss aller Anfechtungsrechte inklusive des Anfechtungsrechts nach Paragraf 2079 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten aufgenommen werden.
  • Auseinandersetzungsverbot: In einigen wenigen Fällen ist es sinnvoll, bei einer Erbengemeinschaft ein zeitlich begrenztes Auseinandersetzungsverbot festzulegen.

Die Aspekte machen deutlich, wie wichtig es ist, sich sachkundig beraten zu lassen, damit beim Erbfall alles glatt läuft.



Über die Autoren:
Jörg Plesse ist Unternehmerberater und Estate Planner mit mehr als 20 Jahren Berufspraxis. Seine Schwerpunkte liegen in der Nachfolgeberatung für Unternehmer und sehr vermögende Mandanten sowie im Stiftungsmanagement.

Hubert Hoffmann ist Financial und Estate Planner mit mehr als zehn Jahren Berufserfahrung. Seine Schwerpunkte liegen in der strategischen Finanzplanung sowie der Nachfolgeberatung für vermögende Privatkunden, Unternehmer und Stiftungen.

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