Bethmann-Verantwortliche im Gespräch „Der ganz große IT-Wurf kommt 2022“

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Und was hat der Kunde von einem neuen Kernbankensystem?

Hanegraaf: Zunächst spürt er die Implementierung nicht, denn das Kundenerlebnis ändert sich nicht von jetzt auf gleich. Das kommt später, wenn sich die neu geschaffene IT-Infrastruktur mit all ihren Komponenten aus CRM, KYC, Onboarding und weiteren Prozessen zu einem schlankeren, effizienteren Bankapparat zusammenfügt. Allerdings wird die Bethmann Bank keine vollständig digitale Bank. Der Grund dafür liegt in unserer Philosophie: Wir glauben an persönliche Beratung, unterstützt durch digitale Tools. Es wird also auf ein hybrides Modell hinauslaufen.

Wie wichtig werden Daten damit für Banken?

Hanegraaf: Enorm wichtig. Unsere IT-Strategie zielt unter anderem darauf ab: Wir wollen unsere Datenqualität insgesamt auf ein höheres Niveau heben. Das schafft man, indem man in der eigenen IT-Systemlandschaft einen Großteil der Software-Lösungen integriert und nicht über Schnittstellen andockt. Ein Datensatz muss dann nur noch einmal erfasst werden. Das nennt man Golden Source. Die Datenpflege in verschiedenen Programmen, wo derzeit noch mehrere Datensätze zum gleichen Thema vorliegen, wird damit obsolet. Dadurch lässt sich über die IT die Datenqualität sichern, während wir gleichzeitig unsere Effizienz erhöhen.


Ist die digitale Weiterentwicklung im Private Banking eigentlich schwieriger als in anderen Banking-Geschäftsfeldern?

Van der Deijl: Ja und nein. Einerseits ist es schwieriger, das Private Banking in der IT abzubilden, weil man das Wertpapiergeschäft mit dessen regulatorischen Vorgaben und die steuerliche Erfassung gewährleisten können muss. Anderseits ist beispielsweise das Kreditgeschäft mit Blick auf größere Kredite recht anspruchsvoll, weil diese meist sehr individuell sind und sich deshalb die dazugehörenden Abläufe nicht leicht automatisieren lassen.

Hanegraaf: Wir dürfen nicht vergessen, dass es im Private Banking nicht den einen Kunden gibt – dass es aber um jeden einzelnen Kunden mit seinen individuellen Präferenzen geht. Um ein administratives Beispiel zu nennen: Einige unserer Kunden wollen ihre Bankbelege noch per Post bekommen, andere schon digital, am besten über mehrere Online-Kanäle. Unsere Kunden sind in der Mehrheit nicht mehr 18 Jahre alt; dennoch wird die Gruppe derjenigen, die digitale Lösungen nachfragen, zunehmend größer. Selbstverständlich wissen wir, dass wir keine Retail-Bank mit Zehntausenden von Kunden sind, denen wir eine einheitliche Lösung bieten können. Unsere Aufgabe als Bethmann Bank ist es vielmehr, den unterschiedlichen Kundenbedürfnissen zu entsprechen. Das Private Banking ist deshalb manchmal einen Tick langsamer. Aber mit der gemeinsamen IT-Systemlandschaft können wir unsere Prozesse trotzdem beschleunigen.

Hat der Ausbruch der Corona-Pandemie eigentlich etwas an der IT-Strategie geändert?

Van der Deijl: Nein, nicht wirklich. Wir hatten aber ein gutes Timing, weil wir bereits Ende 2019 die Möglichkeit von Vertragsabschlüssen mittels E-Signing eruiert haben. Zeitgleich haben wir das gesamte Office365-Paket implementiert und waren im ersten Lockdown bereits Bethmann-weit geübt im Umgang mit Video-Telefonie via MS Teams. Zudem konnten wir bereits zuvor von zu Hause aus arbeiten, da jeder mit einem Laptop ausgestattet war.