Untergang Der Chart of Doom zum Selberbauen

Der Chart of Doom zum Selberbauen

Foto: Grafik: private banking magazin

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Da fahren Börsianer und Investoren hochkomplizierte Analysesysteme, um auch die kleinsten Unebenheiten im Markt zu finden und für ihre Zwecke zu nutzen. Sie wühlen sich durch Zahlen und Unterlagen und werfen mit hochwissenschaftlichen Begriffen um sich, um Profite zu machen. Aus Geldanlegen haben sie Hightech gemacht.

Und dann kommt ein einziges, lächerliches Bildchen in Umlauf und löst tatsächlich eine fast schon ernsthafte Diskussion um einen bevorstehenden Crash aus. Jener „Chart of Doom“, der „Chart des Untergangs“ zeigt den Dow Jones Index kurz vor seinem Absturz Ende der Zwanziger Jahre. Über diese Linie haben die findigen Finger den aktuellen Dow Jones Index gepackt, sodass sich die Kursanstiege ein bisschen gleichen. Dass sie dafür die Regeln der Prozentrechnung ein bisschen zurechtbogen – geschenkt. Und so sieht das Grauen aus:



Denn der wohl wichtigste Unterschied zu damals lautet: Damals hat sich der Index vor seinem Sturz fast verdoppelt. Heute hat er um gerade mal 29 Prozent zugelegt. Aber die Darstellung mit zwei Skalen links und rechts macht’s nun mal möglich. Die Boutique Grüner Fisher Investments schickte vergangene Woche gleich mal den Chart mit korrekten Relationen herum. Das sieht gleich weitaus weniger furchterregend aus:



Aber warum nicht einfach mal das Rad weiterdrehen. Hier haben wir mal den historischen Dow Jones Index mit dem Goldpreis ab 2010 verglichen:



Also wenn das nicht für ein kleines Schauerchen auf dem Rücken einiger Goldanleger reicht. Na ja, wir geben ja zu, in den Feinheiten weichen die Linien schon ein bisschen mehr voneinander ab als die von Dow und Dow. Aber das muss man mit etwas Dramatik in der Stimme wettmachen. Wie wäre es mit der Schlagzeile: „Gold vor der Kursschmelze“?

Das passierte dann aber doch nicht, hier ist der vollständige Chart. Zwar wurde Gold weich, aber eben nicht völlig:



Eine weitere Grafik zeigt eindrucksvoll, dass man nur kräftig genug an der Skala ziehen muss, damit etwas Bedrohliches herauskommt. Das klappt sogar mit Bundesanleihen, hier gemessen am Index Rex:



Aber damit die passgerecht abstürzen, hätte es schon eines glaubwürdigen Pleitegerüchts der Bundesregierung bedurft. Also nicht so überschuldet wie jetzt, sondern so richtig. Zahlungsunfähig eben.

Das gab es nicht, weshalb der Chart so weiterging:



Und prozentual korrekt wird es dann richtig läppisch:



Wer weiß, vielleicht wird aus dem „Chart of Doom“ bald nur noch der „Chart der Dummen“. Dann braucht man schließlich was Neues, um ein bisschen Krawall zu machen.

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