Dax-Unternehmen Deckungsgrad der Pensionsverpflichtungen erreicht erneut Rekordwert

Jeffrey Dissmann (v.l.), André Geilenkothen und Thomas Hagemann von Mercer.

Haben Deckungsgrad und Ausfinanzierung der Dax-Unternehmen berechnet: Jeffrey Dissmann (v.l.), André Geilenkothen und Thomas Hagemann von Mercer. Foto: Mercer

Der Deckungsgrad der Dax-40-Unternehmen hat erneut einen Rekordwert erreicht. Bei den Pensionsverpflichtungen übertraf der Grad mit 83 Prozent den vorherigen Rekord aus dem Jahr 2022, als er bei 80 Prozent lag.

Ein Grund dafür: Im Jahr 2024 entwickelten sich die meisten Anlageklassen laut dem Beratungsunternehmen Mercer positiv. Das führte im Vorjahresvergleich zu einem Anstieg des Pensionsvermögens im Dax 40 von rund 6 Milliarden Euro.

Im Vergleich zum Vorjahr stieg dieses von rund 258 Milliarden Euro auf etwa 264 Milliarden Euro. Basis für die Berechnung von Mercer sind die jüngsten Geschäftsberichte der Dax-40-Unternehmen sowie aktueller Kapitalmarktinformationen.

Der Rechnungszinssatz blieb – abhängig vom verwendeten Verfahren – ungefähr auf dem Vorjahresniveau oder stieg leicht an. Der Wert der Pensionsverpflichtungen in den IFRS-Abschlüssen der Dax-Unternehmen sank daher von 324 Milliarden Euro auf etwa 320 Milliarden Euro.

„Der Anstieg des Deckungsgrades belegt den anhaltenden Trend zur Ausfinanzierung der Pensionsverpflichtungen. Damit können nicht nur bilanzielle Risiken gesenkt und die Liquiditätsabflüsse gesteuert werden, sondern im Falle des Pensionsfonds auch die Kosten der gesetzlichen Insolvenzsicherung gesenkt werden“, ordnet André Geilenkothen, Leiter Pensionskassenberatung bei Mercer Deutschland, die Zahlen ein.

Pensionsvermögen steigen weiter

Das Jahr 2024 war wie das Vorjahr von einer Kurserholung geprägt. Das Pensionsvermögen im Dax 40 liegt mit 264 Milliarden Euro aber noch immer weit unter dem Höchststand von fast 300 Milliarden Euro Ende 2021.

Zum Jahresende änderte sich die Zusammensetzung des Dax 40. Covestro verließ den Dax, weil der Streubesitz auf unter 10 Prozent sank. Im Gegenzug wurde Fresenius Medical Care neu aufgenommen. Dadurch verringerte sich ist das Pensionsvermögen um 3 Milliarden Euro. Der Saldo aus Dienstzeitaufwand, Zinsaufwand und Zahlungen sind leicht positiv und liegt bei etwa einer Milliarde Euro. Es verbleibt ein Rückgang von etwa 2 Milliarden Euro, der sich im Wesentlichen durch die Zinsveränderung erklärt.

Analog zum Vorjahr ist davon auszugehen, dass auch für 2024 die Zahlungen aus dem Planvermögen höher waren als die neuen Zuwendungen. In diesem Jahr wurde der Effekt durch die hohen Anpassungen verstärkt. Der daraus resultierende Mittelabfluss dürfte etwa 5 Milliarden Euro betragen.

Im Ergebnis reduzierte sich das Pensionsvermögen durch die veränderte Dax-Zusammensetzung und die Mittelabflüsse um 9 Milliarden Euro. Da der Stand Ende 2024 aber 6 Milliarden Euro höher ist als Ende 2023, ergibt sich eine Rendite im Pensionsvermögen von rund 15 Milliarden Euro oder fast 6 Prozent.

Hohe Renditen an den Kapitalmärkten

2024 erzielten insbesondere die Aktienmärkte trotz zwischenzeitlicher Sorgen einer Rezession sehr hohe Renditen. Dieses Umfeld sorgte dafür, dass viele Indikatoren für den Aktienmarkt im Laufe des Jahres Rekordstände erreichten. Auch die Anleihenmärkte zeigten einen positiven Verlauf, der aber insgesamt nicht an 2023 anknüpfen konnte.

Die Entwicklung unterscheidet sich dabei stark nach Laufzeit und Bonität der Anleihen. Risikoaufschläge für Anleihen schlechterer Bonität sind trotz schwacher Konjunktur stark gesunken. Die Jahresentwicklung profitierte zudem davon, dass zwar weiterhin von einem weltweit verlangsamten Wirtschaftswachstum ausgegangen wird, Rezessionsängste sich jedoch nicht materialisiert haben.

 

„2024 war trotz eines schwächelnden realwirtschaftlichen Umfelds ein positives Kapitalmarktjahr. In diesem Umfeld war es entscheidend, die positiven Marktwertentwicklungen zu nutzen, ohne jedoch das Ziel eines De-Riskings – also Absicherung der Risiken der Verpflichtungen – aus den Augen zu verlieren“, kommentiert Jeffrey Dissmann, Leiter Investments bei Mercer Deutschland.

Viele Faktoren deuteten laut Dissmann im Jahresverlauf auf eine Normalisierung des Kapitalmarktumfelds hin. Daher war es für Anleger wichtig, die richtigen Schlüsse aus den starken regionalen Unterschieden der Kapitalmärkte sowie aus den unterschiedlichen Asset-Klassen zu ziehen.

