2022 hatte es für Bond-Investoren in sich, die Indizes rutschten teils deutlich zweistellig ins Minus. In diesem Jahr lagen sie wieder leicht im Plus. Dürfen Anleger nun wieder aufatmen oder ist es noch zu früh dafür?
Leo Willert: Ja, 2022 war für Bond-Investoren wirklich ein sehr schwieriges Jahr. Sogar sicher geglaubte Rentenpapiere wie europäische Staatsanleihen kamen unter Druck, und man sah historisch einzigartige Kursverluste. Der FTSE European Government Bond Index verlor 20,01 Prozent. In diesem Jahr konnten sich die meisten Rentenindizes trotz weiter steigender Zinsen nun wieder stabilisieren und einen leicht positiven Kursanstieg verzeichnen.
Fakt ist jedenfalls: Die EZB hatte nach mehr als sechs Jahren erstmals am 27. Juli 2022 die Leitzinsen angehoben und läutete damit die Zinswende in Europa ein. Es folgten mittlerweile acht Zinsschritte auf insgesamt 4,25 Prozent. Dieser rasante Zinsanstieg innerhalb der letzten zwölf Monate stellte eine Herausforderung für alle dar – für die Wirtschaft, für Unternehmer und Endverbraucher, aber natürlich auch für Investoren. Denn eines ist fix: Sollten die Zinsen noch weiter steigen, wird sich dies negativ auf bereits begebene Rentenpapiere auswirken, sie werden aufgrund des geringeren Kupons unattraktiver und fallen im Kurs. Daher sollte man in der Geldanlage auch in der Zukunft flexibel bleiben, um auf entsprechende Veränderungen des Marktes reagieren zu können.
Manche Experten gehen davon aus, dass das Ende der Zinswende bevorsteht. Wie ist Ihre Einschätzung dazu?
Willert: Was die weitere Entwicklung der Zinsmärkte betrifft, gibt es mittlerweile divergierende Expertenmeinungen. Das Spektrum zukünftiger Zinsprognosen ist daher weitreichend. Manche Wirtschaftsexperten rechnen noch mit weiteren Zinsschritten, da die Inflation noch immer nicht im gewünschten Bereich liegt. Andere Marktteilnehmer erwarten bereits wieder erste Leitzinssenkungen, um durch hohe Zinsen die Wirtschaft nicht zu stark abzuschwächen. Wer recht behält, wird sich zeigen. Prognosen sind eben schwierig. Auch Anfang 2022 hatte niemand den rasanten und steilen Zinsanstieg und somit den heftigen Kursrückgang am Bond-Markt vorausgesagt.
Wir bei ARTS Asset Management glauben daher an das, was wir sehen, beziehungsweise analysieren können – nämlich an die tatsächlichen Kurse am Markt. Denn der Markt hat immer recht, auch wenn die Kurse subjektiv als zu hoch oder zu niedrig empfunden werden. Wir sind eben Trendfolger und prognostizieren nicht, wohin die Preise sich entwickeln werden.
Viele Anleger sind unsicher, wie sie angesichts der Marktlage agieren sollen – abwarten, aufstocken, aus- oder umsteigen? Mit dem C-Quadrat ARTS Total Return Bond Fund müssen Sie sich diese Fragen nicht stellen, da das von Ihnen entwickelte Trendfolgesystem die Anlageentscheidungen vorgibt. Inwiefern haben sich die Signale in den vergangenen Monaten verändert, was lässt sich daraus ableiten?
Willert: Der C-QUADRAT ARTS Total Return Bond Fonds bietet über sein Trendfolgemodell genau diese Möglichkeit. Und das mittlerweile über zwei Dekaden. Hier wählt ein quantitatives Handelssystem „unconstrained“, also ohne Beschränkungen, aktiv und Algorithmus-basiert aus einem großen Universum von mehr als 1.000 Rentenfonds und -ETFs die trendstärksten Portfoliobestandteile aus. Dabei kann die gesamte Bandbreite der Rentenmärkte für Investments genutzt werden. Von Staatsanleihefonds über Inflation-Linked-Bond-Produkte bis hin zu Hochzinsanleihefonds mit Schwellenländerfokus sowie Unternehmensanleihen. Hinsichtlich der Portfoliozusammensetzung gelten keinerlei Benchmark-Vorgaben, so dass sämtliche Signale des Trendfolgemodells in puncto Währungen, Regionen oder Laufzeiten ohne Restriktionen umgesetzt werden können. Investiert wird dabei ausschließlich in Zielfonds, die die stärksten und stabilsten Trends abbilden.
Welche sind das?
Willert: Aktuell sind High-Yield-Titel sowie Emerging-Market-Fonds mit über 50 Prozent im Portfolio sehr stark gewichtet. Hervorzuheben wäre hier der Emerging Credit Fund von Edmond de Rothschild. Seit Jahresbeginn bis zum Stichtag 31. Juli verzeichnete er ein Plus von 7,32 Prozent.
