Vermögensverwaltung ist Kommunikation „Wer die digitale Kommunikation ignoriert, entfernt sich schleichend vom Kunden“

Stefan Kolb leitet das rund fünfzigköpfige Private-Port-Team der Deutschen Bank

Stefan Kolb leitet das rund fünfzigköpfige Private-Port-Team der Deutschen Bank

Zehn Menschen an der S-Bahnhaltestelle: Mindestens acht davon schauen intensiv und konzentriert in ihr Smartphone oder Tablet. Das ist heute das übliche Bild. Was machen die Menschen da? Klar: sie kommunizieren digital, ob einem das gefällt oder nicht.

Private Vermögensverwaltung ist Management von Kommunikation. Die Erklärung dessen, was gestern geschah,  was heute getan wird, und die Erklärung der Aufstellung für morgen sind wesentlicher Bestandteil einer Vermögensverwaltung. Das gilt unabhängig davon, ob die Vermögensverwaltung von einer Bank, einem Bank-unabhängigen Vermögensverwalter oder einem Investment Office erbracht wird.

Erfolgreiche Kommunikation sollte sich dabei den Gewohnheiten und Möglichkeiten der Kunden anpassen. Die zunehmende Selbstverständlichkeit, mit der viele Kunden heute digitale Kommunikationsformen nutzen, macht digitale Kommunikation relevant. Zwei Thesen scheinen weitgehend akzeptiert:

  1. Das direkte Gespräch zwischen Vermögensverwalter und Kunde, wird durch digitale Kommunikation nicht ersetzt, sondern sinnvoll ergänzt.

  2. Werden digitale Elemente in der Kommunikation ignoriert, entfernen sich Vermögensverwalter schleichend von relevanten Kundengruppen.

Die tatsächlichen Kommunikationsbedürfnisse der Kunden sind in diesem Kontext so effektiv und einfach wie möglich zu adressieren. Folgende Aspekte sollten untersucht werden:

  1. Zugang: Wie kann der Kunden auf Informationen zugreifen? Informationen müssen einfach und direkt zugänglich sein, zu der Zeit und an dem Ort, an dem es für den Kunden am bequemsten ist. Je nach Kunde kann das der regelmäßige 14-tägige Anruf sein, oder aber auch die Verfügbarmachung eines kompakten Berichts, den der Kunde am Samstagnachmittag einfach auf seinem Tablet lesen kann.

  2. Umfang: Hat der Kunde Zugriff auf die für ihn relevanten Informationen und Interaktionsmöglichkeiten? Zum Umfang des digitalen Angebots eines Investment Offices kann der einfache und direkte Zugriff zum Bankdepot aus dem Web-Auftritt des Investment Offices gehören.  Zum Angebot gehören sollte der Vermögensverwaltungsbericht, entweder in der Mifid-kompatiblen Form, oder nur ein kompakter Ausschnitt daraus.

  3. Inhalt: Treffen die angeboten Informationen das Bedürfnis des Kunden? Welche Inhalte schaffen beim Kunden Vertrauen? Reicht es, einen Depotauszug mit Performance-Angaben bereit zu halten? Was sind die wirklich relevanten Informationen, die der Kunde benötigt, oder die Vermögensverwalter auf jeden Fall sichtbar machen möchte? Sollten die größten Einzel-Positionen gezeigt werden, auch wenn sie innerhalb von Fonds verbucht sind?

    Die Chance für Vermögensverwalter und Investment Offices ist, dass diese Fragen schlecht mit einer massentauglichen Antwort adressiert werden können. Vermögensverwalter können hingegen diese Fragen für Ihre Organisation, für Kundengruppen oder gar für einzelne Kunden adäquat beantworten und ihre Kommunikationsprozesse darauf einstellen.

  4. Regulation: Werden die Informationen, die regulatorisch oder zivilrechtlich verlangt sind, nachvollziehbar geliefert? Für regulierte Vermögensverwalter ist auch die Kommunikation zum Teil reguliert. Eine eins-zu-eins-Umsetzung reduziert Risiken, adressiert in der Regel jedoch noch nicht die tatsächlichen Informationsbedürfnisse der Kunden. Es geht also darum, so zu gestalten, dass das Nötige getan ist, das Relevante aber im Vordergrund steht.

Evolution statt Revolution

Was bedeutet das in der Praxis? Die gute Nachricht ist, dass Vermögensverwaltungen und Investment Offices sich keiner Revolution gegenübersehen, sondern einer – wenn auch zügigen – Veränderung und Ergänzung von Kommunikationsformen. Die Inhalte der Kommunikation, das was relevant und nützlich ist, das ist Vermögensverwaltern in der Regel bekannt, sowohl im Allgemeinen als auch für viele einzelne Kundensituationen.

Spannend bleibt die Aufgabe, angesichts schlanker Organisation und knapper Budgets, notwendige Projekte und Investitionen in sich entwickelnde digitale Kommunikationsprozesse zu stemmen. Dabei ist ein gutes Verständnis der Kommunikationsanforderungen, die weder dramatisiert noch das Thema klein redet, genauso wichtig, wie die sorgfältige Auswahl von passenden Partnern für die Weiterentwicklung der Kundenkommunikation.


Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?

Danke für Ihre Bewertung
Leser bewerteten diesen Artikel durchschnittlich mit 0 Sternen