Der Markt für Vermögensberater und Privatbanken verändert sich auf einschneidende Weise. Im Wealth Management kommt es künftig darauf an, mithilfe des digitalen Wandels Dienstleistungen und Produkte einer größeren Gruppe vermögender Kunden anzubieten. Unternehmen, die den Demokratisierungs- und Digitalisierungstrend ignorieren, riskieren den Verlust von Marktanteilen und werden am tiefgreifenden, digital getriebenen Wandel im Vermögensberatungsmarkt nicht teilhaben können. Dabei ist die Situation der Brache vergleichbar mit der Automobilindustrie: Gerade auf Handlungsfeldern wie Industrialisierung, Innovation und Individualisierung stehen Vermögensberater und Privatbanken vor ähnlichen Problemen wie Hersteller von Luxusautomobilen.
Der Wettbewerbsdruck steigt
Der Vermögensverwaltungssektor unterliegt strukturbedingt einem hohen Margendruck. Ein tiefgreifender Wandel ist unausweichlich. Das liegt an sich rasant ändernden Anforderungen der Kunden und an strengeren aufsichtsrechtlichen Vorgaben. Aber auch der verstärkte Wettbewerb durch Fintech-Unternehmen, Neobanken und Tech-Giganten spielt eine wichtige Rolle – Sie alle versuchen, am Markt Fuß zu fassen. Letztlich sind diese neuen Probleme auf vier Megatrends zurückzuführen: Vermögensverschiebungen hin zur jüngeren, nachwachsenden Generation, gesamtgesellschaftliche Verhaltensänderungen, der fortschreitende digitale Wandel sowie wirtschaftliche und geldpolitische Turbulenzen.
Vom UHNWI-Segment (Ultra High Net Worth Individuals), das sich verjüngt und immer stärker auch digitale Diesntleistungen fordert, bis hin zu den einkommensstarken Millennials mit mittleren Vermögen: Für die neuen, vielgestaltigen Zielgruppen sind Leistungsversprechen von der Stange nicht mehr akzeptabel. Die neue Kundengeneration hat sich an die herausragenden digitalen Erfahrungen gewöhnt, die ihnen die Technologieriesen bieten. Diese neuen technologieaffinen Kunden erwarten ganz selbstverständlich eine individuelle, ganzheitliche und ergebnisorientierte Beratung.
Wollen Vermögensberater diese Nachfrage nach hyperpersonalisierten Dienstleistungen befriedigen, müssen sie herkömmliche Finanzdaten mit Datenpunkten verknüpfen, wie etwa den Lebenszielen des Kunden. Robo-Advisory, Dialogorientiertes Banking und virtuelle Assistenten, Werkzeuge zur Portfoliomodellierung und verhaltensbasierte Risikobewertungen haben sich zu zentralen Tools entwickelt, um solche Leistungsversprechen einzulösen.
Von der Automobilbranche lernen
Dabei befindet sich der Wealth-Management-Sektor gegenüber der gesamten Finanzdienstleistungsbranche in einer ähnlichen Situation wie die Luxusfahrzeugmarken gegenüber der hochindustrialisierten Automobilindustrie. Auch im Luxussegment des Automobilbaus haben inzwischen Digitalisierung, Hyperpersonalisierung und das Erschließen neuer Kundengruppen Einzug gehalten. Tesla etwa hat demonstriert, wie sich durch ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Industrialisierung, Innovation und Individualisierung technologische Fortschritte und neue Kundenbedürfnisse nutzen lassen: Inzwischen hat der Erfolg der konsequenten Innovationsstrategie Tesla in die Profitabilität geführt.
Aber auch andere Luxusautomobilmarken haben es verstanden, ihre etablierten, ausgereiften Produkte für neue Zielgruppen interessanter zu gestalten, indem sie ihr Fahrzeugportfolio ausweiteten und neue Produktlinien einführten. Vermögensberater und Privatbanken dagegen haben technologische Innovationen wie beispielsweise die KI-gestützte Robo-Advisory bisher noch weitgehend den Neo- und Retailbanken überlassen.
Dabei ist es für Vermögensverwalter lohnend, neue Kundesegmente anzugehen – auch wenn die technologieaffine Generation hohe Ansprüche an reibungslose digitale Dienstleistungen stellt. Sie treibt die Trends in der Branche unaufhaltsam voran. Vermögensverwalter sollten darin aber kein Wachstumshemmnis sehen, sondern vielmehr die Chance erkennen, auch dem mittleren Segment der Affluent-Kunden hochwertige Wealth Management-Dienste zu bieten.