Der etwas andere Marktausblick Wie entwickeln sich Gehälter, Jobprofile & Co. im Private Wealth Management
Wo sehen Sie die Private-Wealth-Management-Branche in Deutschland zurzeit?
Hannemann: Wir sehen aktuell die Trends, dass größere Marktteilnehmer die Zahl ihre Standorte reduzieren, die Vermögensverwaltung zunehmend an Bedeutung gewinnt und teilweise sogar das Wertpapierdirektgeschäft abgeschafft wird. Zudem findet eine Konzentration auf ertragreiche Geschäftsmodelle statt. Auf Kundenseite werden die Preiserhöhung nicht in dem Maße akzeptiert, dass die Mehreinnahmen die Kosten der zusätzlichen Regulierung kompensiert werden können.
Wird die Zahl der Jobwechsel in naher Zukunft zunehmen?
Hannemann: Die Anzahl der Personalberatungsmandate ist und bleibt konstant. Der fachliche Anspruch an Personalberater indes steigt. Ausschließlich eine hohe Marktexpertise, kombiniert mit zielgerichteter Unternehmensberatung, wird von Kunden honoriert und führt für die Institute zur Wert- und Ertragssteigerung bei Neueinstellungen. Die sinkende Anzahl klassischer Banken wird durch den Markteintritt von Vermögensverwaltern, Fintechs und Multi Family Offices kompensiert.
Wo entstehen künftig vermehrt Stellen: bei den Banken, bei unabhängigen Vermögensverwaltern, bei Family Offices oder anderen kundenseitigen Arbeitgebern wie Stiftungen, Versorgungswerken, Kirchen et cetera?
Hannemann: Jobs entstehen bei unabhängige Vermögensverwalter, die eine gewisse Größe und Marktbedeutung haben, sowie bei bankunabhängigen Multi Family Offices und Banken mit überzeugendem Geschäftsmodell. Abnehmen wird die Zahl der Stellen bei kleineren unabhängigen Vermögensverwaltern und Banken ohne funktionierendes Geschäftsmodell. Nicht verändern wird sich der Anteil der Kirchen, Versorgungswerke und Stiftungen am Personalmarkt.
Welche Trends gibt es bei den Gehältern im Private Wealth Management?
Hannemann: Die jährliche Gesamtvergütung ist in den vergangenen Jahren leicht von durchschnittlich 120.000 auf 114.000 Euro gesunken. Aufgrund von Institutsvergütungsverordnung und sinkenden Erträgen haben sich die Anteile von variablem und fixem Einkommen zugunsten letzterem verschoben. Die Einkommens-Spreads in Deutschland liegen beim Fixeinkommen bei etwa 25 Prozent, beim variablen Einkommen bei zirka 50 Prozent.
Inwiefern sind die Jobprofile heutzutage anders als noch vor drei bis vier Jahren?
Hannemann: Die Trennung des „Maschinenraums“, bestehend aus Produktspezialisten und Vermögensverwaltern, und des Vertriebs – Kundenberater, Kümmerer, Akquisiteure – ist stärker. Für Positionen im Maschinenraum werden gerne CFA oder CIIA gesehen, für den Vertrieb nach wie vor der CFP. Die Spezies des Anlageberaters, der die Anlage und die Beratung übernimmt, gibt es immer seltener.
Was spielt heutzutage für Wechselwillige eine Rolle?
Hannemann: Geschäftsmodell der Institute, Image der Institute, Gehaltsmodelle, Beständigkeit der Institute in Bezug auf Marktpräsenz und Strategie – und damit Glaubwürdigkeit gegenüber den Kunden.
Holen sich Private Banker und Wealth Manager zunehmend Rat bei einem Karriere-Coach?
Hannemann: Anerkannte Personalberater fungieren zunehmend auch als Coach. Im Vordergrund des Dialogs mit dem Wealth Manager stehen die Geschäftsmodelle, Strategien und Ertragssituationen der einzelnen Institute und die Frage, ob ein Institut zu den speziellen Bedürfnissen eines Kundenstamms passt.
Ein Berater geht von Bank A nach B oder in die Selbstständigkeit. Was sind gute, was durchschnittliche Werte – in Prozent der Assets under Management – bei der Mitnahme des Kundenbuches?
Hannemann: Die reine Betrachtung auf Assets under Management ist rein volumensorientiert. Mindestens genauso wichtig ist die ertragsorientierte Betrachtungsweise – wieviel Ertrag geht von A nach B? Dazu muss man wissen, dass wenn ein Volumen von A nach B haben wandert, in der Regel bei aufnehmenden Institute geringere Marge landen, weil das abgebende Institut zur Abwehr niedrigere Gebühren oder keine Gebühren für ein bis zwei Jahren anbietet. Rein volumensorientiert können von guten Beratern im Schnitt 15 bis 25 Prozent mitgenommen werden. Folgende Parameter beeinflussen die Wahrscheinlichkeit der mitgenommenen Assets:
- Image A versus Image B aus Sicht des Kunden
- Geschäftsmodelle im Vergleich: Gibt es beispielsweise bei A und B Aktiv- und Passivgeschäft?
- Hat der Berater die Kunden selbst akquiriert oder wurden sie zugewiesen
- Bonität A versus B
- Führt A nach Weggang des Beraters oder eines Teams den Geschäftsbetrieb vor Ort weiter
- Preis-Leistung-Verhältnis der angebotenen Dienstleistung
Sehen Sie, dass sich zunehmend ausländische Private-Banking-Anbieter wieder für den deutschen Markt interessieren?
Hannemann: Nein, zunehmend mehr nicht. Zwar hat Deutschland im Wealth Management das größte Potential in Europa. Jedoch wird wahrgenommen, dass die aktuell agierenden, ausländischen Akteure kein oder kaum Geld verdienen oder sich wie die Credit Suisse aus dem Markt zurückgezogen haben. Gründe dafür sind unter anderem der starke Wettbewerb, die hohe Regulatorik und niedrige Margen.