Familienunternehmen „Der Grundsatz ‚Business first‘ kann das Geschäft zugrunde richten“

Peter May

Peter May

private banking magazin: Als ehemaliger Geschäftsführer der May-Gruppe arbeiteten Sie selbst in einem Familienunternehmen. Was hat Sie zum Wechsel ins Beratungsgeschäft bewogen?

Peter May: Mein Vater sagte schon sehr früh zu mir „Mein Sohn, du bist ein Theoretiker“. Und er hatte Recht. Ich liebe die Ratgeber-Rolle – und bin darin viel besser als im aktiven Unternehmertum.

private banking magazin: Anton Schlecker wäre auf einem anderen Posten wohl auch besser aufgehoben. Was wurde seiner Drogerie-Kette zum Verhängnis?

May: Das Gesetz des Lebenszyklus. Denn nicht jede erfolgreiche Idee wird die nächsten 30 Jahre überleben. Wer im harten Wettbewerb oben bleiben will, muss sich immer etwas Neues einfallen lassen. Das haben die Schlecker-Erben versäumt.

private banking magazin: Könnte es daran liegen, dass Publikumsgesellschaften einfach professionelleres Top-Management haben?

May: Nein, das ist ein weit verbreiteter Mythos, der durch zahlreiche Studien widerlegt wurde. Das Gegenteil stimmt aber auch nicht. Familienunternehmen sind weder besser noch schlechter – sie sind anders.

private banking magazin: Und ihre Manager haben andere Herausforderungen zu bewältigen. Welche ist die größte?

May: Die Anforderungen der Familie und die des Unternehmens unter einen Hut zu bringen. Während eine Familie alle Mitglieder gleich behandeln sollte, regiert in Unternehmen das Leistungs- und Wettbewerbsprinzip. Die Entscheider in Familienunternehmen müssen sich bei jeder Frage klar machen, ob sie nun als Familienoberhaupt oder als Firmenchef gefragt sind – und dementsprechend handeln. Versäumen sie das, droht Chaos.

private banking magazin: Und wie könnte das schlimmstenfalls enden?

May: Wie bei der Industriellenfamilie Wittgenstein. Karl Wittgenstein war mit seinem Stahl- und Finanzunternehmen Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts der reichste Mensch Österreichs. Doch von seinen acht Kindern war keines in der Lage, das Familienimperium weiterzuführen. Drei seiner fünf Söhne begingen Selbstmord. Die zwei jüngsten – darunter auch der berühmte Philosoph Ludwig Wittgenstein – machten zwar glänzende Karrieren, aber in ganz anderen Bereichen. Von den drei Töchtern blieb eine ledig, die beiden anderen heirateten unglücklich. Ein trauriger Beispiel dafür, dass der Grundsatz „Business first“ sowohl die Familie als auch das Geschäft selbst zugrunde richten kann.

Zum Buch: Peter May: Erfolgsmodell Familienunternehmen – Das Strategie-Buch
Verlag: Murmann
Preis: 24,90 Euro (334 Seiten)
ISBN: 978-3-86774-174-3

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