Unveränderte Pensionsverpflichtungen dank stabilem Rechnungszinssatz

Der größte Unsicherheitsfaktor für die Entwicklung der Pensionsverpflichtungen ist üblicherweise der Rechnungszinssatz, der im vergangenen Jahr allerdings stabil blieb. Bei der Mercer Yield Curve, dem Verfahren von Mercer zur Ermittlung des Rechnungszinssatzes nach IFRS, veränderte sich der Rechnungszins für eine typische durchschnittliche Restlaufzeit von 15 (beziehungsweise 20) Jahren von 3,57 Prozent (beziehungsweise 3,63 Prozent) nur leicht auf 3,56 Prozent (beziehungsweise 3,65 Prozent).

Die Berechnungsmethoden anderer Gutachterhäuser oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zogen tendenziell einen Anstieg des Rechnungszinssatzes nach sich. Abhängig vom verwendeten Verfahren, der Zusammensetzung des Personenbestandes, den konkreten Zusagen und weiteren Faktoren werden die meisten Unternehmen den Zins entweder angehoben oder unverändert gelassen haben, aber auch eine Zinssenkung ist in Einzelfällen nicht ausgeschlossen.

„Unter Berücksichtigung der verschiedenen Zinsermittlungsverfahren und der Erfahrungen aus der Vergangenheit gehen wir davon aus, dass der Rechnungszins im Dax 40 zum 31. Dezember 2024 im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich nur um etwa 15 Basispunkte angestiegen ist“, erläutert Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland. „Das erklärt die stabilen Werte der Pensionsverpflichtungen.“

Unternehmen trotz rückläufiger Inflation zurückhaltend

Die Inflation ist im Jahresverlauf zurückgegangen. Auch wenn die Inflationsrate im Dezember 2024 erneut leicht anstieg und wieder 2,6 Prozent erreichte, ist mittel- und langfristig wieder mit einer Inflationsrate von 2 Prozent pro Jahr zu rechnen. Soweit im Vorjahr eine höhere Inflation berücksichtigt wurde, wäre also jetzt eine Entlastung denkbar. „Nach unseren Erfahrungen haben die Unternehmen die Inflationsannahme in diesem Jahr aber noch zurückhaltend festgelegt, sodass wir hieraus nicht mit einer nennenswerten Entlastung rechnen“, kommentiert Hagemann.

Zu beachten ist, dass die Volatilität von Verpflichtungs- und Vermögenswerten im IFRS-Abschluss erfolgsneutral dargestellt wird und somit nicht den ausgewiesenen Unternehmenserfolg beeinträchtigt.

Trend geht zur Ausfinanzierung

Der Deckungsgrad – also das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen – erreichte zuletzt Ende 2022 ein Rekordhoch von 80 Prozent. Ende 2023 lag der Wert geringfügig niedriger (gerundet ebenfalls 80 Prozent). Ende 2024 wird nun mit fast 83 Prozent ein neuer Rekordwert erreicht.

Die historisch hohen Deckungsgrade der letzten drei Jahre spiegeln nicht nur das Verhältnis der Kursentwicklung des Planvermögens zur rechnerischen Entwicklung der Pensionsverpflichtungen wider, sondern liegen auch im allgemeinen Trend zur Ausfinanzierung begründet.

Eine Pflicht zum Aufbau eines Pensionsvermögens gibt es in Deutschland nicht. Daher gibt es auch im Dax eine große Spannbreite: Während manche Unternehmen nur ein geringes Pensionsvermögen bilden, haben andere bereits eine vollständige Ausfinanzierung erreicht.

 

Dass Unternehmen bis hinein in den Mittelstand sich für eine Ausfinanzierung in großem Umfang entscheiden, liegt laut Geilenkothen in der Abmilderung von bilanziellen und Liquidationsrisiken begründet. Um nachträglich Pensionsvermögen aufzubauen, bieten sich Pensionsfonds und Treuhandlösungen an. „Auch im Jahr 2024 haben die Unternehmen nach Lösungen gesucht, ihre Pensionsrisiken zu steuern, ihre Bilanzen zu entlasten und Liquiditätsabflüsse zu verstetigen. Für viele Unternehmen ist die Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds weiterhin das Mittel der Wahl“, erläutert Geilenkothen.

Hoher Deckungsgrad sollte Ziel sein 

„Aktuell stehen die Zentralbanken vor der Herausforderung, im Zinssenkungszyklus gute und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen“, betont Dissmann. Die Herausforderung für Pensionsinvestoren bestehe darin, diese Entscheidungen zu antizipieren und sich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten. Er rät, den hohen Deckungsgrad aufrechtzuerhalten und sukzessive zu erhöhen.

„Trotz des herausfordernden gesamtwirtschaftlichen Umfelds bieten sich auch aktuell vielfältige Chancen beim Pension De-Risking, sei es durch einen langsamen Einstieg in ein Funding unter Nutzung renditestarker Anlagen oder durch die Umschichtung der Kapitalanlage bei bereits hohen Ausfinanzierungsgraden”, ergänzt Geilenkothen.

Ebenso könnten bei einer Ausfinanzierung über einen Pensionsfonds zum Teil erhebliche steuerliche Vorteile realisiert werden. Darüber hinaus erlaubt die Nutzung dieses Durchführungsweges auch eine spürbare Reduzierung der Beiträge für die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung, die voraussichtlich in der nächsten Zeit krisenbedingt eher ansteigen dürften.

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