Der etwas andere Marktausblick Wie entwickeln sich Gehälter, Jobprofile & Co. im Private Wealth Management
Wo sehen Sie die Private-Wealth-Management-Branche in Deutschland zurzeit?
Berndt Heymanns: Die Branche ist unter Druck. Die Kosten steigen, die Erträge sinken. Viele gehen daher den Weg, größere Einheiten zu bilden und das Produktangebot zu standardisieren. Allerdings liegt der Schlüssel zu mehr Erfolg in der persönlichen und individuellen Betreuung und Beratung der Kunden.
Wird die Zahl der Jobwechsel in naher Zukunft zunehmen?
Heymanns: Es wird mehr Jobwechsel geben. Viele Mitarbeiter bei Großbanken sind desillusioniert, auch weil die Institute mittlerweile eine schlechte Reputation bei den Kunden haben. Zu wenig Belohnung für langjährige Mitarbeiter im Vergleich zu Neueinstellungen. Hochkarätern stört oft, dass sie zunehmende durch die Bankenhierarchie fremdbestimmt werden.
Wo entstehen künftig vermehrt Stellen: bei den Banken, bei unabhängigen Vermögensverwaltern, bei Family Offices oder anderen kundenseitigen Arbeitgebern wie Stiftungen, Versorgungswerken, Kirchen et cetera?
Heymanns: Tendenziell bei unabhängigen Vermögensverwaltern und Family Offices. Gerade von letzteren gab es zuletzt einige Neugründungen. Stiftungen sind meist zu klein, Versorgungswerke und Kirchen bezahlen oft nicht adäquat. Vermögende Familien wollen zunehmend die Vermögensverwaltung selber und besser machen.
Welche Trends gibt es bei den Gehältern im Private Wealth Management?
Heymanns: Die Steigerung der Gehälter ist stark an Wachstum von Umsatz und/oder Ertrag gebunden. Quantität geht vor Qualität der Kundenbetreuung und der langfristigen Kundenbindung.
Inwiefern sind die Jobprofile heutzutage anders als noch vor drei bis vier Jahren?
Heymanns: Meine Einschätzung nach gibt es keine große Veränderung. Hauptaspekt auf der Nachfrageseite ist nach wie vor das Kundenbuch. Von daher sind Generalisten mit starker Kundenbindung gefragt. Spezialisten hingegen nur auf der Produktseite.
Was spielt heutzutage für Wechselwillige eine Rolle?
Heymanns: Nichts von allem. Das Wichtigste, zumindest für gestandene Mitarbeiter, ist Selbstverwirklichung oder Selbstbestimmung im Beruf. Nicht gern gesehen wird hingegen die Einengung durch Hierarchien oder Konzerninteressen.
Holen sich Private Banker und Wealth Manager zunehmend Rat bei einem Karriere-Coach?
Heymanns: Ich glaube nicht. Ein Coaching kommt wohl mehr bei der Beschäftigung in großen Unternehmen in Betracht.
Ein Berater geht von Bank A nach B oder in die Selbstständigkeit. Was sind gute, was durchschnittliche Werte – in Prozent der Assets under Management – bei der Mitnahme des Kundenbuches?
Heymanns: Die meisten Berater überschätzen die Bindung der Kunden zu ihnen. Der „Klebefaktor“ zum Institut ist höher als gedacht. 20 Prozent wären ein guter Wert bei der Mitnahme des Kundenbuches. Meistens ist es weniger. Für größere Kunden ist die Prozessstabilität bei der Betreuung wesentlich.
Sehen Sie, dass sich zunehmend ausländische Private-Banking-Anbieter wieder für den deutschen Markt interessieren?
Heymanns: Eher nicht, jedenfalls nicht im Wealth Management und in der Vermögensverwaltung. Die Margen, und damit die Ertragsaussichten, sind in Deutschland vergleichsweise niedrig. Zum Beispiel hat die UBS mehrere vergebliche Anläufe genommen, die Erträge zu steigern. Die Credit Suisse hat ihr Deutschlandgeschäft wegen anhaltender Verluste verkauft. Es bleibt abzuwarten, ob der Brexit eine neue Entwicklung bringt. In Betracht kommt weniger eine Neugründung als vielmehr der Erwerb bestehender Einheiten.