AB Emerging Consumer Portfolio „Wir schauen in den Bädern nach Shampoos und Seifen“

Tassos Stassopoulos, Manager des Emerging Consumer Portfolios von AB

Tassos Stassopoulos, Manager des Emerging Consumer Portfolios von AB Foto: C. Scholtysik und P. Hipp

Wir erwischen Tassos Stassopoulos am Telefon im Urlaub auf Kreta. Ein Interview ist trotzdem kein Problem, Leute wie er sind eigentlich selten noch so richtig im Urlaub. Er spricht wie immer schnell und energiegeladen, wenn es um seinen Fonds, das Emerging Consumer Portfolio (ISIN: LU1005410508) von AB, geht. Der Ansatz: Er und sein Team besuchen rund um die Welt ganz normale Menschen in Schwellenländern und befragen sie nach ihren Wünschen, Neigungen und Vorlieben. Daraus ermitteln sie Trends in Einkauf und Konsum. Diese Technik nennt sich Grassroots-Verfahren.

Mehr über seine Arbeit inklusiver äußerst unterhaltsamer Erlebnisse erzählt Stassopoulos auf dem private banking kongress 2014 in Hamburg. Sein Vortrag beginnt am Dienstag, 15. September um 12 Uhr im Vortragsraum 4. Dazu anmelden können Sie sich hier.

private banking magazin: Herr Stassopoulos, was liegt in Ihrem Kühlschrank zu Hause?

Tassos Stassopoulos: Wegen unserer Kinder hat sich der Inhalt von gesunden Standardprodukten hin zu Premiumprodukten entwickelt. Bevor wir unsere Zwillinge bekamen, lagen da Probiotika, Diätgetränke und fettarme Milch drin. Jetzt ist das alles nur das Beste – für die Kinder. Aber das ist eine wunderbare Einstiegsfrage die zeigt, wie der Kühlschrank nicht nur die jeweilige Lebenssituation widerspiegelt sondern auch, was für uns und unsere Zukunft wichtig ist.

Vielen Dank.

Stassopoulos: Ein Kühlschrank kann sogar noch mehr aussagen. Ich war vor kurzem in Mexiko. Dort gibt es eine große Ladenkette, die Kredite an Leute vergibt, die kein regelmäßiges Einkommen haben und deshalb kein Darlehen von der Bank bekommen würden. Deren Kreditprüfer gehen zu den Kunden nach Hause und schauen in die Kühlschränke. Wenn die leer sind, ist wohl auch gerade kein Einkommen vorhanden und die Prüfer lehnen den Kredit ab. Eine Stereoanlage sagt wenig über die aktuellen Einkünfte aus.

Würde armen Menschen ein höheres Einkommen nicht mehr helfen als ein Kredit?

Stassopoulos: Das eine kann zum anderen führen. In Indien sagte uns eine Frau mit niedrigem Einkommen, dass ein Kühlschrank ihr Leben umwälzen könnte. Denn dann müsste sie nicht so oft zum Markt und könnte Essen vorbereiten und lagern. Damit könnte sie mehr arbeiten und eben auch mehr Geld verdienen. Das zeigt, wie gut Kredite helfen können, wenn sie für die richtigen Dinge verwendet werden.

Man sagt, Sie schauen anderen Leuten auch gern in die Kühlschränke. Wie suchen und kontaktieren Sie eigentlich willige Kandidaten?

Stassopoulos: Wir nutzen die gleichen Marktforscher wie einige große Lebensmittelhersteller für genau dieselbe Arbeit. Wir geben ihnen ein Bild davon, welche Art Konsumenten wir suchen sowie Angaben darüber, wie viele Menschen im Haushalt leben sollen, welche Generationen, welche Einkommen und so weiter. Die Marktforscher schicken dann so genannte Recruiter los, um geeignete Kandidaten zu finden und leiten die repräsentativsten davon an uns weiter.

Da klingeln einfach fremde Leute an den Türen und fragen die Menschen aus?

Stassopoulos: Die Recruiter sind Leute aus der Gegend, die sich vor Ort gut auskennen. Sie erzählen den Menschen von uns, dass wir überall auf der Welt forschen und ihr Leben verstehen wollen. Wir investieren viel Zeit in unser Research und wollen sicherstellen, dass unsere Ergebnisse die wahren Wünsche und Sorgen der Menschen darstellen. Eine reine Datenanalyse vom Schreibtisch oder ein Fokus auf nur eine Region sagt nicht viel aus oder kann zu den falschen Erkenntnissen führen.

Schauen Sie nur in Kühlschränke oder auch in Garagen und Schuppen?

Stassopoulos: Indirekt ja. Wir gehen zu den Leuten mit einem vorbereiteten fünfseitigen Fragebogen. Wir wollen ihre Träume wissen, ihre Vorstellung von Erfolg, ihre Wünsche für die Kinder, ihr Leben vor fünf Jahren und ihr Leben heute. Weitere spezielle Fragen drehen sich darum, was sie einkaufen und wofür sie zusätzliches Geld ausgeben würden. Wir schauen in den Bädern nach Shampoos und Seifen, in jedes einzelne Regal in der Küche, in Vorratskammern und Schränke mit Elektronikgeräten. Wir wissen ja nicht, was wir später mal davon brauchen könnten, also schauen wir uns alles an.

Warum dieser Aufwand, anstatt einfach Aktien von Kühlschrankherstellern zu kaufen?

Stassopoulos: Das wäre sozusagen die erste Ableitung, das ganz offensichtliche. Aber hier geht es nicht um aktuelle Nachfrage, sondern um die Richtung für die kommenden fünf Jahre oder mehr. Dafür braucht es nicht einmal die zweite Ableitung, die vielleicht der größte Händler für elektronische Haushaltsgeräte wäre. Wichtig ist die dritte Ableitung, also die Frage: Was liegt später in diesem Kühlschrank? Und bei diesen Dingen wird sich die Nachfrage vervielfachen. Im Gegensatz zum Absatz von Kühlschränken.

Das hört sich aber alles nicht ganz billig an. Wie viel Performance kostet das?

Stassopoulos: In Basispunkten kann man das schwer ausdrücken. Aber es ist – relativ betrachtet – minimal. Um die Kosten gering zu halten engagieren wir lokale Angestellte von internationalen Agenturen, die für uns innerhalb einiger Tage geeignete Kontakte herstellen sollen. Wir glauben jedoch, dass sich die Investition in gutes Research lohnt. Und die Ergebnisse kommen wiederum nicht nur einem Fonds zugute, sondern gleich mehreren.

So eine Arbeit dürfte nicht jedem Analysten aus der Londoner City gefallen.

Stassopoulos: Stimmt. Hinzu kommt, dass viele Familien, bei denen wir zu Gast sind, mit uns ihr Essen teilen möchten. Und das lehnen wir niemals ab, denn so erfährt man unglaublich viel. Um sicherzugehen, dass alle Analysten das aushalten, habe ich den Chili-Crab-Test erfunden. Für dieses asiatische Gericht frittiert man Krabben mit Chilis und Knoblauch. Es schmeckt fantastisch. Nun gibt es in Hongkong eine Brücke, unter der man Chili-Crab bekommt. Alles nicht immer sehr hygienisch, aber das Essen schmeckt super. Immer wenn wir in Hongkong sind, lade ich Analysten dorthin ein. Wenn ein Analyst das ablehnt und lieber Sushi auf dem Hoteldach isst, weiß ich genau, dass er für unsere Reisen nicht geeignet ist. Das würde er oder sie nie durchstehen.

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