Im schwierigen Jahr 2022 lag der Fonds mit überschaubaren 4,7 Prozent im Minus und kam damit weitaus glimpflicher davon als viele andere Rentenfonds. Welche Rolle spielte das systematische Risikomanagement dabei, das bei den Fonds Ihres Hauses zum Einsatz kommt?
Willert: Die Schlüsselwörter sind und waren: Flexibilität, gepaart mit Risikomanagement. Denn gerade in herausfordernden Zeiten ist es besonders wichtig, das Portfolio aktiv zu verwalten und sich den volatilen Umgebungsbedingungen anzupassen. Denn es gibt immer wieder Sektoren, die auch von einer hohen Inflation oder steigenden Zinsen profitieren können. Aus dieser Gruppe gilt es, die vielversprechendsten Werte herauszufiltern. Und jedes getätigte Einzelinvestment bekommt automatisch eine Absicherung verpasst. Es wird je nach Volatilität gewichtet und mit einem Stop-Loss-Limit versehen. Gerade in diesem schwierigen Jahr 2022 bedurfte es einer extrem flexiblen Anlagestrategie, um am Rentenmarkt zu reüssieren und schmerzhafte Kursverluste im Zaum zu halten. Denn auch eine bis dahin funktionierende Diversifikation innerhalb des Rentenbereichs war aufgrund der hohen Korrelation der einzelnen Indizes kaum sinnvoll. Hier konnte unser C-QUADRAT ARTS Total Return Bond abermals beweisen, dass seine aktive und flexible Strategie inklusive seiner Absicherungsstrategie auch in diesem schwierigen Marktumfeld funktioniert. So konnte er sowohl einzelne Benchmarks als auch die Mehrzahl der Mitbewerber hinter sich lassen.
Zunehmend etabliert sich in Wirtschaftskreisen das Kürzel „VUCA“ für eine Welt, die von den vier Faktoren Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit geprägt ist. Inwiefern treffen diese unter diesem Kürzel zusammengefassten Eigenschaften auch auf die Kapitalmärkte zu?
Willert: Ja, wir befinden uns in einer wahnsinnig schnelllebigen Welt, die von „VUCA“-Faktoren geprägt wird. Die Bankenkrise vom März ist jetzt fast schon wieder Geschichte und vergessen. Die Aktienindizes zeigen seit Jahresanfang eine starke aber volatile Entwicklung, auch wenn sie zuletzt an Schwung verloren haben. Parallel sieht man eine positive Entwicklung an den Bond-Märkten. Und das, obwohl die Zinsen dieses Jahr im Juli bereits zum fünften Mal angehoben wurden. Die Marktlage bleibt aber sicherlich angespannt und schwierig zu prognostizieren.
Wie können Investoren ihre Portfolios fit für die komplexe VUCA-Welt machen und inwiefern würden Sie VUCA als Steilvorlage für Trendfolgemodelle wie das von Ihnen entwickelte ARTS-Handelssystem bezeichnen?
Willert: Das Jahr 2023 ist noch nicht zu Ende, war aber schon ziemlich turbulent. Aber egal was noch alles kommt und welche Auswirkungen das auch auf die Anleihekurse haben wird: Wir raten Investoren, stets den Markt im Auge zu behalten und dabei möglichst aktiv und flexibel zu bleiben. Wer das – warum auch immer – nicht selbständig erledigen kann oder etwa aus zeitlichen Gründen nicht möchte, sollte dies an aktive Asset Manager auslagern. Und wenn sich Investoren für unseren C-QUADRAT ARTS Total Return Bond Fonds mit seinem Track Record von annähernd zwei Dekaden entscheiden, freut uns das natürlich besonders.
Inwiefern hat Ihre Einschätzung, dass Buy-and-Hold-Strategien im Rentenbereich nicht mehr zeitgemäß sind, mit VUCA zu tun? Und was raten Sie Rentenanlegern stattdessen?
Willert: Die VUCA-Eigenschaften gelten natürlich auch für die Kapitalmärkte. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist das allgemeine Unsicherheitsgefühl signifikant gestiegen. Mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine wurde der Glaube an ein friedliches Europa pulverisiert und eine Energiekrise ausgelöst, die kaum einer kommen sah. Letztendlich sind Zins und Inflation in einer Schnelligkeit wieder zurückgekehrt, die die Marktteilnehmer so nicht erwartet haben. In dieser neuen VUCA-Welt rücken Flexibilität in der Veranlagung und die Absicherung des Portfolios vor möglichen Risiken und den damit einhergehenden Verlusten infolge einer höheren Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit in den Vordergrund. Eine einfache Buy-and-Hold-Strategie oder eine starre Asset-Allokation ist in dieser Welt hoch riskant und kann zu unerwünschten Ergebnissen führen. Das gilt im Rentenbereich genauso wie für Aktieninvestments. Ein Ansatz ohne feste Veranlagungs-Quoten, welcher flexibel und Benchmark-unabhängig investiert, könnte hier eine Lösung bieten.